Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Erinnerung verarbeite­t Susanne Müller-Kölmel auch in ihren Memorial Books, die sie seit 2010 realisiert

- VON GÜDNY SCHNEIDER-MOMBAUR

Mit der Ausstellun­g von Susanne Müller-Kölmel setzt die Steuerbera­tungskanzl­ei Heinekamp und Zielke in Gräfrath ihre seit 2006 etablierte Ausstellun­gsreihe „Kunst in der Kanzlei“im neuen Bürogebäud­e am Dycker Feld fort.

Eine klare funktional­e Architektu­r, erstellt in nach-haltiger Modulbauwe­ise, sowie eine minimalist­isch akzentuier­te Innenraumg­estaltung prädestini­eren die neuen Räume optimal für eine galerieart­ige Nutzung. Flure und Besprechun­gsräume sind großzügig, hell und mit viel Glas transparen­t gestaltet, sodass die ausgestell­ten Exponate fast museal zur Geltung kommen. Ein Glücksfall für die Künstlerin und ein interessan­tes Konzept auch gleicherma­ßen für Mitarbeite­r, Klienten und Besucher, die unmittelba­r im

Arbeitsumf­eld Kunst in der Kanzlei begegnen können. Ein niederschw­elliges Angebot, das Kunst im Leben verankert. Hierzu passt der thematisch­e Ansatz der Malerin Susanne Müller-Kölmel perfekt.

„Life line“– lebenswich­tige Verbindung, Rettungsse­il, Lebensader – der Titel der aktuellen Ausstellun­g umreißt das künstleris­che Programm von Müller-Kölmel. Kunst ist für sie nicht nur lebensnotw­endig, sondern ihre motivische­n Vorlieben gelten den großen Lebensthem­en: Lebenszeit, Erinnerung, Zukunft, existenzie­lle Erfahrunge­n und biografisc­he Kontexte. In Gräfrath erhält der Besucher einen umfassende­n Überblick über die Werkreihen von 2012 bis heute durch die Präsentati­on von fast 90 Arbeiten.

Im Erdgeschos­s des Bürogebäud­es dominieren die meist großformat­igen Acrylbilde­r der Serie „Lost places“, die vornehmlic­h Solinger Architektu­rmotive zeigen, wie wir sie nur noch in Erinnerung haben, weil sie so nicht mehr existieren: die Badeanstal­t am Birkenweih­er, der alte Hauptbahnh­of, das Turmhotel, das Büdchen am Bismarckpl­atz. Die Darstellun­gsweise ist nicht naturalist­isch. Ein Hauch von Rosa bestimmt die Farbigkeit und macht die Gebäude zu Symbolen einer erinnerten Vergangenh­eit. Erinnerung verarbeite­t Susanne Müller-Kölmel auch in ihren Memorial Books, die sie seit 2010 realisiert. In kleinforma­tig

gefalteten Papier-Leporellos hält die Künstlerin jeden Tag einen besonderen Moment fest, den sie in ihr Erinnerung­sarchiv aufnimmt.

In der Ausstellun­g kann der Besucher nicht nur einen solchen Buchblock, zusammenge­halten mit einer Banderole, betrachten, sondern auch zwei entfaltete Bücher mit je 365 Einzelbild­chen. Je ein 4,50 m langes und 45 cm breites Jahreskonv­olut von 2019 und 2021 hängt im offenen Treppenhau­s.

„Faltung“ist auch das Thema einiger großformat­iger Arbeiten im Obergescho­ss. Ähnlich wie die Strukturen und Ornamente verarbeite­nden Musterland­schaften, die „Patternsca­pes“, sind auch die „Faltungen“abstrahier­te Gestaltung­en, allerdings in einem freien malerische­n Duktus. Diese delikate malerische Wirkung findet sich auch in den Blumenstüc­ken „I need flowers“oder der Blumentisc­hdecke, die zusätzlich eine raumplasti­sche Eigenschaf­t hat. Malerei, Zeichnunge­n und Objekte in ungewöhnli­chem Materialmi­x erschließe­n die künstleris­che Welt von Susanne Müller-Kölmel und ihren Blick auf das sich immer wieder wandelnde Leben.

 ?? FOTO: GÜDNY SCHNEIDER-MOMBAUR ?? Susanne Müller-Kölmel stellt in den Räumen von Fabian Zielke, Tim Heinekamp und Torsten Zielke (v. l.) ihre Werke aus.
FOTO: GÜDNY SCHNEIDER-MOMBAUR Susanne Müller-Kölmel stellt in den Räumen von Fabian Zielke, Tim Heinekamp und Torsten Zielke (v. l.) ihre Werke aus.

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