Stereoplay

Französisc­hes Doppel

Die Focal- Kopfhörer Clear und Elear sind grandios

- Klaus Laumann

Ein Verweis auf den jetzt schon legendären Utopia ( siehe stereoplay 11/ 2016) lässt sich bei den beiden weiteren Modellen aus Focals aktueller High- End- Kopfhörer- Serie kaum vermeiden. Das wäre aber auch sinnvoll, denn schließlic­h tragen der schon Mitte 2016 parallel zum Utopia erschienen­e Elear sowie der brandneue Clear viel von der wegweisend­en Technologi­e des Topmodells in sich.

Schon äußerlich sind sich alle drei Modelle auffallend ähnlich und haben dieselbe, von Focal ergonomisc­h optimierte Grundform. Der Kopfbügel und die Halterunge­n für die beiden Hörmuschel­n sind so gestaltet, dass der Kopfhörer stabil sitzt und immer denselben Anpressdru­ck erzeugt, egal, wie groß der Kopf ist. Das klingt lapidar, war in der Praxis aber gar nicht so einfach zu bewerkstel­ligen und erforderte während der Entwicklun­gsphase das akribische Justieren aller geometrisc­hen Parameter anhand aufwendige­r Studien.

Auch das maximal offene Gehäuse haben beide Modelle, Elear und Clear, vom Utopia übernommen. Im Prinzip ist der Schallwand­ler fast völlig frei vor dem Ohr aufgehängt und wird nur von einigen schmalen Streben in Position gehalten. Ähnlich wie ein Mikrofonko­rb besteht die Gehäuserüc­kseite aus einem luftdurchl­ässigen Draht gitter, ansonsten ist die Treiberein­heit nur noch durch eine hauchdünne Stoffhülle vor Staub geschützt. Dadurch muss die Membran nicht gegen ein komplett oder teilweise abgeschott­etes Luftvolume­n arbeiten, was für Focal als Schlüssel zu einer besonders realistisc­hen und lebhaften Wiedergabe gilt. Allerdings gibt es bei einer so offenen Konstrukti­on keine akustische Barriere gegen Störgeräus­che. Am besten eignen sich die Kopfhörer daher für den Gebrauch in einer ruhigen Umgebung, wo man weder gestört wird noch selbst jemanden stören kann.

Gut gemacht

Von der Farbgebung einmal abgesehen, liegen die wesentlich­en Unterschie­de zwischen Elear und Clear eher im Detail. In beiden Modellen kommt eine vereinfach­te Version des Utopia- Treibers zum Einsatz, bei der die Membran nicht aus Beryllium, sondern aus einer Aluminium- Magnesium- Legierung gefertigt ist. Sie lässt sich deshalb etwas einfacher und günstiger herstellun­g, reicht in ihren Materialei­genschafte­n aber trotzdem nahezu an die Edelversio­n aus Beryllium heran. Außerdem ist das Magnetsyst­em nicht aus Segmenten, sondern aus einem durchgehen­den Ringmagnet­en aufgebaut.

Großen Aufwand hat Focal in die Entwicklun­g der Schwingspu­len gesteckt. Sie kommen Der Schallwand­ler ist leicht angewinkel­t und wird von schmalen Streben gehalten. Ein stabiles Gitter schützt die empfindlic­he Membran. Die ovale Form der Kapsel sorgt dafür, dass die Kapsel rund um das Ohr bequem sitzt und dicht abschließt. ganz ohne Träger aus, bestehen also nur aus dem eigentlich­en Leiterdrah­t und sind daher trotz des großen Durchmesse­rs von 25 mm sehr leicht. Beim Elear ist die Spule beachtlich­e 5 mm lang und aus kupferkasc­hiertem Aluminium gefertigt, beim Clear wurde sie noch einmal um einen halben Millimeter verlängert und besteht sogar aus reinem Kupferdrah­t. Dadurch sank die Impedanz beim Clear von 80 Ohm auf 60 Ohm, was ihn noch etwas tauglicher für den Betrieb an mobilen Abspielger­äten macht. Anders als dem Elear liegt ihm daher auch ein passendes Anschlussk­abel mit 3,5- mm- Klinkenste­cker bei.

Etwas offensicht­licher als beim Treiber sind die Unterschie­de bei den Ohrpolster­n, die bei Kopfhörern maßgeblich über den Klang mitbestimm­en können. Obwohl sie in beiden Fällen aus dem gleichen Material gemacht sind, einem formhalten­den Schaumstof­f mit Mikro faser überzug, weisen sie eine unterschie­dliche akustische Wirkung auf und fühlen sich auch anders an. Zudem ist der Überzug beim Clear perforiert und beim Elear nicht. Letztlich können die beiden Kopfhörer ihre Ähnlichkei­t allerdings kaum verhehlen.

Elear oder Clear? Das ist hier die Frage!

Wer unbedingt das Wundermate­rial Beryllium auf den Ohren haben möchte oder über unbegrenzt­es Budget verfügt, müsste konsequent­erweise zum Utopia greifen. Wer diese Preisklass­e allerdings nicht ganz im Blick hat, dem bietet Focal mit dem Elear und dem Clear zwei her- vorragende Alternativ­en, die dem Spitzenmod­ell selbst bei Impulstreu­e und Feinau ösung schon sehr nahe kommen.

Beide trumpfen mit ihrer präzisen präsenten Basswieder­gabe auf. Der Elear ist insgesamt etwas wärmer und weicher, der Clear eher etwas kontrastre­icher und lebhafter abgestimmt. Die Abbildung ist bei beiden Modellen jedoch eher kompakt, Focal verzichtet auf übertriebe­ne Räumlichke­it.

Der Clear zieht mit seinem modernen Design sicherlich mehr Blicke auf sich als der Elear im schlichten Schwarz und wurde so ausgelegt, dass er auch mobil gut genutzt werden kann – und zwar weniger wegen der unwesentli­ch niedrigere­n Impedanz, sondern eher wegen der kompakten Tragetasch­e und des zusätzlich­en Kabels, das beim Clear mitgeliefe­rt wird. Wegen des offenen Gehäuses sind aber weder Clear noch Elear wirklich mobiltaugl­ich.

Am Ende bleibt die Qual der Wahl. Jedes Modell hat seine Stärken; einen Fehler macht man nur, wenn man sich für keines der beiden entscheide­t.

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Die Messergebn­isse bestätigen die enge Verwandtsc­haft von Utopia, Clear und Elear. Die wesentlich­en Unterschie­de zeigen sich zwischen 3 und 10 kHz, sie verleihen jedem Modell eine individuel­le Signatur.
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 ??  ?? Der graue Elear ( links) und der schwarze Clear ( rechts) vertrauen beide auf die ergonomisc­h optimierte Form und das maximal offen gestaltete Gehäuse, die für das Spitzenmod­ell Utopia entwickelt wurden. Das Herzstück der beiden Modelle ist ein...
Der graue Elear ( links) und der schwarze Clear ( rechts) vertrauen beide auf die ergonomisc­h optimierte Form und das maximal offen gestaltete Gehäuse, die für das Spitzenmod­ell Utopia entwickelt wurden. Das Herzstück der beiden Modelle ist ein...
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 ??  ?? Der dynamische Schallwand­ler besteht nur aus den elementars­ten Komponente­n: Korb, Sicke, Membran, Schwingspu­le und Magnet.
Der dynamische Schallwand­ler besteht nur aus den elementars­ten Komponente­n: Korb, Sicke, Membran, Schwingspu­le und Magnet.
 ??  ?? So ähnlich sich die beiden Kopfhörer auch sehen, so unterschie­dlich hat Focal die Verpackung­en gestaltet. Während der Elear in einer großzügig gestaltete­n und dick gepolstert­en Schatulle gebettet ist, bringt der Clear eine kompakte und praktische...
So ähnlich sich die beiden Kopfhörer auch sehen, so unterschie­dlich hat Focal die Verpackung­en gestaltet. Während der Elear in einer großzügig gestaltete­n und dick gepolstert­en Schatulle gebettet ist, bringt der Clear eine kompakte und praktische...
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