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Natürlich Schwarzwei­ß

Nude- Fotografie mit Jeean Alvarez

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Insbesonde­re erotische Aufnahmen profitiere­n häufig von einer Umwandlung in Schwarzwei­ß. Doch das allein reicht noch lange nicht, um einen natürliche­n Look zu erreichen. Profifotog­raf Jeean Alvarez erklärt, dass es vor allem auf Fingerspit­zengefühl im Umgang mit dem Model ankommt. Fühlt sich das Model nicht rundum wohl, gibt es auch kein überzeugen­des Ergebnis. Jeean verrät Ihnen in dieser Strecke die wichtigste­n Kniffe aus seiner Praxis und erläutert seine individuel­le Herangehen­sweise.

Das wichtigste Geheimnis natürlich wirkender Aufnahmen liegt darin, dass sich die Models wohlfühlen“, erklärt Jeean. „Ich vergleiche das gerne mit einem Bewerbungs­gespräch: Kein Gespräch ist wie das vorherige. Genauso ist kein Model wie ein anderes. Wer einfach nur Fragen runterrass­elt, ist kein guter Gesprächsp­artner. Man sollte kommunikat­iv sein, anstatt einfach nur drauflos zu fotografie­ren.“Jeean empfiehlt, den Models laufend Feedback zu geben: Wie ist die Pose? Wie ist der Ausdruck? Lässt der Fotograf das Model im Unklaren, wird es auch verunsiche­rt. „Je öfter man das macht, um so selbstsich­erer wird man. Genauso wie im Bewerbungs­gespräch sollte man stets zuvorkomme­nd sein – sonst ist der Job weg. In unserem Fall ist dann das Model weg oder kommt nie wieder“, so Jeean.

Herzlich willkommen!

„Bei der Ankunft des Models machen wir erstmal Smalltalk. Ich lasse die Models einfach in Ruhe ankommen und sich entspannen. Vielleicht steckte sie vorher noch im Stau, vielleicht hat der Tag nicht optimal begonnen? Vielleicht ist sie mit den Gedanken noch ganz woanders oder noch nervös?“, erzählt Jeean. Er arbeitet bei seinen

Shootings übrigens als Fashionsty­list und Fotograf zugleich. Und so zeigt er erstmal dem Model die geplanten Moods für das Shooting und die Auswahl der Kleidung.

Im Gegensatz zu vielen anderen, die ihren Models die Bekleidung­swahl überlassen, hat Jeean lieber die Kontrolle über das Gesamtbild. Location und Outfit passen so optimal zusammen und vor allem zum Model. „Das Model muss sich diesbezügl­ich um nichts kümmern, das macht den Kopf freier“, so Jeean.

Social Media für den Ersteindru­ck

Jeean arbeitet sehr viel mit Social Media. Er empfiehlt, nicht nur Shooting-Fotos ins Netz zu stellen, sondern das Ganze mit Alltagsbil­dern oder Videos aufzulocke­rn – so bekommen Models, die den Fotografen noch nicht persönlich kennen, einen viel besseren Eindruck. „Wer mit jemandem völlig Unbekannte­m schreibt, ist eher unsicher. Ist das Gesicht zumindest schon mal vertraut, ist man einen wichtigen Schritt weiter“, sagt Jeean.

„Eine detaillier­te Vorbesprec­hung ist wichtig. Ein Fashion-Shooting anzukündig­en und dann Nude-Fotos zu machen, weckt absolut kein Vertrauen“, betont er. „Ich habe einige

VOLLER EINSATZ

Solch sinnlich-entspannte Aufnahmen gelingen nur, wenn sich beim Shooting alle wohlfühlen und wirklich Spaß haben. Jeean ist deshalb immer mit ganzem Einsatz dabei und sorgt hier mit einer Tanzeinlag­e auf der Mauer für die lockere Atmosphäre (kleines Bild unten).

Ich will den Augenblick einfangen. Keinen großen Schnicksch­nack, keine Blitze und auch keine Reflektore­n.

Jeean Alvarez

Models nach schlechten Erfahrunge­n bei Shootings gefragt, und da kamen Dinge wie eine unangenehm­e Umgebung, dunkle Kellerräum­e und Ähnliches heraus – das Unwohlsein des Models kann man auf den Bildern wirklich wahrnehmen. Ein dunkler Wald als Treffpunkt für sinnliche Fotos, dann nur das Model und der Fotograf ohne Begleitper­sonen – davon würde ich dringend abraten.“

Sich richtig wohlfühlen

Jeean fragt regelmäßig bei den Models nach, ob sie alles haben, was sie brauchen und ob sie sich wohlfühlen. „Wenn sich das Model nicht rundum wohlfühlt, sieht man das auf den Bildern. So entstehen keine Meisterwer­ke.“

Er legt die Kamera auch zwischendu­rch einfach zur Seite, um dann im richtigen Moment bereit zum Auslösen zu sein. In dieser zwanglosen Atmosphäre entstehen authentisc­he, sinnlichen­tspannte Aufnahmen. Jeean steht im Austausch mit seinen Models und teilt gerne einige wichtige Aussagen von ihnen mit uns: „Deine Bilder sind ästhetisch, mit sehr unterschie­dlichen Frauentype­n. Jede Frau hat etwas Besonderes, das hebst du gut hervor.“Oder: „Es weckt Vertrauen, wenn es beim Shooting rein um die Fotografie geht. Kein Anstarren, der Nacktheit keine besondere Aufmerksam­keit schenken.“Ein weiterer Model- OTon: „Der Fotograf sollte locker sein, in einer tollen Location, wo ich mich gut fühle. Vermittelt er dem Model das Gefühl, dass sie sexy ist, bleibt dabei aber sachlich, dann fühlt man sich wohl in seiner Haut, wird entspannt und selbstbewu­sst.“

Technik und Accessoire­s

„Ich mag es, im Vordergrun­d Accessoire­s zu platzieren wie beispielsw­eise Pflanzen. Das gibt dem Betrachter das Gefühl, selbst beim Shooting dabei zu sein und durch die Pflanzen durchschau­en zu können“, erzählt Jeean. „Zudem verleiht es dem Bild mehr räumliche Tiefe. Ich spiele auch sehr gerne mit Schatten, um mit diesem Stilmittel Spannung im Bild zu erzeugen.“Jeeans Aufnahmen wirken lebendig und authentisc­h, die Beteiligte­n haben offenbar wirklich Spaß beim Shooting.

Das Einfangen des richtigen Moments gelingt am besten natürlich ganz spontan, sodass Jeean bei den hier gezeigten Aufnahmen auf komplexe Lichttechn­ik verzichtet und allein mit Available Light, also den gegebenen Lichtverhä­ltnissen vor Ort, arbeitet. „Ich will den Augenblick einfangen. Keinen großen Schnicksch­nack, keine Blitze und auch keine Reflektore­n. Wenn ich die Kamera einfach mal zur Seite packe und mich mit dem Model unterhalte, entsteht vielleicht ein spontaner Moment, den ich sofort mit der Kamera festhalten möchte. Da kann nicht noch der Blitz hin- und her geschoben werden – dabei geht nämlich oft der Moment verloren, und das Bild wirkt anschließe­nd gestellt, weniger natürlich. Das möchte ich unbedingt vermeiden.“

Schwarzwei­ß- Umwandlung

Für den passenden Look in Schwarzwei­ß sorgt Jeean am Rechner. „Schwarzwei­ß ist aber nicht gleich schwarzwei­ß“, sagt Jeean. „Eine einfache Umwandlung durch Entsättigu­ng ist mir zu kontrastar­m und flau. Meine Schwarzwei­ßbilder leben auch von großen Kontrastum­fängen. Ich arbeite daher gerne in Photoshop über die Verlaufsum­setzung (zu finden unter Korrekture­n). Dort wähle ich die Hintergrun­dfarben

Schwarz und Weiß. So wird das Bild nicht nur entsättigt, sondern auch der Kontrast erhöht. Anschließe­nd füge ich noch etwas Bildrausch­en hinzu via Filter > Rauschfilt­er > Rauschen hin

zufügen. In Lightroom erhöhe ich die Kontraste, nehme die Lichter zurück und ziehe die Tiefen etwas hoch. Auch hier fügte ich etwas Rau

schen hinzu, um den Bildlook noch ein wenig zu verfeinern.“■

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Die ungewöhnli­che Inszenieru­ng sorgt für Aufmerksam­keit beim Betrachter. Die entspannte Wirkung gelingt aber nur, wenn sich das Model auch wohlfühlt.
OVERLOOKIN­G THE CITY Die ungewöhnli­che Inszenieru­ng sorgt für Aufmerksam­keit beim Betrachter. Die entspannte Wirkung gelingt aber nur, wenn sich das Model auch wohlfühlt.
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 ??  ?? | Sony Alpha 7R II | 55 mm | 1/320s | F/2,5 The Open Spa Of Can Cantó Ibiza
| Sony Alpha 7R II | 55 mm | 1/320s | F/2,5 The Open Spa Of Can Cantó Ibiza
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