acousticPlan Mantra
Als Mantra bezeichnet man den Klangkörper eines Verses, einer Silbe oder eines heiligen Wortes, dessen sprituelle Kraft sich durch repetitives Zitieren im Diesseits manifestieren soll. Aber klappt das auch bei einem Verstärker?
Wenn es den Prototypen für eine Ein- Mann- Manufaktur geben sollte, dann wäre Claus Jäckle das lebende Beispiel. In seiner 1996 gegründeten Firma „ AcousticPlan“baut und entwickelt der Chef komplett selbst. Angesichts einer angeschlossenen Vertriebstätigkeit und derzeit immerhin neun verschiedenen Geräten im Angebot ganz erstaunlich, zumal auch die Mechanik nicht von der Stange kommt: Claus Jäckle bevorzugt sein eigenes, in der Form kubisches Design, erstellt aus gefrästen Aluplatten und charakteristisch blau eloxierten, dicken Frontplatten. Das eher puristische Outfit spiegelt sich freilich nicht im Inneren der Produktpalette, die munter durch die bekannten „ Philosophien“wedelt und deshalb weder vor Transistoren, Röhren, gesteuerten Transformatoren ( mit dem „ MagAmp“baut Jäckle den weltweit einzigen, sogenannten magnetischen Verstärker, der auf Lars Lundahl zurückgeht) oder sogar CDPlayern Halt macht.
Das derzeit jüngste Mitglied der Produktpalette wurde auf den Namen „ Mantra“getauft und tanzt in puncto technischer Besonderheiten nicht aus der AcousticPlan- Reihe: Zunächst handelt es sich um einen Vollverstärker mit PhonostufenOption, gleichzeitig stellt der Mantra einen Hybriden aus Transistor- und Röhrentechnik dar und zu guter Letzt kann der Amp mit einer sehr ungewöhnlichen, „ korrigierten“Ausgangsstufe ohne Über- allesGegenkopplung aufwarten.
Altes Prinzip
Die verwendete Technik geht sage und schreibe auf eine 1928 patentierte Erfindung des WesternElectric- Entwicklers Harald S. Black zurück ( genau jenes Genie, das 1934 das Prinzip der Gegenkopplung erfand), wurde in den 80er- Jahren von M. J. Hawskford mit dessen Papier „ Distortion Correction in Audio Power Amplifiers“weiter bearbeitet und fand nach dreijähriger Designarbeit schließlich Eingang in den Mantra, der sich trotz einer im AB- Betrieb arbeitenden Ausgangsstufe ( einem GegentaktEmitterfolger mit Verstärkung kleiner eins) und fehlender Über- alles- Gegenkopplung höchst verzerrungsarm und mit hohem Dämpfungsfaktor präsentiert. So beträgt der Ausgangswiderstand des auch an niederohmigen Lasten stabilen Mantra lediglich 0,059 Ohm.
Die spezielle Korrekturschaltung vergleicht dabei das Ausgangs- mit dem Eingangssignal und addiert fehlende Signalanteile dem Eingang hinzu. Das mündet in einer A/ BStromverstärkerstufe, die praktisch keine Verzerrungen mehr produziert. Und damit wird das Klirrspektrum des Mantra durch die gutmütigen zweiten Harmonischen des Eingangs- Spannungsverstärkers dominiert, ein Job, den zwei Doppeltrioden vom Typ ECC88 übernehmen. Deren Klangcharakter würde ja, so Jäckle, bei Verwendung üblicher Gegenkopplung quasi „ weglinearisiert“, weswegen man dann eigentlich auf die Röhren verzichten könne.
Im Inneren des dickwandigen Alugehäuses kümmert sich ein konventionelles Netzteil um die Energieversorgung, moder- nen Standards gehorchend steht ein zweiter ( Klein-) Trafo für die Standby- Funktion zur Verfügung. Abgesehen von serienmäßig vier Hochpegeleingängen und einem „ Direct“- Eingang, der den Mantra zur Endstufe macht, gibt es optional einen übertragergekoppelten symmetrischen Eingang und demnächst auch eine Phonostufe. Abgerundet wird das mit ausgesucht langlebigen Bauteilen sowie bedrahteter Röhrenstufe ausgerüstete Ensemble von sehr hochwertig ausgeführten Lautsprecherklemmen, Schaltern und Buchsen.
Völlig abgelöst
Müsste man ein Wort suchen, um den Klang des Mantra treffend zu beschreiben, so landete man schnell bei „ intensiv“, so eingängig, farbig und nach- drücklich geht der kompakte, aber alles andere als schwachbrüstige Verstärker an sein Werk. Dass man hier deutlich „ Röhre“heraushört, ist Absicht, dass sich trotzdem auch höchste Lautsprecherkontrolle bemerkbar macht, ist ein ebenso unüberhörbarer Effekt der speziellen Ausgangsstufe. Dabei wirkt der Mantra aber niemals steril oder gar behäbig; er ist praktisch beliebig schnell, löst den Klang vollständig vom Lautsprecher und versteht sich obendrein auch auf überwältigende Zartheit und Finesse.
Seine Klangbühne ist dabei so „ luftig“, wie man es sich nur wünschen kann, die dennoch klar umrissene Darstellung mündet freilich nicht ins Diffuse, sondern vielmehr in einem überzeugend proportionierten, sauber hingestellten virtuellen Raum, der auch bei hoher Aussteuerung keinen Millimeter nachgibt; hier sind die üppigen Leistungsreserven spür-, ja sogar fühlbar, weil der Mantra auch perfekt kontrollierten Bass abliefert.
Dass man die Verzerrungsarmut dieses höchst interessanten Schaltungsdesigns hört, steht außer Frage. Und gerade bei geringem Pegel wirkt dieser Vollverstärker fast schon übernatürlich „ sauber“, was etwa in den kritischen Stimmlagen durchaus Suchtpotenzial aufweist. Es funktioniert also: Dieses Mantra manifestiert sich. Zum Glück im Diesseits.