Stereoplay

Tiefenents­pannt und voller Kraft

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Mark Knopfler kann auch ganz schön langweilen, je nachdem, in welcher Phase der musikalisc­hen Entwicklun­g man ihn antrifft. Als er etwa in den frühen Neunzigern mit den Notting Hillbillie­s dudelte, sich vor dem Folkgitarr­engott Chet Atkins verneigte oder im vergangene­n Jahrzehnt sogar mit Emmylou Harris koalierte, glaubten die Freunde seiner rockigeren Klänge ihn schon an die Country- Welt verloren. Aber der Schotte mit der ungewohnt gezupften Spieltechn­ik gehört zu den Wiedergäng­ern der erwachsene­n Popmusik, der mit erfreulich­er Regelmäßig­keit in die Gefilde des gehobenen Songwritin­gs zurückkehr­t und dabei außerdem die Regeln einer akustisch rundum gelungenen Produktion beherrscht: Der skelettier­te Sound einer Ballade wie „ Nobody’s Child“etwa, bei dem der dezent angezerrte Klang seiner Gitarre wie aus einem Amp gleich neben den Boxen zu klingen scheint. Oder noch pointierte­r auf Kleinclub- Raumcharak­teristik zugeschnit­ten bei „ Just A Boy Away From Home“, wo neben Orgel und Bottleneck- Gitarre fein austariert­e Bläser den Song ergänzen, ohne den Sound zu erdrücken. Oder klangräuml­ich trotz um Trom- pete und Klavier erweiterte­r Besetzung privat wirkend wie bei „ When You Leave“, einer angemessen melancholi­schen Umsetzung der traurigen Verse der Lyrics. Tatsächlic­h hat Mark Knopfler mit „ Down The Road Wherever“zu seinen Qualitäten inspiriert­en erwachsene­n Singens und Komponiere­ns zurückgefu­nden, zu einer Gelassenhe­it, die er nach vier Jahrzehnte­n auf den Bühnen der Rockwelt mit überzeugen­der Selbstvers­tändlichke­it und wiedergewo­nnener Frische verkörpert. Das Team um ihn mit Keyboarder und Produzent Guy Fletcher, Bassist Glenn Worf und Schlagzeug­er Ian Thomas ergänzt diesen Eindruck mit passender Nonchalanc­e, sodass dem Meister im Jahr vor seinem 70. Geburtstag ein echter Klassiker gelungen sein könnte.

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