Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Kunstgenuss am Telefon
Das Von-der-Heydt-Museum erprobt einen telefonischen Ausstellungsrundgang für Menschen, die nicht ins Museum kommen können. Dabei ermöglichen Kunstvermittler mit bildhafter Sprache und akustischen Elementen den Kunstgenuss.
WUPPERTAL Ein neues didaktischmethodisches Konzept, um in den Genuss von Kunst und Kultur zu kommen, wurde jetzt im Von-der Heydt-Museum erprobt. „Bei Anruf Kultur!“ist der Titel einer Konferenzschaltung, in der 15 Teilnehmer per Telefon eine akustische Museumsführung besuchen können, wenn sie nicht persönlich in die Ausstellung kommen können.
Die Idee dazu hatte Kunstvermittlerin Julia Dürbeck bei einer Weiterbildung in Hamburg: „Hier habe ich erstmals das Format kennengelernt, das ich in der Hamburger Kunsthalle mitgemacht habe“, erläutert Dürbeck. Das sei sicherlich auch etwas für Wuppertal fand sie. „Es gibt viele Gründe, warum jemand, der sich für Ausstellungen und andere Kulturveranstaltungen interessiert, nicht vor Ort sein kann. Das können Gehbehinderungen sein, die Betreuung hat gerade keine Zeit, oder Angstzustände hindern einen Menschen daran, sich vor Ort zu einer Veranstaltung zu begeben“, schildert Julia Dürbeck die vielfältigen Ursachen und Zielgruppen des neuen Formats.
Zwar ist die akustische Führung zunächst für Menschen mit Sehbehinderung entwickelt worden. Für sie ist es ein Angebot, bei dem Moderatoren sowie Kunst- und Kulturvermittler wortreich und mit bildhafter Sprache, kombiniert mit akustisch-eingespielten Elementen, einen Rundgang durch eine Ausstellung per Telefon ermöglichen.
Ein Stillleben des Niederländers Frans Snyders aus dem 17. Jahrhundert, Ferdinand Hodlers „Holzfäller“, der „Blaue Fuchs“von Franz Marc und Otto Dix‘ Gemälde „An die Schönheit“waren die vier ausgewählten Kunstwerke, die Julia Dürbeck den Teilnehmern akustisch näher brachte.
Eine freiwillige Vorstellungsrunde moderierte Susanne Knigge. Sie schaltete die Teilnehmer während des Vortrags „stumm“, um einen ungestörten Vortrag zu ermöglichen. Im Anschluss an jede Bildbetrachtung und in der offenen Gesprächs- und Fragerunde wurde die Leitung wieder für alle zur Diskussion geöffnet.
Nach kurzen Informationen über die Von der Heydt-Sammlung nahm Julia Dürbeck die Teilnehmer mit auf eine Reise treppauf, treppab durch die Ausstellung und die Abfolge von Räumen. Zu den Bildern gab sie den Zuhörerinnen und Zuhörern – auch ein Herr aus München hatte sich angemeldet – eine detaillierte Beschreibung der Gemälde, legte den Fokus auf Komposition und bildnerische Mittel, wie sie auch eine sozio-kulturelle Einordnung vornahm.
Dabei war die Telefonführung keine Einbahnstraße, sondern ein interaktives Konzept: Die Teilnehmer konnten nach jedem Bild Fragen stellen oder selbst Input geben. Am Ende der Veranstaltung gibt es außerdem eine Abschlussbesprechung mit Feedback-Runde.
Das Mitmachen ist leicht und niedrigschwellig: Mit wenigen Klicks hat man sich für die Teilnahme angemeldet und erhält eine BegrüßungsMail mit Einwahl-Telefonnummer. Die Teilnehmer werden gebeten, sich wenige Minuten vor Beginn der Veranstaltung einzuwählen, und Moderatorin Susanne Knigge nimmt die Gäste dann telefonisch in Empfang. Dann übernimmt die Kunstvermittlerin Julia Dürbeck den kunstwissenschaftlich beschreibenden Teil.
„Wenn dieses Veranstaltungsformat angenommen wird, werden wir das auf jeden Fall noch einmal anbieten“, erläutert Julia Dürbeck. Das müsse nicht auf das Museum beschränkt bleiben; viele kulturelle Orte und Veranstaltungen seien dafür geeignet, so die Kunstvermittlerin.