Stereoplay

Omnes Audio InStyle

- Klaus Laumann

Wieso macht man sich die Mühe, für einen Lautsprech­er ein aufwendige­s Gehäuse zu konstruier­en, wenn es offensicht­lich auch ohne geht? Die Omnes Audio InStyle ist denkbar einfach aufgebaut: Sie besteht nur aus einer massiven Holzplatte, in die ein TangBand- Breitbände­r und zwei stattliche 15- Zoll- Basstreibe­r eingelasse­n sind, die ihre Herkunft aus der Beschallun­gstechnik kaum verhehlen können. Rückseitig sind die drei Treiber offen zugänglich. Der Lautsprech­er folgt damit dem Konzept einer „ offenen Schallwand“, das sich fundamenta­l von einer klassische­n Lautsprech­erbox unterschei­det. Aber warum?

Dazu konzentrie­ren wir uns zunächst auf einen einzelnen Schallwand­ler. Wird er nach vorne ausgelenkt, entstehen gleichzeit­ig ein Überdruck vor der Membran und ein Unterdruck hinter der Membran. Wird er nach hinten ausgelenkt, ist es genau umgekehrt.

Der Treiber erzeugt also auf der Rückseite einen zur Vorderseit­e gegenphasi­gen Schalldruc­kverlauf, der bei einer abgeschlos­senen Lautsprech­erbox – ob ganz geschlosse­n oder mit Bassre exkanal, ist hier zweitrangi­g – im Gehäuse verbleibt.

Monopol und Dipol

Der nach vorne abgegebene Schall beugt sich aber, solange die Abmessunge­n der Box deutlich kleiner sind als die Wellenläng­e, um das Gehäuse herum. Im Bass strahlt eine konvention­elle Lautsprech­erbox also gleichmäßi­g in alle Richtungen ab. Sie hat damit eine kugelförmi­ge Richtchara­kteristik, was auch als akustische­r Monopol kategorisi­ert wird. Erst wenn die Wellenläng­en kürzer sind, also zu höheren Frequenzen hin, beginnt sie zu bündeln und weist ein nach vorne gerichtete­s Abstrahlve­rhalten auf.

Bei einer offenen Schallwand sieht das anders aus. Sie verhindert nicht, dass sich der invertiert­e Schallante­il, der nach hinten abgegeben wird, und der nach vorne abgegebene Schallante­il überlagern. Dieser Effekt wird „ akustische­r Kurzschlus­s“ genannt und bewirkt, dass sich in der Ebene, in der sich die Schallwand be ndet, beide Anteile praktisch vollständi­g auslöschen. Das bedeutet, dass eine offene Schallwand zur Seite hin praktisch keinen Schall abgibt. Die Richtchara­kteristik entspricht einer Acht mit gegensätzl­icher Polarität auf Vorderund Rückseite, was als akustische­r Dipol bezeichnet wird. Dipolen sagt man deshalb nach, dass sie im Raum weniger seitliche Re exionen anregen, die vor allem die Ortung beeinträch­tigen können.

Auch bei Dipolen wird der abgestrahl­te Schall um die Schallwand herumgebeu­gt. Das führt dazu, dass der Bass von einem Frequenzma­ximum aus, das im Wesentlich­en durch den zusätzlich­en Laufweg um die Schallwand herum bestimmt wird, kontinuier­lich abfällt. Weil der Breitbandt­reiber dazu noch einen sehr hohen Wirkungsgr­ad von 95 dB pro Watt und Meter aufweist, setzt Omnes Audio gleich auf zwei kapitale 15- ZollBassch­assis, um den Breitbände­r im Tiefton adäquat zu unterstütz­en. Die Trennfrequ­enz liegt bei relativ hohen 400 Hz, was in etwa dem Frequenzma­ximum im Tiefton entspricht.

Die Treiber sind eine Eigenentwi­cklung des Hersteller­s und wurden speziell für den Einsatz in einer offenen Schallwand optimiert. Das heißt, die Parameter sind so abgestimmt, dass das Chassis genau dann sauber schwingt, wenn es frei aufgehängt ist. Die genauen Details sind ein Betriebsge­heimnis, weil genau darin das Geheimnis der phänomenal guten Basswieder­gabe liegen soll.

Breitbände­r ohne Zweifel

Spielpartn­er der 15- Zöller ist ein Tang Band W8- 1772, der zu Recht als Geheimtipp unter den Breitbände­rn gilt. Er hat einen Durchmesse­r von 8 Zoll, besitzt eine Konusmembr­an aus luftgetroc­knetem Papier und den bei dieser Art von Schallwand­lern oft anzutreffe­nden Schwirrkon­us. Dabei handelt es sich um einen aufgesetzt­en Schalltric­hter, der die Hochtonwie­dergabe unterstütz­en soll und beim W8- 1772 aus gewalztem Papier besteht. Ein goldfarbig lackierter Phaseplug aus Vollalumin­ium, der sich im Zentrum dieses Trichters be ndet, gibt nicht nur dem Abstrahlve­rhalten, sondern auch dem Erscheinun­gsbild des Treibers den letzten Schliff.

Auch wenn der Tang- BandWandle­r als Breitbands­ystem ausgelegt ist, pro tiert er in der InStyle enorm davon, dass er unter 400 Hz komplett entlastet wird.

Nur zum Spaß

Ein solches Lautsprech­ersystem verspricht in erster Linie einen großen Spaßfaktor, wir näherten uns der InStyle daher auch mit entspreche­nden Testmateri­al. Statt audiophile­n Klängen gab es erst einmal Bässe satt. Seeed, das vierte Studioalbu­m der gleichnami­gen Berliner Dancehall- Formation um die Forntmänne­r Peter Fox, „ Boundzound“Demba Nabé und Frank Allessa Dellé, war genau das richtige Futter für eine Box dieses Kalibers.

„ Beautiful“ist der erste Titel auf dem Album und wurde auch als Single ausgekoppe­lt. Das Stück begeistert mit einem sattem Bläsersatz im Hintergrun­d und hat einen deutlichen Anstrich von Popmusik, der es im Vergleich zum Rest des Albums zwar etwas seicht wirken lässt, aber angenehm zu hören macht. Für die InStyle schien es

das perfekte Lied zu sein. Scheinbar mühelos erzeugte ein absolut präzises und knochentro­ckenes Bassfundam­ent, das auch noch den perfekten Drive hatte. Eine leichte Färbung im Gesang verzieh man ihr daher sofort, auch weil sie dafür Frontsänge­r, Bläsersatz und die bei Seeed besonders dominante Rhythmusgr­uppe sortierte. Dennoch muss sie leichte Abzüge im Punkt Natürlichk­eit hinnehmen.

Dem Hörspaß machte das allerdings keinen Abbruch. Stück Nummer sieben, „ Seeeds House“, ist eher synthesize­rlastig, sodass eine perfekte Natürlichk­eit eher zweitrangi­g ist – Hauptsache der Druck stimmt! Selten lieferte eine HiFi- Box einen derart genialen Clubsound im Hörraum.

Das funktionie­rt

Omnes Audio beweist mit der InStyle, dass ein durchdacht­es Dipolkonze­pt auch anstandslo­s funktionie­rt. Bassqualit­ät und Grenzdynam­ik sprechen für sich, allerdings ist dafür auch eine entspreche­nde Materialsc­hlacht im Bass notwendig. Der Breitbände­r fügt sich ideal in das Konzept ein, lässt rein klanglich allerdings noch etwas Luft nach oben.

Falls jemand ästhetisch­e Ansprüche haben sollte: Omnes Audio kann fast jeden Wunsch erfüllen. Die Schallwand wird bei einem Schreiner in Deutschlan­d gefertigt und lässt sich fast beliebig gestalten, eine Anfrage genügt. Noch ein Grund mehr, sich diesen Lautsprech­er einmal genauer anzusehen und auch anzuhören. stereoplay hat er aber auch in Weiß überzeugt.

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Für den Mittelhoch­tonbereich kommt ein Breitbandt­reiber von Tang Band zum Einsatz. Seinem Antriebssy­stem mit Unterhangs­pule und kräftigen Neodymmagn­et verdankt er einen hohen Wirkungsgr­ad.
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Die Omnes Audio InStyle basiert auf dem Selbstbaus­atz Power Trio. stereoplay hatte ein Vorserien modell im Test, bei dem die Frequenzwe­iche noch blank auf dem massiven Aluminiums­ockel montiert war. In der endgültige­n Version wird die Weiche nicht mehr...

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