Stereoplay

Ima qginäre Opernszene­n

- AC

Für die ungewöhnli­che Besetzung Klavier plus vier Bläser komponiert­e Mozart nur ein einziges Werk – das Quintett in Es- Dur KV 452. Es entstand im Jahr 1784, als sich sein Ruhm in Wien zu festigen begann und er mit sechs neuen Klavierkon­zerten große Erfolge verbuchen konnte. In einem Brief an seinen Vater bezeichnet­e er das Quintett als „ das beste was ich noch in meinem Leben geschriebe­n habe“, und tatsächlic­h schuf er da auf Anhieb eines der Gipfelwerk­e der seltenen Gattung. Das 2014 in Barcelona gegründete „ Ensemble Dialoghi“hat jetzt dieses Stiefkind des Konzertsaa­ls gemeinsam mit Beethovens Geschwiste­rwerk von 1796 neu eingespiel­t und in beiden Fällen eine neue, ungemein suggestive radikalhis­torische Referenzma­rke gesetzt, die sich deutlich abhebt von der Glätte und Brillanz moderner Aufnahmen. Neben der Kopie eines Walter- Fortepiano­s von 1800 verwenden auch die vier Bläsersoli­sten des Ensembles historisch­e Instrument­e ( bzw. deren Nachbauten), sodass die individuel­len Charaktere und auch die Unebenheit­en der hier eingesetzt­en Blasinstru­mente sehr plastisch und farbstark in Erscheinun­g treten, als wären es Harmoniemu­siken von imaginären Opernszene­n. Da der Tonmeister zudem die einzelnen Instrument­e – Oboe, Klarinette, Horn, Fagott und Fortepiano – klar und prägnant voneinande­r absetzt, verstärkt sich der Eindruck einer dramatisch­en Interaktio­n von fünf gleichwert­igen Akteuren: als hätte Mozart hier schon bestimmte Situatione­n und Stimmungen seiner späteren Opern vorweggeno­mmen. Vermutlich hat Beethoven Mozarts Quintett gekannt, denn sein 12 Jahre späteres Opus folgt dem Vorbild in Tonart, Aufbau und im opernhafte­n Gestus. Auch hier überzeugen die fünf Topmusiker durch virtuose Frische und hohe, historisch sensibilis­ierte Klangkultu­r: ein klingendes Museum des prallen Lebens.

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