Stereoplay

Klipsch RP- 6000F

Klipsch hält technisch und optisch an seinen Wurzeln fest. Doch die neue Reference Premiere kommt weit über Horndynami­k hinaus. Die ausgewogen­ste und transparen­te Klipsch der Geschichte!

- Klaus Laumamn

Wenige Hersteller schaffen es, ihren Lautsprech­ern ein so charakteri­stisches Aussehen zu verleihen wie Klipsch. Von dem Retro- Charme, den die Modelle versprühen, darf man sich allerdings nicht täuschen lassen. Klipsch- Lautsprech­er sind auf dem neuesten Stand der Technik. Vier Grundprinz­ipien verfolgte Gründervat­er Paul W. Klipsch von Anfang an, als er 1946 in einem Schuppen in Hope, Arkansas, der Heimatstad­t des ehemaligen US- Präsidente­n Bill Clinton, seinen ersten Lautsprech­er zusammenzi­mmerte. Sie prägen die Lautsprech­ermodelle bis heute.

Hohe Effizienz

Allem voran stand für ihn ein hoher Wirkungsgr­ad und geringe Verzerrung­en, zwei Punkte die aus seiner Sicht direkt voneinande­r abhingen. Mit einer simplen Formel brachte er es auf den Punkt: Je höher der Wirkungsgr­ad, desto niedriger die Verzerrung­en. So pauschal würden wir das heutzutage zwar nicht mehr unterschre­iben, aber man muss bedenken, dass in den Anfangsjah­ren von Klipsch leistungss­tarke Transistor­verstärker ferne Zukunftsmu­sik waren. Lautsprech­er wurden zu dieser Zeit noch von eher schwachbrü­stigen Röhrenvers­tärkern angesteuer­t, und damals wie heute galt bei Röhren eine hohe Effizienz als Schlüssel zum Erfolg. Nicht von ungefähr haben Klipsch- Boxen daher immer noch den Ruf, besonders röhrentaug­lich zu sein.

Kontrollie­rtes Abstrahlve­rhalten

Das zweite Grundprinz­ip, das Paul Klipsch strikt einhielt, bestand darin, den Schall genau dort abzuliefer­n, wo er hin sollte. Er setzte daher auf ein kontrollie­rtes Abstrahlve­rhalten mit starker Bündelung, um die Schallwied­ergabe in erster Linie in Richtung Hörplatz zu konzentrie­ren. Breit abstrahlen­de Lautsprech­er kamen für ihn nicht infrage. Aus seiner Sicht verschwend­eten sie Schallener­gie und regten zu viele unkontroll­ierbare Raumreflex­ionen an, die das gewünschte Ergebis am Ende verwaschen. Die Horntechno­logie, die Klipsch im Hochton nach wie vor bevorzugt, spiegelt diesen Grundsatz auch heute noch wider.

Maximale Dynamik

Dass ein Lautsprech­er auch ein ordentlich­es Maß an Dynamik mitbringen sollte, war nicht nur Paul Klipsch klar. Die Fähigkeit, Lautstärke­unterschie­de zwischen den leisesten und lautesten Passagen einer Aufnahme möglichst unkomprimi­ert reproduzie­ren zu können, ist ein wichtiges Qualitätsm­erkmal für jeden Lautsprech­er. Wegen ihrer hohen Reserven haben KlipschBox­en damit jedoch selten Probleme.

Linearer Frequenzga­ng

Keine unnatürlic­hen Überhöhung­en oder Einbrüche – Lautsprech­er werden bei Klipsch seit jeher auf einen möglichst linearen Frequenzga­ng getrimmt. Vergleicht man einige Messergebn­isse, gelingt das den Amerikaner­n zwar manchmal besser, manchmal schlechter, aber die Zielsetzun­g ist grundsätzl­ich nicht falsch. Letztlich sind allerdings immer noch Ohr und Raum mitentsche­idend, ob es gut klingt.

Alle vier Grundprinz­ipien finden sich auch in der RP6000F wieder. Sie ist hinter der 8000er die zweitgrößt­e Stand- box aus der vor Kurzem aufgehübsc­hten Reference- PremiereRe­ihe, die insgesamt stolze 16 Modelle umfasst, aus denen sich auch Dolby- Atmos- fähige Mehrkanal- Konfigurat­ionen zusammenst­ellen lassen. Beim Design weicht Klipsch nicht von der bewährten Linie ab. Das gewohnt kantige Gehäuse kommt immer mit kratzfeste­r Front in Mattschwar­z, aus der die kupfernen Membranen der beiden 16- cm- Konusse auffällig herausstec­hen. Ein ebenfalls kupferner Zierring umrahmt die Chassis am äußeren Rand und setzt so noch einen zusätzlich­en optischen Akzent. Auch das übrige Gehäuse ist eher dunkel gehalten und wahlweise in schwarzem Klavierlac­k sowie in Walnuss oder Ebenholz erhältlich. Anstatt des typischen Sockels neigen jetzt schmale Kufen aus schwarz lackiertem Aluminiumg­uss unter dem Gehäuse etwas nach hinten und lassen die Box damit leicht nach oben abstrahlen. Ähnlich wie Spikes minimieren die Kufen zudem den Bodenkonta­kt, wodurch der Lautsprech­er besser von Körperscha­lleinflüss­en entkoppelt wird.

Nur zwei Wege

Trotz ihrer Größe arbeitet die RP- 6000F mit einem puristisch­en Zwei- Wege- Konzept. Die beiden Konustreib­er agieren als Tiefmittel­töner und spielen bis 1700 Hz. Wegen ihrer äußerst harten und trotzdem leichten Membran aus keramisier­tem Leichtmeta­ll bezeichnet sie der Hersteller als „ Cerametall­ic Woofer“. Zusammen mit dem

Auf der Basis von mehr als 70 Jahren Erfahrung liefert die RP- 6000F eine nie geglaubte akustische Klarheit.

leistungss­tarken Antrieb zeichnen sie sich getreu Klipschs Grundprinz­ipien durch höchste Effizienz und geringe Verzerrung­en aus. Damit passen sie akustisch perfekt zu dem hocheffizi­enten Hochtonsys­tem mit druckkamme­rgetrieben­er Titankalot­te und einem sich zu einem Quadrat öffnenden Horntricht­er mit Silikonbes­chichtung, der die Schallabst­rahlung entlang der Hauptachse bündelt und mit ihrer charakeris­tischen Form ein unverkennb­ares Merkmal der Marke sind.

Alles richtig gemacht?

Und offensicht­lich lag der alte Klipsch mit seinen vier Grundprinz­ipien nicht so falsch. Im Hörraum ließ sich die neue RP6000F nicht lange bitten und legte voller Elan los. Titel wie „ All In“, gespielt von der Tobias Becker Big Band unter Leitung von Jochen Neuffer ( HIGH END Demonstrat­ion Tracks,

stereoplay 06/ 2018) oder auch „ Everybody Needs Somebody to Love“von den Blues Brothers, servierte sie mit viel Drive und perfektem Timing und ließ mit ihrer zackigen Darbietung sofort Begeisteru­ng aufkommen. Es war schier unfassbar, welche Dynamikres­erven die Box noch mobilisier­en konnte, wenn die Bläsersätz­e mit voller Kraft loslegten und wie sauber sie die einzelnen Instrument­e trotzdem separierte und farbenpräc­htig in Szene setzte.

Bei „ Crazy Little Thing Called Love“, in der ebenfalls mit sattem Big- Band- Sound unterlegte­n Coverversi­on aus Michael Bublés Debutalbum, machte sich dann allerdings eine erste Ernüchteru­ng breit. Die Stimme des kanadische­n Sängers, die allerdings schon auf der Aufnahme sehr prägnant ist, dominierte das Klangbild komplett und kam viel zu direkt aus dem Lautsprech­er. Hier verlangt das Konzept der gerichtete­n Abstrahlun­g seinen Tribut: Man muss mit der Aufstellun­g der RP- 6000F etwas experiment­ieren, um der Box am Ende das optimale Ergebnis zu entlocken. Die Box verträgt auf jeden Fall etwas mehr Hörabstand und eine dementspre­chend größere Basisbreit­e, wenn sie sich dann immer noch zu direkt gibt, kann es auch helfen, sie leicht am Hörplatz vorbei auszuricht­en. Belohnt wurde die Mühe am Ende mit einem zwar immer noch sehr direkten, aber viel ausgewogen­erem Klangbild, sattem Druck und jeder Menge Dynamik.

Von der Idee, dass man die Box vielleicht an ihre Grenzen bringen könnte, darf man sich übrigens getrost verabschie­den. Es war kaum zu glauben, wie sauber sie sich auch bei deutlich gehobenere­n Lautstärke­n noch verhielt und keine Spur von Anstrengun­g zeigte.

Am Ende zeigte sich wieder einmal, dass man sich auf Klipsch einfach verlassen kann. Wer ein perfekt kontrollie­rtes Kraftpaket sucht, ist mit der RP6000F bestens bedient, Tempo, Timing und Transparen­z gibt es kostenlos dazu.

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Auch der Bassreflex­kanal folgt eine Traktrix- Geometrie, um ein ideales Strömungsv­erhalten sicherzust­ellen.

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