Audiodata Art One
Der Name Audiodata ist in deutschen High- End- Kreisen nicht nur hervorragend beleumundet, sondern wird seit der Einführung des Kompaktmonitors partout auch mit ausgereifter Koaxialtechnologie assoziiert. Die Chassis lieferte damals der Spezialist Seas.
Das ist so ziemlich das einzige gebliebene Kontinuum. Denn mittlerweile hat sich Firmengründer Peter Schippers aus dem Lautsprecherbau zurückgezogen und einem jungen österreichischen Team um Hannes Pal nger die Geschicke übergeben. Die Firma residiert und entwickelt mittlerweile am eigenen Standort in der Nähe von Salzburg.
Wir bleib‘ n uns troi
Nach einigen Aufsehen erregenden Entwicklungen in der Referenzklasse und im teilaktiven Bereich, die auf den letzten beiden HIGH END- Messen als Geheimtipps gehandelt wurden, kommt jetzt mit der 30.000 Euro teuren Art One P die erste klassische Passivbox der „ neuen“Audiodata auf den Markt. Dem Punktstrahler als Mittelhochtonprinzip ist das neue Team dabei treu geblieben. Dem Lieferanten theoretisch auch.
Denn Seas fertigt zwar die komplexen Doppeltreiber im 15- cm- Format, aber nach Entwicklungen und Spezi kationen von Audiodata kann man dieses Chassis also nicht im Selbstbauoder OEM- Bereich erstehen. Die augenscheinlichste Besonderheit ist die Membrankombination aus Beryllium für den Hochton und Magnesium für den Mittelton, während Standardmodelle mit Gewebekalotte und Polypropylen- oder Papp- Konus ausgestattet sind. Nur die Metall- Metall- Kombi
haben in Hörtests aber den Wünschen von Pal nger entsprochen. Die allerhöchste Transparenz einer solchen HightechKalotte, die im 25- mm- Format eingesetzt wird, stellt Lautsprecherentwickler oft vor eine unlösbare Aufgabe, wenn es gilt, einen subjektiv dazu passenden, antrittschnellen, dynamischen Wiedergabecharakter im Mittelton zu erreichen.
Letzteres wird ja Leichtmetallmembranen im Allgemeinen und Magnesium im Besonderen immer wieder nachgesagt, doch stellen solche Töner wiederum besondere Ansprüche an Konzept und Frequenzweiche, damit die unweigerlichen Materialresonanzen im oberen Bereich nicht hörbar ins Geschehen hineinwirken. Das lässt sich durch eine recht tiefe und entsprechend steile Trennung – hier bei 2500 Hz – in den Griff bekommen, doch wird bei einem Koaxialchassis die Sache noch eine Ebene komplexer.
Denn beide ineinander verschachtelten Membranen beein ussen sich natürlich gegenseitig, bzw. stellt insbesondere der Konustrichter eine verlängerte Schallführung für den Hochtöner dar und muss entsprechend seine Idealform behalten, während er gleichzeitig mittlere Frequenzen reproduziert. Auch hier ist das Magnesium aufgrund seiner Stei gkeit von Vorteil, aber auch eine recht hohe Trennfrequenz von 200 Hz, die die Mitteltonmembran von deutlichen Hüben entlastet und so ein Modulieren des Hochtöners durch eine Bewegung der Schallführung verhindert.
Das einzige potenzielle akustisches Hindernis ist die große, mit Gummiverstärkungen ausgestattete Sicke, aber ein im Grundton nicht dynamisch li- mitiertes Verhalten war an dieser Stelle wichtiger als eine völlig glatte Ausprägung der Schallführung.
Gehäuse mitgedacht
Eine weitere Besonderheit ist die abgesetzte Schallwand, auf der der Koax residiert. Residieren ist angesichts der nach vorn erhabenen Position durchaus der richtige Terminus, der sanft abgefaste Ring sorgt dafür, dass seitlich abgestrahlte Schallanteile leichter nach hinten gebeugt werden können und die üblichen Kantenre exionen am Ende der Schallwand deutlich verringert werden können.
Das Gehäuse ist minimal nach hinten gebeugt und nimmt die Formsprache der schwarzen Schallwand wiederum bei den Abdeckungen der seitlichen Tieftöner auf. Hier war offensichtlich ein Designmeister am Werke, in diesem Fall Industriedesigner Stan Maes, der für seine technischen Alltagsgegenstände einen guten Ruf genießt.
Mehr als nur schön
Doch Design ist hier nicht nur ästhetisches Handwerk, die beiden seitlich angeordneten Tieftöner heben sich mit gegenläu ger Bewegung in ihren Impulsen und den aufs Gehäuse übertragenen Resonanzen komplett auf und verhindern dadurch ungewollt durchs Holz abgestrahlte Schallanteile. Zwei Achtzöller mit verbackener Kohlefasermembran genügen im Tieftonbereich, ein Re exrohr auf der Rückseite unterstützt um die Abstimmfrequenz von 30 Hz nur leicht. Die Grundkonstruktion des Gehäuses besteht aus MDF, doch bei Schallwand und Innenvolumen für den Mitteltöner sowie der Bedämpfung größerer Flächen hat man auf andere Mate-
rialien zurückgegriffen wie stahlkugelgefüllte Innenkammern, die Resonanzen weiter minimieren sollen. So kommt die Gesamtkonstruktion denn auch auf stattliche 62 Kilogramm, was man der Box besonders von vorn mit ihrer schmalen Silhouette nicht zutraut.
Mit Hubert von Goiserns „ Im Jahr des Drachen“legte die Audiodata dann aber los wie schwerelos – schnell und agil wie die Feuerwehr. Einen dy- namischen und ultrafein aufgelösten Klangcharakter in Mitten und Höhen kombinierte sie mit einer angenehm distanzierten, sehr breiten Projektion, die den
Hörern selbst bei mittleren Lautstärken das Gefühl vermittelten, im Alpenrock- Konzert ganz vorne zu stehen. Stimmen thronten mit hervorragender Ortungsgenauigkeit ein wenig über dem Geschehen und wiesen genau die richtige Balance aus livehaftigem Druck und audiophiler Feinzeichnung auf. Ihr Tiefton unterstützte das mit knackig- federnden Impulsen, setzte sich allerdings mal etwas zu deutlich und manchmal nicht genug in Szene. Was die Tester dazu verleitete, die Art One etwas näher an die Rückwand zu bringen.
Reise durch Österreich
Durch das dann größere Stereodreieck tat sich bei Richard Strauss‘ Alpensinfonie ( dirigiert von Herbert von Karajan, DGG) ein nochmals breiteres Bergpanorama auf, das im Gegensatz zum Alpenrock auch realistisch und feinst gestaffelt in die Tiefe zeichnete. Die Orchesterdurchzeichnung und Transsparenz des BerylliumHochtöners gehörten mit zum Besten, was die Tester je im
stereoplay- Hörraum erleben durften. Fast noch mehr begeisterte die homogen in die In strumentengrundtöne eingebundene Spielweise. Andere Boxen dieser Klasse mögen das Orchester etwas satter darstellen oder tiefere Bassgewalt entfesseln, doch die Balance aus subjektiv schneller Spielweise und einer trotzdem völlig stressfreien, langzeittauglichen Abstimmung macht der Audiodata wohl kaum eine Box nach.
Der hervorragende Eindruck setzte sich unabhängig von Aufstellung und Musikgenre durch. Von erdigem Akustik- Blues ( Hans Theessinks „ Down in Mississipi“) bis zum intimen klassischen Lied ( Mozarts „ Abendemp ndung“, dirigiert von Prégardien) beließ es die Audiodata nicht nur bei der Reproduktion korrekter Noten, pardon Frequenzen, sondern schien sich auch mühelos dem musikalischen Charakter der Musik anzupassen. Schwermütig direkt, schnalzend impulsgenau und etwas rau beim Bluesmann, weiträumig und transzendent meditativ beim selten eingespielten Lied des jungen Salzburger Meisters.
Einzig bei Aufnahmen mit extremer Tieftondynamik blieb die Audiodata mit einem tendenziell schlankeren Ton etwas hinter den Möglichkeiten zurück. Das soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Redaktion einen der nach audiophilen Gesichtspunkten besten Lautsprecher überhaupt hören könnte, der die Tugenden Dynamik, Au ösung und 3D- Abbildung mit einem besonders hohen Genussfaktor zu verbinden wusste. Gratulation nach Salzburg!