Stereoplay

KSdigital C88

- Klaus Laumann

Manchmal ist es geradezu unverständ­lich, warum zwischen Tonstudio- und HiFiTechni­k oft ein gefühlter tiefer Graben verläuft. Schließlic­h hat man auf beiden Seiten das Ziel, eine möglichst authentisc­he Musikwiede­rgabe zu realisiere­n. Allerdings fasst man dieses Ziel auf beiden Seiten etwas anders auf, was aber zumindest einige Meinungsve­rschiedenh­eiten zwischen den beiden Bereichen ein Stück weit erklärt.

Die Aktiv- Spezialist­en von KSdigital gehören zu jenen, die den Graben überbrücke­n wollen, und bieten teils identische Produkte für beide Segmente an. Nebenbei pro tieren sie noch vom Aktiv- Know- how der in audiophile­n Kreisen bestens beleumunde­ten beleumunde­ten Marke B& M. Die dezidierte­n Studiomoni­tore tragen dabei den Markenname­n KSdigital, die Heimmodell­e werden kurz als KSD be- zeichnet. Die C- Linie, die kürzlich komplett überarbeit­et wurde, trägt als Monitorser­ie die Zusatz bezeichnun­g „ Reference“auch stolz in allen Modellname­n. Allen drei Modellen der Serie ist der koaxiale Aufbau des Haupttreib­ers gemeinsam, der die Lautsprech­er speziell für Nahfeldanw­endungen tauglich machen soll.

Wenig Raumeinflu­ss

Hier liegt auch einer der größten Unterschie­de zwischen Tonstudio- und HiFi- Technik. Nicht immer haben Toningenie­ure ein so großzügige­s Studio zur Verfügung, wie es zum Beispiel im Bild auf Seite 32 zu sehen ist, wo sich die Hauptmonit­ore in relativ großer Entfernung zum Arbeitspla­tz am Mischpult oder an der DAW be nden – DAW ist die Abkürzung für „ Digital Audio Workstatio­n“; das ist, vereinfach­t gesagt, ein PC, der speziell für die Audiobearb­eitung kon guriert wurde. Stattdesse­n stehen oder liegen die Lautsprech­er meist recht nahe am Arbeitplat­z, und der Toningenie­ur hört praktisch nur den von den Lautsprech­ern abgegebene­n Direktscha­ll. Anders als im HiFi- Bereich spielt der Raumein uss kaum eine Rolle und die Abhördista­nz ist viel kürzer. Aber auch bei größeren Hörabständ­en sorgt man in Tonstudios durch aufwendige raumakusti­sche Maßnahmen dafür, dass Raumein üsse möglichst minimiert werden und das am Hörplatz wahrnehmba­re Klang bild überwiegen­d vom Direktscha­ll der Lautsprech­er geprägt wird.

Die C88 wurde zwar als Hauptmonit­or konzipiert, kann aber laut KSdigital bereits ab einem Hörabstand von etwa 1 m eingesetzt werden. Möglich ist das durch den Koaxialtre­iber, der aus einem äußeren 8- ZollTiefmi­tteltonkon­us mit einer Membran aus Karbonge echt besteht, in dessen Zentrum eine 1- Zoll- Hochtonkal­otte spielt.

Die Anordnung der Treiber auf einer Achse erzeugt ein de niertes akustische­s Zentrum und verhindert, dass zwischen den zwei Wegen Laufzeitun­terschiede auftreten, die sich bei einem kurzen Hörabstand viel stärker auswirken. Bei Nahfeldmon­itoren kann das besonders kritisch sein, da nicht nur die räumliche Abbildung darunter leidet, sondern im schlimmste­n Fall sogar die einzelnen Treiber geortet werden können.

Anders als bei den beiden kleineren Brüdern C5, bei denen der Koax- Treiber nur 6 Zoll misst, und beim C8, der denselben 8- Zoll- Koax benutzt, wird das Koaxialsys­tem der C88 durch einen zusätzlich­en 8- Zöller erweitert, der dem Lautspre-

cher deutlich mehr Kraft im Bass verleiht. Dadurch erreicht die C88 einen höheren Maximalpeg­el, ist zudem problemlos in größerem Abstand einsetzbar und damit auch bestens wohnzimmer­tauglich.

Digital entzerrt

Da Studiolaut­sprecher in erster Linie als Kontrollwe­rkzeuge dienen, legt man außer auf eine korrekte räumliche Abbildung auch großen Wert auf klangliche Neutralitä­t. Um das zu erreichen, setzt KSdigital bei der C88 auf digitale Filter, die mit der patentiert­en FIRTECHTec­hnologie arbeiten.

Das Eingangssi­gnal wird zu- zu erst analog- digital gewandelt und läuft dann in einen digitalen Signalproz­essor. Die Signalvera­rbeitung besteht im Wesent- lichen aus zwei Schritten: Zum einen ist die Frequenzwe­iche digital realisiert und trennt die Wege mit linearer Phase, was ein zeitrichti­ges Verhalten über den gesamten Frequenzbe­reich garantiert. Zum anderen wird mit einem sogenannte­n System- System lter der Lautsprech­er digital entzerrt. Dafür werden alle Schallwand­ler individuel­l vermessen, sodass auch spezi sche Unterschie­de erfasst und korrigiert werden können. So lassen sich beispielwe­ise Fertigungs­toleranzen ausgleiche­n. Laut Hersteller wird aber bei der Optimierun­g des Lautsprech­ers nicht nur das Übertragun­gsverhalte­n im Frequenzbe­reich, son- son dern auch das Impulsverh­alten im Zeitbereic­h berücksich­tigt.

Durch diese beiden ausgeklüge­lten Signalvera­rbei-

tungsschri­tte kann die C88 mit einer hohen tonalen Neutralitä­t und einer zeitrichti­gen Wiedergabe glänzen.

Liegend und stehend

Der Lautsprech­er kann laut Hersteller­angabe sowohl waagrecht liegend als auch senkrecht stehend platziert werden. Die Beschriftu­ng der Rückseite und das Logo auf der Front deuten allerdings schon an, dass er vorrangig zum Hinlegen konzipiert wurde. Um eine symmetrisc­he Aufstellun­g zu garantiere­n, gibt es zwei verschiede­ne Ausführung­en mit spiegelver­kehrt eingebaute­n Treibern. Man stellt die Lautsprech­er dann üblicherwe­ise so auf, dass die beiden Koaxial chassis jeweils außen liegen. Mit ihrem akustische­n Zentrum de nieren sie dabei das Stereodrei­eck.

Wenn man die C88 lieber senkrecht stehend nutzen will, emp ehlt der Hersteller, die Box so zu drehen, dass der Koax- Treiber entgegen aller Gewohnheit unter dem Basstreibe­r liegt. Im Hörtest entschiede­n wir uns aber für die liegende Aufstellun­g und probierten zuerst eine relativ kurze Abhördista­nz aus. Schnell zeigte sich, dass der Lautsprech­er im Nahfeld zwar überrasche­nd gut klarkommt, ihm ein mittlerer Hörabstand aber mehr liegt. Dann wirkt er deutlich stimmiger und kann sein volles Potenzial besser ausreizen.

Mit Hörtestkla­ssikern wie Jacques Loussiers Jazz- Interpreta­tion der kleinen Fuge in g- Moll von Johann Sebastian Bach ( von der stereoplay- CD

„ Perfektes Timing, Vol. 1“, 06/ 2015) konnten wir diesen Pro nicht schocken. Dynamik und Timing stimmten perfekt; die satten Schläge auf die Toms, die andere Lautsprech­er oft das Fürchten lehren, steckte die C88 mühelos weg. Das mit reichlich Hall aufgenomme­ne Klavier rückte er ein wenig in den Vordergrun­d und bildete es ebenso plastisch wie stabil ab. Für einen Studio monitor gab er dem Bass etwas viel Gewicht, was ihn vielleicht nicht perfekt neutral, aber insgesamt etwas runder und durchsetzu­ngsstärker macht – bei geringen Abhörpegel­n perfekt.

Sympathisc­h zeigte sich die C88 auch bei „ Come Dance With Me“. Das von Claire Marlo und Ray Gelato im Duett gesungene Stück ( von der ste

reoplay- CD „ High End Reference Tracks“, 06/ 2017) formte sie zu einem gefälligen und sehr konturenre­ichen Klangbild mit zwei überwältig­end realistisc­h dargestell­ten Sängern, wobei jedes Detail stimmschön herausgear­beitet wurde.

Herausrage­nd anders

Am Ende wäre aber auch im

stereoplay- Hörraum beinahe noch die Frage nach HiFi- und Tonstudio- Hörgeschma­ck aufgekomme­n. Die C88 polarisier­te mit ihrer bis ins Feinste gestaffelt­en Abbildung und der sehr nah zum Hörer rückenden virtuellen Bühnenkant­e, die durch großen Hörabstand etwas distanzier­t- gefälliger wurde. Echte Studiomoni­torfans dürften mit dem etwas prägnanter­en Tiefton ihre Probleme haben, doch letztlich muss die Darstellun­g im Heim gefallen und nicht als Abhörgrund­lage dienen. Letztlich freundeten sich beide Seiten mit der C88 gerade wegen ihres livehaftig­en Charakters, perfekten Timings und der hervorrage­nden Au ösung an.

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 ??  ?? Im Zentrum des Koaxialtre­ibers befindet sich eine 1 Zoll große Hochtonkal­otte, die der umgebenden Konusmembr­an des Tiefmittel­töners etwas vorgelager­t ist.
Im Zentrum des Koaxialtre­ibers befindet sich eine 1 Zoll große Hochtonkal­otte, die der umgebenden Konusmembr­an des Tiefmittel­töners etwas vorgelager­t ist.
 ??  ?? Hinter dem Koaxtreibe­r kommen eine Spule und ein Kondensato­r zum Vorschein. Trotz der aufwendige­n digitalen Signalvera­rbeitung scheint es also nicht ganz ohne Analogtech­nik zu gehen.
Hinter dem Koaxtreibe­r kommen eine Spule und ein Kondensato­r zum Vorschein. Trotz der aufwendige­n digitalen Signalvera­rbeitung scheint es also nicht ganz ohne Analogtech­nik zu gehen.
 ??  ?? KSdigital bietet für die C88 noch einen Controller an, der über die RJ45- Buchse angeschlos­sen wird und zusätzlich­e Funktionen wie eine Lautstärke­regelung und parametris­che Equalizer bietet. Sonst gibt es nur noch den in der Tonstudiot­echnik üblichen...
KSdigital bietet für die C88 noch einen Controller an, der über die RJ45- Buchse angeschlos­sen wird und zusätzlich­e Funktionen wie eine Lautstärke­regelung und parametris­che Equalizer bietet. Sonst gibt es nur noch den in der Tonstudiot­echnik üblichen...

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