New Horizon GD 2
Der Preis ist wahrlich heiß bei diesem Newcomer auf dem Vinylspieler- Markt. Und heiß war sicher auch den Firmengründern, als sie beschlossen, eigene Laufwerke zu entwickeln. Doch das Ergebnis gibt ihnen Recht.
Es gehört schon Risikofreude dazu, im Jahr 2016 eine Firma zu gründen, die ausschließlich Plattenspieler baut. Die beiden Italiener Francesco Mattioli und Alberto Sabatini wagten diesen Schritt und starten nun mit ihren drei Laufwerken auch auf dem deutschen Markt – Frank Urban vom Vertrieb AUDIUM in Berlin sei Dank. Die Preise sind überraschend erfreulich: Das Einstei- germodell GD 1 kostet 400 Euro, das mittlere und Testmodell GD 2 ist für 700 Euro und das Spitzenmodell GD3 für 1500 Euro zu haben. Und trotz der moderaten Preisgestaltung werden alle drei Modelle in Italien gefertigt...
Nun ja, bei genauerer Betrachtung sieht man unschwer, dass nicht alle Teile der GDPlattenspieler Eigenentwicklungen sind. Die Arme stammen von Pro- Ject. Hier denkt man sich: Warum aufwendig neu entwickeln, wenn man auf gute und sehr gute Qualität zurückgreifen kann? Verständlich und vernünftig. Je nach Modell trägt die Zarge einen anderen Arm. Beim GD 2 ist es ein 8,6- ZollCarbon- Arm. Er ist klassisch kardanisch gelagert, hat einen Armlift und eine Pro- Ject- typische Antiskating- Einrichtung mit einem an einem Faden hän- genden Gewicht. Der Arm lässt sich über Unterlegscheiben in der Höhe verstellen. Diese GD Carbon Spacer sind separat erhältlich ( 60 Euro) und ermöglichen ein „ Aufbocken“des Arms um bis zu sechs Millimeter. Ein Tonabnehmer gehört nicht zum Lieferumfang. Hier kann man aber problemlos so ziemlich alles reinschrauben, was einem in die Finger kommt. Zumindest bis zu einer preis
lichen Vernunft- Obergrenze, die wir nach Ausprobieren erstmal etwa bei 240 Euro festmachen würden, so viel ( oder so wenig) kostet nämlich das Audio Technica VM540ML.
Interessanter ist natürlich das Laufwerk selbst. Hier setzen die Entwickler auf ein zweilagiges Chassis aus MDF. Die beiden Ebenen sind durch ein dämpfendes Material voneinander entkoppelt. Die untere Ebene trägt den Motor und das Tellerlager, die obere den Arm. Das Lager ist übrigens invertierter Bauart. Das bedeutet, dass der Lagerdorn in der Zar- ge sitzt und nicht im Teller. Angetrieben wird der Teller über einen dünnen Rundriemen, der in einer Nut außen auf dem Teller Halt findet. Der Synchronmotor bezieht seine Energie von einem Steckernetzteil.
Schön durchsichtig
Der Teller besteht aus Polymethylmethacrylat ( PMMA), auch als Acrylglas bekannt. Dieser Kunststoff besitzt gute Dämpfungseigenschaften, die dazu führen, dass man immer wieder auf Plattenspieler trifft, deren Teller ( und auch andere Bestandteile) aus Acryl bestehen. Auf eine Auflagematte verzichten die Entwickler, was gerade auch der Optik etwas Leichtigkeit verleiht. Zum Lieferumfang gehört eine Staubschutzhaube, was insbesondere bei einem schwarzen Plattenspieler sinnvoll ist, der sonst jedes Staubkorn präsentiert.
Es gibt einige Tuning- Optionen für den GD 2 ( siehe Kasten), der erste Schritt zum Klang ist aber der Einbau eines Tonabnehmers. Wir haben drei ausprobiert: das Rega Carbon, ein tolles Einsteigersystem zum Spitzenpreis, ein Audio Technica VM540ML und ein Denon DL103R. Während das Rega eine gute Wahl ist, wenn man ( erstmal?) nicht mehr ausgeben möchte, konnte uns die Kombination mit dem DL103R nicht so recht überzeugen. Das wollte nicht harmonisch klingen. Wir blieben daher beim Audio Technica, das auch preislich gut zum New Horizon passt.
Das VM540ML hat einen Diamant mit MicroLine- Schliff, was angesichts des Preises schon bemerkenswert ist. Der Nadelträger ist aus Aluminium, das Gehäuse aus resonanzarmem Polymer.
Some People Ruin Their Drinks With Ice
Im Hörraum merkten wir schnell, dass sich der GD 2 im Bass etwas zurückhält. Hier fehlt es ihm sicherlich an Masse, um mit größeren, sprich schwereren Laufwerken wie dem AVM- Plattenspieler ( siehe Seite 32) mithalten zu können. Das muss aber kein Nachteil sein, denn erstens hat nicht jeder bassstarke Standboxen zu Hause stehen, und zweitens ist das
auch eine Frage der klanglichen Vorliebe. Auch ist der New Horizon GD 2 kein Dynamikwunder, das will und muss er aber auch nicht sein. Seine Stärke ist klar die homogene, angenehme und doch lebendige und detailreiche Wiedergabe von Musik jeder Richtung. Mit dem Audio Technica in der Headshell, was übrigens auch von der Bauhöhe sehr gut passt, und angeschlossen an die tolle Musi cal- Fidelity- Phonovorstufe MX VYNL, entfaltete er Charme und Vorzüge einer Schallplatte ohne Wenn und Aber.
Die Darbietung war sehr homogen und dabei doch druckvoll. Dass die Kombination manche Spitze einer Stimme oder einer Gitarre ein wenig kappt, dürfte den meisten Hörern entgegenkommen. Lou Reeds „ The Power Of Positive Drinking“zeigte dann auch noch die rhythmischen Fähigkeiten des GD 2 auf, kombiniert mit einem feinen Gespür für Klangdetails. Wer auf den letzten Bassdruck verzichten kann und einen bezahlbaren, attraktiven, unkomplizierten und sehr gut klingenden Plattenspieler sucht, der sollte sich den New Horizon GD 2 unbedingt anhören. Und ein bisschen mehr geht dann dank Tuning später immer noch.