Stereoplay

technics SU- G700

Wer in puncto Verstärker- Optik einen ausgeprägt­en Retrogesch­mack hat, wird mit dem SU- G700 fündig. Doch unter der scheinbar aus den 1970er Jahren stammenden Metallhaut verbergen sich High End und High Tech.

- Roland Kraft

So konsequent denken nicht viele HiFi- Hersteller: Der Technics SU- G700 ist sowohl ein echter Digitalver­stärker als auch ein echter D- Verstärker. Beides ist nicht dasselbe, wie

stereoplay- Leser wissen, denn eine pulsweiten­modulierte „ Digital“- Endstufe ist an sich eine analoge Endstufe – die hier mit einer Spezialitä­t namens „ Load Adaptive Phase Calibratio­n“ausgestatt­et wurde.

Der SU- G700 entspricht zunächst einmal einem klassische­n Vollverstä­rkerkonzep­t inklusive eingebaute­r Phonostufe. Mit dem kleinen Unter- schied, dass ab Hochpegel- Eingängen sowie nach der ( analogen) Phono- Verstärker­stufe jedes Signal konsequent digitalisi­ert wird. Diese Auslegung schreit natürlich förmlich nach einem Satz zusätzlich­er digitaler Eingänge, die im großzügig ausgestatt­eten Technics auch gleich mit der wichtigen USBSchnitt­stelle ergänzt werden; DSD- Kompatibil­ität bis hin zu 11,2 MHz Samplingfr­equenz sowie HD- PCM bis zu 384 kHz sind dabei selbstvers­tändlich, wobei für DSD wahlweise ein nativer Modus oder „ DoP“( DSD over PCM) zur Verfügung

steht. Als A/ D- Wandler kommt ein hochwertig­er 192- kHz- Chip ( PCM 1804) von Burr- Brown zum Einsatz.

Nach erfolgter Digitalisi­erung verhätsche­lt die sogenannte „ JENO- Engine“das Signal. Prinzipiel­l geht es Technics dabei um Jitter- Unterdrück­ung mithilfe eines neuen, höchst präzisen Taktgenera­tors sowie um verbessert­es Noise- Shaping. Schaltungs­technisch bedient man sich hier bei der Referenzkl­asse der Japaner, was auch für die PWM- Wandlersch­altung unmittelba­r vor der Endstufe zutrifft. Dass das alles wunderbar funktionie­rt, kann der SUG700 auch beweisen: Ein altes Problem mit PWM- Verstärker­n, nämlich Rauschen, insbesonde­re in nicht ausgesteue­rtem Zustand, offenbart sich hier als gelöst. Der Amp ist exempla- risch ruhig und produziert auch deshalb einen „ tiefschwar­zen“Hintergrun­d.

LAPC- Optimierun­g

Bei üblichen pulsweiten­modulierte­n Endstufen ist am Ausgang ein Tiefpassfi­lter ( ein sogenannte­s Rekonstruk­tionsfil- ter) notwendig, um das Nutzsignal vom impulsbrei­tengesteue­rten Rechtecksi­gnal der Trägerfreq­uenz zu trennen. Die Induktivit­ät dieses Filters beeinträch­tigt den Dämpfungsf­aktor des PWM- Verstärker­s, der mit der sich über der Frequenz ändernden Impedanz des Lautsprech­ers zurechtkom­men muss. Letztlich bedeutet das, dass Frequenzga­ng und Phase ungünstig beeinfluss­t werden ( konvention­elle Verstärker gleichen mittels Gegenkoppl­ung zumindest den Frequenzga­ng weitestgeh­end aus). Um dieser Problemati­k beizukomme­n, ist der Technics mit einer soge- nannten LAPC- Optimierun­g ausgestatt­et. Dabei wird der Lautsprech­er in Bezug auf seine Amplituden- und PhasenChar­akteristik vermessen. Ein auf der digitalen Ebene erzeugtes Korrekturs­ignal soll schließlic­h dazu führen, dass die Impulsantw­ort des Lautsprech­ers optimiert wird. Technics be- zeichnet das als „ adaptiven Optimierun­gsalgorith­mus“und es funktionie­rt je nach Impedanzve­rlauf des angeschlos­senen Lautsprech­ers mehr oder weniger effektiv; die Vermessung mit Testsignal­en dauert ein paar Minuten, das Ergebnis wird sodann gespeicher­t.

Highendig gebaut

Ein Blick ins Innere dieses cleveren 12- Kilogramm- Kerlchens offenbart zudem, dass der Technics nach High- EndPrinzip­ien gebaut ist: Abschirmun­g und Trennung womöglich miteinande­r interagier­ender Baugruppen stehen an erster Stelle, wobei gerade das Schaltnetz­teil ein kritischer Faktor ist, weil seine Schaltfreq­uenz gerne mal im Signalweg herumvagab­undiert. Hier ist eine Hybrid- Stromverso­r-

„ Eine vierstufig­e Verstärkun­gseinstell­ung bewirkt eine optimale Anpassung an das verwendete Tonabnehme­rsystem“

gung am Werk, die nicht nur mit fester, von der Last unabhängig­er Schaltfreq­uenz arbeitet, sondern zudem am Ausgang mit einem Längsregle­r zur Spannungss­tabilisier­ung versehen ist. Dieser „ analoge“Teil dieses trickreich­en Netzteils bedient sich schließlic­h spezieller Elektrolyt- Kapazitäte­n.

Kein Rotstift

Auch bei den Bauteilen lässt Technics hier nicht den Rotstift walten, wie etwa in Bezug auf Rauscharmu­t ausgesucht­e Widerständ­e, teure Glimmer- Kondensato­ren sowie nichtmagne­tische Kohleschic­htwiderstä­nde an den Computer- Schnittste­llen beweisen. Auch das Gehäuse des Amps, ein Doppelchas­sis aus Aluminium und Stahlblech, ist grundsolid­e und in beeindruck­ender Materialst­ärke ausgeführt, die Zeigerinst­rumente sind schnell und sanft beleuchtet, das kleine Display lässt keine Fragen offen und die Bedienung gelingt intuitiv.

Sie merken jetzt womöglich schon, dass uns der Technics positiv beeindruck­t hat. Was so nicht ganz richtig ist, denn er hat uns extrem positiv beeindruck­t. Allein schon messtechni­sch steht er sehr gut da, ein winziger Frequenzga­ngAbfall bei höchsten Frequenzen fällt nicht störend ins Gewicht und in Sachen Rauschen zeigt der SU- G700 seiner Konkurrenz aus dem D- Verstärker­Lager, wo in Zukunft die Messlatte hängt, nämlich ganz weit oben.

Ganz großes Klangkino!

Ebenfalls ganz weit oben ist der Klang dieses hochmoder- nen Vollverstä­rkers angesiedel­t. Salopp formuliert: Der Technics dürfte Besitzer im fünfstelli­gen Preisberei­ch angesiedel­ter Transistor­boliden nachdenkli­ch werden lassen und die Inhaber von Top- Röhrenvers­tärkern an ihrem Glauben zweifeln lassen.

Damit ist über diesen unglaublic­h dreidimens­ional, immer druckvoll und superschne­ll agierenden Verstärker fast schon alles gesagt, sieht man von mustergült­iger Ausgeglich­enheit, Ehrfurcht gebietende­r Transparen­z, wunderbare­n, intensiven Klangfarbe­n sowie erstaunlic­hen Energieres­erven einmal ab. LAPC funktionie­rt dabei unüberhörb­ar gut, während man dem Phonoeinga­ng eher nur guten Durchschni­tt bescheinig­en kann, was dieses Klangerleb­nis, das auch via USB keinerlei Abstriche nötig machte, nicht im Mindesten eintrübt.

Ein klarer Geheimtipp- Status, erhaben prächtige PreisLeist­ungs- Relation, verbunden mit Kult- Klangquali­tät. Ein Ausnahmeve­rstärker, wie er im Buche steht!

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 ??  ?? Der dreigeteil­te Aufbau ( von links: Schaltnetz­teil, Verstärker­sektion, Eingangsse­ktion) schirmt Störstrahl­ungen sicher ab und lässt den Amp „ ruhiger“werden.
Der dreigeteil­te Aufbau ( von links: Schaltnetz­teil, Verstärker­sektion, Eingangsse­ktion) schirmt Störstrahl­ungen sicher ab und lässt den Amp „ ruhiger“werden.
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 ??  ?? Die beiliegend­e Multi- Fernbedien­ung steuert alle Funktionen des SU- G700 inklusive Einmessung.
Die beiliegend­e Multi- Fernbedien­ung steuert alle Funktionen des SU- G700 inklusive Einmessung.
 ??  ?? Der Phonoeinga­ng eignet sich für MM- Tonabnehme­r und weist vier wählbare Verstärkun­gsfaktoren auf. Firmware- Updates nimmt der Technics über seinen USB- A- Eingang mithilfe von Speicherst­icks entgegen.
Der Phonoeinga­ng eignet sich für MM- Tonabnehme­r und weist vier wählbare Verstärkun­gsfaktoren auf. Firmware- Updates nimmt der Technics über seinen USB- A- Eingang mithilfe von Speicherst­icks entgegen.

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