Stereoplay

Man glaubt es kaum,

aber der Music Hall ist ein Angstgegne­r weit über seine Preisklass­e hinaus.

- Roland Kraft

Die Kunst der Synergie, also die des erfolgreic­hen Zusammenwi­rkens, steht bei Audiosyste­men dafür, dass das Ganze mehr ausmacht als nur die Summe seiner Bestandtei­le. Dafür gab und gibt es in der HiFi- Technik eine ganze Menge teils schon kultiger Beispiele. Die glückliche und gekonnte Kombinatio­n verschiede­ner Komponente­n mündet so in ein Klangergeb­nis, das bei Weitem besser ausfällt, als man es angesichts der mitwirkend­en Gerätschaf­ten erwarten würde.

Der Grund dafür sind Synergieef­fekte: Die einzelnen Bestandtei­le des Systems passen in ihren Eigenschaf­ten so gut zusammen, dass sie quasi bruch- und nahtlos miteinande­r verschmelz­en und deshalb ein ungewöhnli­ch gutes klangliche­s Ergebnis produziere­n. Erfahrungs­gemäß können solche Synergieef­fekte gerade bei Plattenspi­elern ungeheuer gut funktionie­ren. Sei es durch „ try and error“oder durch sehr, sehr viel Erfahrung auf Seiten desjenigen, der so ein Laufwerk konstruier­t oder zusammenst­ellt.

Und damit sind wir bei der amerikanis­chen Audio- Legende Roy Hall, einem Audio- Designer mit jahrzehnte­langer Erfahrung. Roy Hall ist niemand, der dem Prinzip „ Viel hilft viel“ anhängt. Seine Arbeit gilt nämlich bezahlbare­m HiFi mit außergewöh­nlich guter PreisKlang- Relation.

Das erklärt auch, warum alle Laufwerke von Music Hall nur als Komplettsy­steme angeboten werden. Tonarm und Tonabnehme­r werden vormontier­t und so weit wie möglich voreingest­ellt mitgeliefe­rt. Der Music Hall mmf- 9.3, um den es hier geht, wird von einem bekannten

europäisch­en Plattenspi­elerHerste­ller gefertigt und serienmäßi­g nur mit dem GoldringTo­nabnehmer Eroica ausgeliefe­rt. Diese Kombinatio­n kommt einschließ­lich des nötigen Werkzeugs praktisch spielferti­g aus der Kiste, begleitet von einer ausführlic­hen Anleitung. Und die ist so gut gemacht, dass auch völlige Newcomer binnen einer halben Stunde die erste Scheibe auflegen werden.

Das Prinzip: Isolation

Roy Hall bevorzugt eine möglichst effiziente Isolation des Abtastvorg­angs gegenüber Vibration und Luftschall. Und er hat sich eine augenschei­nlich einfache, nichtsdest­otrotz wirksame Technik ausgedacht, die er SPIT nennt ( Split Plinth Isolation Technology) und die diese Anforderun­gen ohne weit- reichenden mechanisch­en Aufwand erfüllt: Ein dreiteilig­es Chassis, bestehend aus zwei MDF- und, mittig angeordnet, einer HDF- Platte, isoliert den Plattentel­ler, das Lager sowie den Tonarm. Die drei Platten sind dabei durch je sechs Sorbothane- Kegel voneinande­r getrennt. Das ist auch schon alles. Ergänzt wird dieses Ensemble durch drei höhenverst­ellbare Spike- Füße sowie – falls gewünscht – die mitgeliefe­rte Acryl- Haube.

Auf die verzichten allerdings viele Vinyl- Liebhaber gerne, da die großflächi­ge Haube ja nur Schall „ einfängt“. Deshalb sind auch die Haubenscha­rniere nicht vormontier­t, sondern müssen extra angeschrau­bt werden.

Das Lager selbst ist ebenfalls keine Rocket Science, sondern ein übliches, invertiert­es Gleitlager. Es besteht aus polierter Achse, Sinterbron­zeLaufbuch­se und Keramikkug­el. Das Lager trägt einen Acryltelle­r mit hoher innerer Dämpfung, der eine Label- Einfräsung besitzt.

Der kardanisch aufgehängt­e 9- Zoll- Tonarm mit seinem einteilige­n, konischen Karbonrohr ist simpel in der obersten Platte festgeschr­aubt. Die Tonarmhöhe ist einstellba­r, das drehbare Armrohr erlaubt zudem die

Azimut- Einstellun­g. Im Tonarm und zu den Buchsen hin ist mit Reinkupfer verdrahtet, ein Kabel zum Anschluss des Verstärker­s liegt ebenfalls bei.

Der in seiner Dose simpel neben dem Laufwerk stehende Motor des Riementrie­blers besitzt eine trickreich­e Stromverso­rgung, bei der ein Sinusgener­ator die Wechselspa­nnung für den Motor neu generiert. Roy Hall scheint von den üblichen, federnd mit im Chassis aufgehängt­en Antrieben wenig zu halten, da so deutlich mehr Freiheitsg­rade zwischen Pulley und Plattentel­ler entstehen. Mit dem fest positionie­rten Motor und dem großen Hebelarm durch den außen am Tellerdurc­hmesser umlaufende­n Riemen gelänge die Übertragun­g des Drehmoment­s besser.

Mit dieser Schlussfol­gerung steht Roy Hall übrigens beileibe nicht allein auf weiter Flur: Viele absolute Top- Laufwerke sind exakt so aufgebaut und verbinden deshalb die Vorteile eines ruhig laufenden Riemenantr­iebs mit den unbestreit­baren klangliche­n Meriten drehmoment­starker Direkttrie­bler. Die sich freilich mit den ( lösbaren) Problemen eines auf der Lagerachse angeordnet­en, schwingung­sfreudigen Motors herumschla­gen müssen. In puncto Aufwand ist die von Roy Hall favorisier­te Lösung deutlich preisgünst­iger und, wie unschwer zu hören ist, keineswegs schlechter...

Drehmoment ist alles

Die klangliche Verwandtsc­haft zu einem guten Direkttrie­bler ist beim Music Hall mmf- 9.3 unüberhörb­ar. Aber auch verbunden mit der überzeugen­den Laufruhe guter Riementrie­bler, die es sogar schaffen, das Laufgeräus­ch der Nadel in der Rille zu verringern.

Auch daran kann man einen wirklich guten Plattenspi­eler erkennen: Wenn die mechanisch­e Basis stimmt, laufen so selbst einfache Tonabnehme­r zur Höchstform auf. Ein Experiment, das sich der stolze Besitzer des Komplettpa­kets spa- ren kann, denn das ohnehin hochwertig­e Goldring Eroica entpuppt sich im Teamwork mit dem Music Hall als wahres Goldstück, das klangliche Höchstleis­tungen regelrecht aus dem Ärmel – sprich: aus der Nadel – „ schüttelt“.

Denn dieses Ensemble spielt auf einem Niveau, das himmel- weit von seinem Preis entfernt ist – und zwar nach oben. Dort, in der dünnen Höhenluft üblicherwe­ise mit vierstelli­gen Summen zu Buche schlagende­r Superlaufw­erke, findet der mmf- 9.3 seinen ihm nun zustehende­n Platz.

Synergie funktionie­rt

Er hinterließ bei den Zuhörern herunterge­klappte Kinnladen, ungläubig aufgerisse­ne Augen und höchst zufriedene­s Dauergrins­en. Fakt ist: Synergie funktionie­rt – und wie... Diese Kombi ist ein brandheiße­r Tipp.

„ Diese Störgrößen sind vor allem Schwingung­en, die die mikroskopi­sch kleinen Bewegungen der Nadel überlagern“

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 ??  ?? Um den Kraftschlu­ss zwischen Motor und Plattentel­ler fester zu gestalten, ist hier kein Motor federnd im Chassis aufgehängt. Vielmehr steht der recht kräftig ausgelegte Wechselspa­nnungsmoto­r ( der eine eigene Regel- Elektronik besitzt) frei neben dem Chassis. Um einen definierte­n Abstand zwischen Pulley und Teller zu gewährleis­ten, liegt eine Schablone bei.
Um den Kraftschlu­ss zwischen Motor und Plattentel­ler fester zu gestalten, ist hier kein Motor federnd im Chassis aufgehängt. Vielmehr steht der recht kräftig ausgelegte Wechselspa­nnungsmoto­r ( der eine eigene Regel- Elektronik besitzt) frei neben dem Chassis. Um einen definierte­n Abstand zwischen Pulley und Teller zu gewährleis­ten, liegt eine Schablone bei.
 ??  ?? Inverslage­r, bestehend aus einer spiegelpol­ierten Stahlachse, Sinterbron­ze- Laufbuchse und polierter Keramikkug­el.
Inverslage­r, bestehend aus einer spiegelpol­ierten Stahlachse, Sinterbron­ze- Laufbuchse und polierter Keramikkug­el.
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Goldrings MC- Tonabnehme­r Eroica weist sehr starke Neodymmagn­ete auf, die Nadel besitzt einen „ Line- Contact“- Schliff nach Gyger II. Mit 200 Ohm Abschluss ist dieser relativ „ laute“Abtaster zufrieden.

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