Omnes Audio InStyle
Wieso macht man sich die Mühe, für einen Lautsprecher ein aufwendiges Gehäuse zu konstruieren, wenn es offensichtlich auch ohne geht? Die Omnes Audio InStyle ist denkbar einfach aufgebaut: Sie besteht nur aus einer massiven Holzplatte, in die ein TangBand- Breitbänder und zwei stattliche 15- Zoll- Basstreiber eingelassen sind, die ihre Herkunft aus der Beschallungstechnik kaum verhehlen können. Rückseitig sind die drei Treiber offen zugänglich. Der Lautsprecher folgt damit dem Konzept einer „ offenen Schallwand“, das sich fundamental von einer klassischen Lautsprecherbox unterscheidet. Aber warum?
Dazu konzentrieren wir uns zunächst auf einen einzelnen Schallwandler. Wird er nach vorne ausgelenkt, entstehen gleichzeitig ein Überdruck vor der Membran und ein Unterdruck hinter der Membran. Wird er nach hinten ausgelenkt, ist es genau umgekehrt.
Der Treiber erzeugt also auf der Rückseite einen zur Vorderseite gegenphasigen Schalldruckverlauf, der bei einer abgeschlossenen Lautsprecherbox – ob ganz geschlossen oder mit Bassre exkanal, ist hier zweitrangig – im Gehäuse verbleibt.
Monopol und Dipol
Der nach vorne abgegebene Schall beugt sich aber, solange die Abmessungen der Box deutlich kleiner sind als die Wellenlänge, um das Gehäuse herum. Im Bass strahlt eine konventionelle Lautsprecherbox also gleichmäßig in alle Richtungen ab. Sie hat damit eine kugelförmige Richtcharakteristik, was auch als akustischer Monopol kategorisiert wird. Erst wenn die Wellenlängen kürzer sind, also zu höheren Frequenzen hin, beginnt sie zu bündeln und weist ein nach vorne gerichtetes Abstrahlverhalten auf.
Bei einer offenen Schallwand sieht das anders aus. Sie verhindert nicht, dass sich der invertierte Schallanteil, der nach hinten abgegeben wird, und der nach vorne abgegebene Schallanteil überlagern. Dieser Effekt wird „ akustischer Kurzschluss“ genannt und bewirkt, dass sich in der Ebene, in der sich die Schallwand be ndet, beide Anteile praktisch vollständig auslöschen. Das bedeutet, dass eine offene Schallwand zur Seite hin praktisch keinen Schall abgibt. Die Richtcharakteristik entspricht einer Acht mit gegensätzlicher Polarität auf Vorderund Rückseite, was als akustischer Dipol bezeichnet wird. Dipolen sagt man deshalb nach, dass sie im Raum weniger seitliche Re exionen anregen, die vor allem die Ortung beeinträchtigen können.
Auch bei Dipolen wird der abgestrahlte Schall um die Schallwand herumgebeugt. Das führt dazu, dass der Bass von einem Frequenzmaximum aus, das im Wesentlichen durch den zusätzlichen Laufweg um die Schallwand herum bestimmt wird, kontinuierlich abfällt. Weil der Breitbandtreiber dazu noch einen sehr hohen Wirkungsgrad von 95 dB pro Watt und Meter aufweist, setzt Omnes Audio gleich auf zwei kapitale 15- ZollBasschassis, um den Breitbänder im Tiefton adäquat zu unterstützen. Die Trennfrequenz liegt bei relativ hohen 400 Hz, was in etwa dem Frequenzmaximum im Tiefton entspricht.
Die Treiber sind eine Eigenentwicklung des Herstellers und wurden speziell für den Einsatz in einer offenen Schallwand optimiert. Das heißt, die Parameter sind so abgestimmt, dass das Chassis genau dann sauber schwingt, wenn es frei aufgehängt ist. Die genauen Details sind ein Betriebsgeheimnis, weil genau darin das Geheimnis der phänomenal guten Basswiedergabe liegen soll.
Breitbänder ohne Zweifel
Spielpartner der 15- Zöller ist ein Tang Band W8- 1772, der zu Recht als Geheimtipp unter den Breitbändern gilt. Er hat einen Durchmesser von 8 Zoll, besitzt eine Konusmembran aus luftgetrocknetem Papier und den bei dieser Art von Schallwandlern oft anzutreffenden Schwirrkonus. Dabei handelt es sich um einen aufgesetzten Schalltrichter, der die Hochtonwiedergabe unterstützen soll und beim W8- 1772 aus gewalztem Papier besteht. Ein goldfarbig lackierter Phaseplug aus Vollaluminium, der sich im Zentrum dieses Trichters be ndet, gibt nicht nur dem Abstrahlverhalten, sondern auch dem Erscheinungsbild des Treibers den letzten Schliff.
Auch wenn der Tang- BandWandler als Breitbandsystem ausgelegt ist, pro tiert er in der InStyle enorm davon, dass er unter 400 Hz komplett entlastet wird.
Nur zum Spaß
Ein solches Lautsprechersystem verspricht in erster Linie einen großen Spaßfaktor, wir näherten uns der InStyle daher auch mit entsprechenden Testmaterial. Statt audiophilen Klängen gab es erst einmal Bässe satt. Seeed, das vierte Studioalbum der gleichnamigen Berliner Dancehall- Formation um die Forntmänner Peter Fox, „ Boundzound“Demba Nabé und Frank Allessa Dellé, war genau das richtige Futter für eine Box dieses Kalibers.
„ Beautiful“ist der erste Titel auf dem Album und wurde auch als Single ausgekoppelt. Das Stück begeistert mit einem sattem Bläsersatz im Hintergrund und hat einen deutlichen Anstrich von Popmusik, der es im Vergleich zum Rest des Albums zwar etwas seicht wirken lässt, aber angenehm zu hören macht. Für die InStyle schien es
das perfekte Lied zu sein. Scheinbar mühelos erzeugte ein absolut präzises und knochentrockenes Bassfundament, das auch noch den perfekten Drive hatte. Eine leichte Färbung im Gesang verzieh man ihr daher sofort, auch weil sie dafür Frontsänger, Bläsersatz und die bei Seeed besonders dominante Rhythmusgruppe sortierte. Dennoch muss sie leichte Abzüge im Punkt Natürlichkeit hinnehmen.
Dem Hörspaß machte das allerdings keinen Abbruch. Stück Nummer sieben, „ Seeeds House“, ist eher synthesizerlastig, sodass eine perfekte Natürlichkeit eher zweitrangig ist – Hauptsache der Druck stimmt! Selten lieferte eine HiFi- Box einen derart genialen Clubsound im Hörraum.
Das funktioniert
Omnes Audio beweist mit der InStyle, dass ein durchdachtes Dipolkonzept auch anstandslos funktioniert. Bassqualität und Grenzdynamik sprechen für sich, allerdings ist dafür auch eine entsprechende Materialschlacht im Bass notwendig. Der Breitbänder fügt sich ideal in das Konzept ein, lässt rein klanglich allerdings noch etwas Luft nach oben.
Falls jemand ästhetische Ansprüche haben sollte: Omnes Audio kann fast jeden Wunsch erfüllen. Die Schallwand wird bei einem Schreiner in Deutschland gefertigt und lässt sich fast beliebig gestalten, eine Anfrage genügt. Noch ein Grund mehr, sich diesen Lautsprecher einmal genauer anzusehen und auch anzuhören. stereoplay hat er aber auch in Weiß überzeugt.