Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Razzien – bislang kein Wille zur Transparenz erkennbar
Gerade jetzt wäre alles nötig, was einen möglichen Vertrauensschaden begrenzt. Doch das Rathaus wird zur Wagenburg.
Vor Polizei und Staatsanwaltschaft liegt jetzt eine Mammutaufgabe. Bei ihren Razzien gegen eine organisierte Schleuserbande haben die Mitarbeiter 600 Aktenordner sowie über 300 Mobiltelefone, Computer, Festplatten und sonstige Speichermedien beschlagnahmt. Diese gilt es nun auszuwerten, um Licht ins Dickicht der illegalen Machenschaften zu bringen.
So lange wird nicht gerichtsfest klar sein, ob und inwieweit Personen oder Ämter der Stadt Solingen in diese Aktivitäten verstrickt sind. Es gilt die Unschuldsvermutung. Doch schon jetzt richtet der Vorgang
ALEXANDRA RÜTTGEN
Schaden in der Klingenstadt an. Erst auf mehrmaliges Nachfragen unserer Redaktion bei der Staatsanwaltschaft wird klar: Nicht unbedingt bei der Ausländerbehörde liegt der Fokus der Ermittlungen. Sie gilt unter ihrem neuen Behördenleiter eher als Tippgeber und Zeuge. Es wurden vielmehr gleich vier Durchsuchungsbeschlüsse in Solinger Behörden umgesetzt. Das aber erfährt man von der Stadtverwaltung, trotz mehrmaligen Nachfragens, zunächst nicht. Erst am Donnerstagabend um 18.18 Uhr gibt es eine ergänzende Information per E-Mail: „Im Rahmen der richterlich angeordneten Durchsuchungsmaßnahmen zur Sicherung von Vorgängen und Akten wurden am Mittwoch die notwendigerweise an den ausländerrechtlichen Vorgängen beteiligten Dienststellen der Stadt Solingen durchsucht – neben der Ausländerbehörde gehört dazu auch die Wirtschaftsförderung der Stadt Solingen.“
Zugleich aber werden von der Homepage des in Rede stehenden International Business Centers Solingen (IBCS) – bestehend aus der Wirtschaftsförderung, einem Solinger Unternehmen, in dem ebenfalls Durchsuchungen stattfanden, und einer Rechtsanwaltskanzlei,
die in dem Verfahren als Beschuldigte gilt – Logos, Texte und weitere, teils in Chinesisch verfasste Informationsschriften gelöscht. Das zeugt nicht vom Willen zu Transparenz. Die Informationspolitik der Stadtspitze ist hier dürftig, und es muss zu denken geben, dass sich bislang nur der Rechtsdezernent und ein Pressesprecher mit Statements an die Öffentlichkeit wagen. Vom Oberbürgermeister aber, der sich 2018 noch für die Eröffnung des IBCS feiern ließ, hört man nichts. Es wird höchste Zeit, dass auch das Stadtoberhaupt als Chef der Verwaltung Gesicht zeigt.