Ariminta Alexandra Lehmler
Warum Tigran Hamasyan seine Scheibe „ An Ancient Observer“genannt hat, erklären die Stücke nicht. Die meditative Gelassenheit, die sein 2016 bei ECM erschienenes Album „ Atmospheres“geprägt hatte, ist ebenso dahin wie die Fähigkeit, Spannungsbögen auszugestalten. Stattdessen paart sich sein meist verzierungsreiches Klavierspiel mit elektronischen Zusatzklängen und Stimme. Mal begleitete er sich als Human Beatbox, mal brummt, singt und greint er, und zwischendurch setzt er Effektgeräte und ein Fender Rhodes E- Piano ein – aber alles ohne zwingende Notwendigkeit. Der frühzeitliche Beobachter teilt nichts mit, was im Gedächtnis bleiben würde. Das New Yorker Trio um Gitarrist Brandon Ross, Bassist Melvon Gibbs und Drummer J. T. Lewis meldet sich nicht oft zu Wort, aber wenn es zu den Instrumenten greift, fliegen die Fetzen. Auf seinem dritten Album holt es sich Verstärkung durch den Civil- Rights- erprobten TrompetenAltmeister Wadada Leo Smith. Der Power Sound changiert zwischen der Black- Panther- Wut des Free Jazz um 1970 und den Free- Funk- Kaskaden von Last Exit. Treibende Kraft des Quartetts ist Melvin Gibbs, dessen aggressiver Fuzz- Bass wie ein Vulkan unmittelbar vor dem Ausbruch klingt. Das zentrale Statement dieser Songs lautet: Schluss mit lustig! Bisher ist Alexandra Lehmler eher durch ihre Fähigkeit aufgefallen, weit ausholende Melodien zu gestalten. Davon weicht die Mannheimer Saxofonistin auf „ Sans Mots“zumindest vordergründig ab, indem sie sich mit neuer Band in freiere, komplexere Gefilde begibt. Der französische Vibrafonist Franck Tortiller und sein trommelnder Landsmann Patrice Heral öffnen zusammen mit dem Kontrabassisten Matthias Debus weite, von Klangtupfern geprägte Räume, in denen die Töne eher schweben als einem festen Beat folgen. Dadurch konzentrieren sich Lehmler und der Stuttgarter Trompeter Herbert Joos meist auf kurz aufblitzende Melodiebruchstücke.