Sony Alpha 7R IV im Test
SONY | Die Fußstapfen des Vorgängers sind groß. Und so hat das Nachfolgemodell der bis dato besten Kamera auf dem Markt, der Sony A7R III, keine leichte Aufgabe zu erfüllen. Mit noch mehr Auflösung und unzähligen AusstattungsPluspunkten möchte die Alpha 7R IV die noch junge dritte Generation der Alpha-7R-Serie auf dem Bestenlisten-Thron ablösen. Ob das gelingt? Wir haben es für Sie getestet.
Ein Paket von Sony! Da ist es endlich. Die Vorfreude auf den Test ist groß, machte die Sony Alpha 7R IV doch bereits als Vorserienmodell bei der offiziellen Vorstellung im irischen County Wicklow mächtig Eindruck. Grund für die Begeisterung ist die Technik, mit der Sony sein neuestes Topmodell unter den hochauflösenden spiegellosen Vollformatkameras ausstattet. Allen voran sorgt der Sensor für Furore: Als wäre der 42-Megapixel-Sensor der beiden Vorgängermodelle noch nicht genug, stockt Sony um 43 Prozent Auflösung auf. Nicht weniger als 60 Megapixel liefern die vollaufgelösten Fotos der neuen Sony Alpha 7R IV, die der rückwärtig belichtete Sensor im 2:3-Format hervorbringt. Das ist ein neuer Rekord unter Vollformatkameras – sowohl im spiegellosen als auch im klassischen DSLR-Segment.
Unkomprimierte RAW-Aufnahmen sind satte 123 Megabyte groß. Nicht verwunderlich ist also der Vergleich zu Mittelformatkameras wie Modellen der GFX-Reihe von Fujifilm. Doch ob die neue Sony wirklich ein „Mittelformatkiller“ist oder eine ganz andere Zielgruppe bedient, soll sich in unserem Test zeigen.
Uns erreichten Fragen, ob eine solch hohe Auflösung von 60 Megapixeln überhaupt nötig sei. Klar, Hobbyfotografen sind nicht Zielgruppe dieser Kamerareihe. Sony spricht mit der neuen Systemkamera professionelle Anwender an, denen eine solch hohe Auflösung gerade wichtig ist, beispielsweise Werbefotografen. Dennoch ist die hohe Auflösung auch
Die neue Sony Alpha 7R IV verbindet exorbitante Auflösung mit reichlich Ausstattung und einem gelungenen Handling.
Tim Herpers, Test & Technik
dann nützlich, wenn nicht zwingend 60 Megapixel nötig sind: Wer zum Beispiel mit einer Festbrennweite arbeitet, hat dank der großen Menge an Bilddaten vielfältige Möglichkeiten, um Ausschnitte – sogenannte Crops – aus der 60-MPAufnahme herauszuschneiden und als „neue“Aufnahmen am Computer abzuspeichern.
Gigantische Auflösungsleistung
Sony hat bei der Produktpräsentation in Irland der Alpha 7R IV einen riesigen Dynamikumfang von 15 Blendenstufen versprochen. An diesen Wert kommt die Systemkamera im Labortest indes nicht heran. Dennoch ist die Leistung beachtlich: Beim Durchlichttest mit Hilfe der Ulbricht-Kugel (einer Vorrichtung für homogenes Licht) lieferte die Sony bei ISO 100 einen Dynamikumfang von satten 11,7 Blendenstufen. Noch imposanter ist die Auflösung: Bei ISO 100 löst die Alpha 7R IV über 96 Prozent der theoretisch maximalen Auflösung auf – und damit in Summe über 3000 Linienpaare pro Bildhöhe im Zentrum des Fotos. Die vierte Generation der Alpha 7R hat sich ihr R (für engl. Resolution = Auflösung) im Produktnamen also redlich verdient. Die Auflösung haben wir übrigens mit dem FE 85mm F1.4 G-Master gemessen.
Der native ISO-Bereich reicht bis ISO 32.000 (erweiterbar auf bis zu 102.400) und zeigte in unserem Test ab ISO 6400 erste Schwächen. Im Direktvergleich mit der Alpha 7R III zieht die Neuheit bei High-ISO den Kürzeren. Angesichts der Auflösungsdifferenz von 42 zu 60 MP ist dies aber nicht verwunderlich. Zudem besitzt die 7R IV wie der Vorgänger einen sensorbas ier ten Bildstabilisator, der für die Kompensation von bis zu 5,5 Blendenstufen ausgelegt ist. Ebenfalls identisch mit der dritten Kamerageneration: der Bionz-XBildprozessor sowie der Frontend-LSI. Das Duo aus Prozessor und LSI- Chip ermöglicht eine hohe Serienbildrate dank eines großen Pufferspeichers.
Echtzeit-Tracking
Wem 60 Megapixel nicht genug sind, der ist beim Pixel-Shift-Multi-ShootingModus goldrichtig. Dabei nimmt die
579 Gramm schwere Systemkamera 16 Fotos mit leicht verschobenem Sensor auf, um daraus ein 241-Megapixel-Foto zu erstellen. Da das fertige Bild aus den einzelnen Bildern zusammengesetzt ist, macht der Kameramodus nur bei statischen Motiven und einer stabilen Kameraposition Sinn. Für die Zusammensetzung ist die kostenfreie Software Imaging Edge erforderlich (für Win/ Mac). Die Kamera selbst kann die riesigen Bilddaten intern nicht zusammenzufügen.
In puncto Scharfstellung bleibt Sony dem Hybrid-Autofokus treu. Rund 74 Prozent der Sensorbreite werden von 567 Phasen-AF-Messfeldern und 425 Kontrast-AF-Messfeldern abgedeckt. Das ist ein neuer Rekord unter den
Alphas. Zudem ist die Sony mit drei EchtzeitAutofokus-Modi ausgestattet: einem Augenautofokus ( Erkennung und Priorisierung), dem Tracking zur automatischen Verfolgung sowie dem Erkennen und Fokussieren von Tieraugen. Das macht Eindruck – nicht nur auf dem Datenblatt. Bereits beim ersten Hands- on eines Vorserienmodells zeigte sich der Autofokus von seiner besten Seite. Er vereinfacht das Fotografieren und bietet dem Fotografen Freiheiten, um sich noch stärker auf Motiv und Licht zu fokussieren.
Im Testlabor bestätigte sich die aus dem ersten Test wahrgenommene Serienbildrate. Satte 9,63 Bilder konnten wir im vollaufgelösten JPEG-Format pro Sekunde messen. Damit positioniert sich die Alpha sicher nicht als Sportkamera Nr. 1, ist aber definitiv in der Lage, einmalige Momente wie die Trauung einer Hochzeit festzuhalten – auf Wunsch völlig lautlos.
Videos kann die brandneue Sony ganz im Sonne eines All-in- One- Gerätes natürlich ebenfalls. Hier sind ebenfalls Echtzeit-Tracking und automatische Augenfokussierung möglich. Filmaufnahmen sind in bis zu 4K-Auflösung bei 30 Bildern pro Sekunde machbar, Intervallaufnahmen und Zeitlupenvideos (Full-HD mit 120 B/s) sind ebenso drin. Übrigens ist die Alpha 7R IV eine der wenigen Digitalkameras auf dem Markt, die nicht mit einem 29-Minuten-Aufnahmestopp eingeschränkt ist.