Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Nachbeben nach den Razzien
Die Durchsuchungen, mit denen die Staatsanwaltschaft einen Schleuserring ausheben will, haben in Solingen ein Erdbeben ausgelöst. Und noch immer wirkt der Schrecken nach. Im Aufsichtsrat der Wirtschaftsförderung gab es jetzt ein Nachbeben.
Auch die Sitzung des Aufsichtsrates der Wirtschaftsförderung hat noch kein Licht ins Dunkel gebracht. Das Gremium tagte am Mittwochabend zu den Durchsuchungen, mit denen die Strafverfolgungsbehörden einem Schleuserring auf die Spur kommen wollen.
Zwei Stunden lang dauerte die Sitzung, wie der Vorsitzende berichtet. Der Austausch war rege und soll zeitweise auch hitzig gewesen sein. Am Ende einigte man sich auf Verschwiegenheit. Inhalte sollten nicht an die Öffentlichkeit geraten. Doch in Gesprächen mit Aufsichtsratsmitgliedern im Nachgang dieser Sitzung zeigen: Die Wogen scheinen immer noch nicht geglättet.
Zentrale Frage in diesem Verfahren ist, ob sich einer oder mehrere Mitarbeiter der Stadtverwaltung etwas zuschulden haben kommen lassen. Bislang hieß es, dass die Mitarbeiter der Solinger Behörden Zeugen seien, nicht aber Beschuldigte. Das scheint sich nun geändert zu haben: Zwei Mitarbeiter gelten als Beschuldigte.
Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft müssen nun zeigen, ob sich dieser Verdacht erhärtet oder aus dem Weg räumen lässt. Und während die einen nach der Aufsichtsratssitzung beruhigt wirkten – vielleicht auch, weil sie festgestellt haben, dass sie als beratendes Gremium nicht in Haftung gehen müssten – bleibt bei anderen Misstrauen.
Dabei fragte sich der Außenstehende und juristische Laie durchaus, wie es denn sein kann, dass die Solinger Wirtschaftsförderung nicht als beschuldigt gilt, wohl aber deren Räumlichkeiten durchsucht wurden? Doch offenbar ist das möglich: „Die Strafprozessordnung
unterscheidet die Durchsuchung bei Beschuldigten nach Paragraf 102 sowie bei anderen Personen nach Paragraf 103. Unter den Voraussetzungen des Paragrafen 103 ist mithin auch eine Durchsuchung bei Personen möglich, welche nicht Beschuldigte eines Strafverfahrens sind“, erläuterte der Sprecher der zuständigen Düsseldorfer Staatsanwaltschaft, Julius Sterzel.
Solingens Rechtsdezernent Jan Welzel hat derweil Verstärkung durch einen so genannten Compliance-Anwalt erhalten, der die Vorgänge in der Stadtverwaltung überprüft. Welzel will den Politikern die Hintergründe der Vorgänge im kommenden Hauptausschuss erläutern, der am 14. Mai tagt. Ob in öffentlicher oder nichtöffentlicher Sitzung, ist noch nicht klar. Doch Welzel betont: Kein Zuwanderer habe „auf diesem Ticket“über die Stadt Solingen eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erhalten. Fest stehe: „Wir sind nicht korrupt.“
Ob und inwieweit einzelne oder mehrere Mitarbeiter der Stadt Solingen Fehler gemacht haben oder womöglich sogar Strafbares getan haben könnten, müssen nun die Nachforschungen von Polizei und Staatsanwaltschaft erweisen. Das Ergebnis der Ermittlungen ist abzuwarten.