Happy Birthday, Sony Alpha!
Wer hätte gedacht, dass der Elektronikgigant Sony die Imaging-Branche derart durchrütteln würde, als das Unternehmen 2013 mit der Alpha 7 die Bühne betrat? Tatsächlich schaffte Sony es, einen echten Innovationsdruck auf die Wettbewerber auszuüben und sich die Marktführerschaft der Sparte zu sichern.
Der Startschuss für eine der größten Erfolgsgeschichten der Imaging-Branche in den letzten Jahren fiel 2013 mit der Einführung der Alpha 7 als erste spiegellose Autofokus-Systemkamera mit Vollformatsensor sowie der Alpha 7R, ihrer hochauflösenden Schwester. Damit trat der japanische Hersteller eine regelrechte Welle los, denn plötzlich wurde man gewahr, dass sich eine tolle Bildqualität und ein kompaktes Gehäuse keinesfalls mehr ausschließen. Das Ende der klobigen Boliden wurde offiziell eingeläutet. Danach ging es Schlag auf Schlag: Ein knappes Jahr nach der Alpha 7 erschien bereits die Alpha 7 II mit integriertem 5-Achsen-Bildstabilisator. 2015 folgte dann die Alpha 7R II mit einer unglaublichen Auflösung von über 42 Megapixeln auf einem stabilisierten Sensor und 4K-Video, gefolgt von der Alpha 7S II im gleichen Jahr. 2017 erschien mit der Alpha 9 ein Bolide, der DSLRs dank der enormen Serienbildgeschwindigkeit von bis zu 20 Bildern pro Sekunde und vieler weiterer ProfiFeatures das Fürchten lehrte. Heute, nur fünf Jahre nach der allerersten Alpha 7, gibt es diese und die Alpha 7R bereits in ihrer jeweils dritten Generation. Das „Nachtsichtgerät“Alpha 7S dürfte ebenfalls in Kürze in seiner dritten Auflage zu erwarten sein. Selbst Sony war vom eigenen Erfolg positiv überrascht: „Nach Einführung der ersten Alpha 7 haben wir gemerkt, dass unser Ansatz ein unglaubliches Potenzial hat. Viel Herzblut, Arbeit und letztlich auch Geld sind in die Entwicklung neuer Innovationen geflossen. Wir sind glücklich, dass sich unsere Anstrengungen auszahlen“, erzählt Gerrit Gericke von Sony Deutschland. Heute zweifelt niemand mehr daran, dass kompakte, leichte Kameras eine Performance abliefern können, die wir so vor wenigen Jahren nur von
Profi-DSLRs kannten – und das sogar mit einer noch besseren Bildqualität. Innovationen sind bei Sony offenbar eine Selbstverständlichkeit, und so erleben wir in den Alpha-Kameras Bildsensoren, die hinsichtlich Rauschverhalten, Detailwiedergabe, Auflösung und Dynamikumfang ihresgleichen suchen – und passenderweise gleich selbst entwickelt und gefertigt werden können.
Umfassende Objektivpalette
Von Beginn an setzte man bei der Objektivherstellung auf eine Kooperation mit einem der strahlendsten Namen der Branche: Zeiss. Der kleine, blaue Schriftzug an so manchem Objektiv von Sony verrät die Zusammenarbeit mit den Optik-Experten aus Deutschland. Das zahlt sich aus, auch in der Kundenwahrnehmung als ernstzunehmender Player auf dem Kameramarkt.
Doch Sony wäre nicht Sony, wenn man hier nicht noch einen draufsetzen würde. Genau das passierte mit der Einführung der G-MasterObjektive. Dabei handelt es sich um eine Reihe von Profi- Optiken, die eine besonders hohe Auflösung und spezielle Vergütungen bieten. Aktuell finden wir im Portfolio vier Festbrennweiten (24mm, 85mm, 100mm und 400mm) sowie vier Zooms (16-35mm, 24-70mm, 70-200mm und 100- 400mm). Stark: Binnen weniger Jahre nach Systemeinführung sind nun die wichtigsten Brennweiten für den Profisektor mit eigenen Entwicklungen abgedeckt. Die G-Master- Objektive haben es neben „harten Fakten“wie Auflösungsvermögen einfach in sich: Es sind oftmals charakterstarke optische Rechnungen mit tollem Mikrokontrast und butterweichem Bokeh, selbst im Weitwinkelbereich, wie wir beim neuen 24er erleben dürfen. Ein Blick auf das Gesamtportfolio zeigt: Es fehlt praktisch nichts. Von der günstigen Standard-Festbrennweite für Einsteiger bis
Mein erster Wechsel- Impuls zu Sony war dem ultraschnellen Fokus und dem kleinen Gewicht der Kameras geschuldet. Mittlerweile habe ich mich aber auch so sehr an die Vorzüge des EVF gewöhnt, dass ich nie wieder zurückwill. Steffen Böttcher, Profifotograf
hin zu Highlights wie dem FE 100mm F2,8 STF GM OSS, das mit einem integrierten Apodisationselement zauberhafte Übergänge zwischen scharfen und unscharfen Bildbereichen erzeugt.
Die Stärken des Systems
Das geringe Auflagemaß (also der Abstand zwischen Sensor und Auflagefläche des Objektivs) der spiegellosen Alphas macht die Gehäuse nicht nur kompakt, sondern es erlaubt die Verwendung zahlreicher Optiken anderer Hersteller per Adapter. Das half nicht nur bei der Markteinführung, weil nicht sofort alle Objektive neu gekauft werden mussten, sondern ermöglicht auch das manuelle Fokussieren älterer Optiken mit der Hilfe von Fokus-Peaking. Die Sensorstabilisierung ermöglicht zudem scharfe Resultate bei längeren Verschlusszeiten – mit jeder Optik.
Die Autofokussensoren sitzen im Gegensatz zu DSLRs auf dem Sensor, sodass eine Justage oder Fehlfokussierungen aufgrund fehlerhafter oder schlecht eingestellter Autofokusmodule nicht vorkommen. Ein echtes Highlight und ein weiteres innovatives Feature aktueller Alphas ist der Augen-Autofokus. Das geht weit über eine Gesichtserkennung hinaus (die es natürlich auch gibt), sondern bedeutet ein perfektes Fokussieren auf das der Kamera nächstgelegene Auge. Wer damit einmal ein Porträtshooting gemacht hat, will garantiert nie wieder darauf verzichten.
Ein Streitthema unter Foto-Enthusiasten kennen Sie sicher alle: optischer oder elektronischer Sucher? Letztendlich lassen sich selbst Hardliner dank der guten Qualität aktueller Modelle dazu hinreißen, die Vorteile der elektronischen Sucher anzuerkennen. Schließlich sehen wir schon vor der eigentlichen Aufnahme, wie diese aussehen wird, auch in Schwarzweiß oder mit anderen Bildstilen. Wir können in die Sonne fotografieren, ohne unseren Augen zu schaden, bei fast völliger Dunkelheit noch ein klares Motiv erkennen und selbst bei grellem Umgebungslicht unsere Aufnahmen im Sucher statt am Display beurteilen. Diese Vorteile bestätigt auch Profifotograf Steffen Böttcher: „Mittlerweile habe ich mich so sehr an die Vorzüge des elektronischen Suchers gewöhnt, dass ich nie wieder zurückwill.“
Schicken wir nun noch den elektronischen Verschluss ins Rennen, ist eigentlich alles klar. Oder bevorzugt jemand ernsthaft Vibrationen durch Spiegelschlag? Ist nicht völlig geräuschloses Fotografieren in vielen Situationen sinnvoll? Und kann man nicht tolle Aufnahmen mit Verschlusszeiten von bis zu 1/32.000 Sekunde machen? Alles undenkbar mit DSLRs.
Die aktuelle Marktsituation
Der Innovationsreichtum und die kurze Schlagzahl bei der Produkteinführung blieben nicht ohne positive Folgen für das japanische Unternehmen, und so avancierte Sony nicht nur zwischenzeitlich zum weltweit größten Hersteller von Sensoren für Kameras und Smartphones, sondern schaffte es auch, sich in weiten Teilen die Marktführerschaft bei Vollformatkameras im Verlauf des Jahres 2018 zu sichern. 2017 übernahm Sony in den USA im Bereich der Vollformatkameras mit Wechselobjektiven nach eigener Aussage bereits Platz zwei von Nikon, die dem wachsenden Markt der spiegellosen Systemkameras mit ihren klassischen DSLRs nur wenig entgegenzusetzen hatten. Lange Zeit stand Sony im spiegellosen Sektor allerdings auch allein auf weiter Flur. Zwar gibt es das Leica-M-System, doch ist dies allein aufgrund des Preises für die meisten Nutzer unerschwinglich – und bietet darüberhinaus keinen Autofokus. Fujifilm arbeitet ebenfalls seit Jahren fleißig an seiner X-Serie, allerdings geschickt „um Sony herum“, denn die Kameras verfügen entweder über APS- C-Sensoren oder Mittelformat- Chips – Vollformat-Varianten sind nach Aussagen des Herstellers nicht geplant. Und dann sind da noch Olympus und Panasonic mit ihren MicroFourThirds-Sensoren. Apropos Panasonic: Mit der kürzlichen Vor
stellung der Lumix S tut sich etwas an der spiegellosen Vollformat-Front, das so nur wenige erwartet hätten: In Kooperation mit Leica und Sigma schickt sich Panasonic an, Sony das Leben schwerer zu machen. Man setzt dabei auf das bereits etablierte L-Bajonett von Leica, und der Objektivhersteller Sigma kündigte an, diverse Optiken für dieses Bajonett zu entwickeln. Zwischenzeitlich haben sich auch die beiden Giganten Nikon und Canon angeschickt, mit spiegellosen Systemen in die Zukunft des Imagings einzusteigen und Sony nicht kampflos das Feld zu überlassen. Nikon macht es ähnlich wie Sony 2013 und schickt ein Allround-Modell (Z6) und eine hochauflösende Variante (Z7) ins Rennen. Canon konzentriert sich zunächst auf eine einzige Kamera, die EOS R mit einem 30-Megapixel-Sensor. All diese Hersteller hatten nun einige Jahre lang Zeit, sich anzuschauen, was Sony als Wegbereiter unternimmt, und können sich diverse Kinderkrankheiten oder Unausgewogenheiten ersparen. Dazu gehören Aspekte wie Ergonomie, Autofokusperformance oder Akkulaufzeit – Faktoren, die bei den ersten Modellen von Sony noch nicht auf heutigem Niveau lagen.
Die Bildqualität war der entscheidende Punkt für den Wechsel. In meinen Augen bietet gerade die Alpha 7R III im Kleinbildbereich die beste Bildqualität. Daneben schätze ich die geringe Größe und das Gewicht. Alexander Heinrichs, Profifotograf
Eine Frage des Systems
Ein Manko plagt aber natürlich jedes neue System, und das liegt schon im Begriff „System“selbst: Ein solches ist es nämlich erst dann, wenn
neben Kameras auch entsprechende Objektive und Zubehör verfügbar sind. Nun lässt sich dies mit Adaptern oder Kooperationen in Teilen umgehen, doch hier hat Sony noch klar die Nase vorn. Bis wir ein so ausgereiftes Gesamtportfolio von Panasonic, Canon oder Nikon sehen werden, werden noch ein paar Jahre verstreichen. Doch das „Wettrüsten“hat mit der Einführung der neuen Volformatsysteme offiziell begonnen.
Was bringt die Zukunft?
Jetzt wird es erst so richtig spannend, denn gleich drei Systeme schicken sich an, Sony als Marktführer im Segment der spiegellosen Vollformatkameras den Platz streitig zu machen. Das sorgt bei allen Mitstreitern für Innovations- und Kostendruck – meist zum Vorteil des Käufers. Die schiere Marktmacht eines Giganten wie Canon kann da schon unangenehm werden. Und auch Nikon verfügt über eine loyale Fangemeinde. Panasonic hingegen ist besonders bei Filmern beliebt, und man wird sehen, wie diese mittelfristig auf das neue Vollformatsystem reagieren. Mit den aktuellen Objektiv- und Kameramodellen bietet Sony ein System, das kaum Wünsche offen lässt. Wir sind gespannt, was sich die neuen Wettbewerber in diesem Segment einfallen lassen. Und vor allen Dingen darauf, welche Innovationen Sony künftig aus dem Ingenieurs-Hut zaubert, um sich an der Spitze zu behaupten. ■