Portrait: Progressive Audio
Von einer kleinen deutschen Manufaktur zum High- End- Vollsortimenter: die Firma Progressive Audio im Portrait.
Eine kleine deutsche Manufaktur wurde in wenigen Jahren zum High- End- Vollsortimenter. Und mischt trotzdem technologisch bei den Besten der Besten mit, ohne beim Design Abstriche zu machen: Auch den offiziellen USM- Haller- Schallwandlern gibt Progressive Audio den richtigen Klang.
Schon großen HiFi- Companies mit unerschöpflichen Personal- und Kapitalressourcen fällt es schwer, auf vielen Gebieten erfolgreich und innovativ zu sein – besonders Lautsprecher und Elektronik zugleich beherrschen nur wenige. Wenn dann auch noch aktive wie passive Schallwandler konstruiert werden sollen und die neuesten Technologien in allen Gebieten zum Einsatz kommen, ohne die klassischen High- End- Tugenden zu verraten, müssen die allermeisten passen.
Nicht so eine kleine Manufaktur aus Essen, die viele in der Szene wohl eher als Vertrieb für High- End- Produkte unter dem Namen PaDis kennen. Dabei fing alles mit der Manufaktur an.
Frühe Jahre Lautsprecher
Ralf Koenen war lange Jahre Systemingenieur bei IBM und gründete Progressive Audio im Jahr 1996, vor allem aus Passion für den guten Klang. Die ersten Produkte, die schnell zu Geheimtipps wurden, waren Lautsprechermodelle wie die Elise und Pearl, die mit teilweise abgeschrägter Schallwand kompromisslos auf eine perfekte Zeitund Phasenrichtigkeit hin konstruiert waren.
Um zusätzlich das Abstrahlverhalten zu harmonisieren und Kantenreflexionen zu vermeiden, schrägte Koenen die Schallwand für den Mittelhochton auch noch großzügig an und versetzte den Mitteltöner mit einem Ring weiter nach vorne. Was auch der Stabilität und Resonanzunterdrückung zwischen Treibern und Schallwand noch einmal klanglich zugutekam.
Geschichte der Elektronik
Mit einem eigenen Phono- Verstärker begann die Geschichte der Elektronikkomponenten von Progressive Audio, doch der technologische Paukenschlag kam im Jahr 2001 mit dem Vollverstärker A1. A steht hier für Class A, das Koenen in Reinkultur einsetzt und zugleich den Amp auf maximale Phasenrichtigkeit, Bandbreite bis in den MegahertzBereich trimmte und zugleich auf Gegenkopplung der Endtransistoren verzichtete.
Wer ein wenig Ahnung vom Verstärkerbau hat, weiß, dass es allein hohe Ingenieurskunst bedeutet, diese Ziele zu einem stabil funktionieren Amp zu vereinen. Aber zu einem, der auch noch so herausragend klingt, schaffen es selbst ausgewiesene Spezialisten kaum.
Der analogen Kompetenz nicht genug, legten Progressive Audio wenige Jahre später gleich noch einen ToploaderCD- Player namens CD1 mit einem extrem massigen Chassis und einer motorisch die CD umschließenden Lade vor, ein D/ A- Wandler folgte.
Technologie beherrschen
Mit komplexen Materialeigenschaften kennt Koenen sich aus, sonst hätte er nicht mit Boxen aus Acrylglas viele Erfolge errungen, das von anderen Entwicklern oft gemieden und meist nicht beherrscht wird. Auch die seit langen Jahren kultisch verehrten Keramikchassis sind ob ihres Eigenlebens bei Resonanzen und Abstrahlverhalten keineswegs einfaches Material für den Boxenbau. Progressive Audio verwenden diese schon sehr lange, und kitzeln die positiven Eigenschaften wie Sauberkeit und Schnelligkeit in den Neuauflagen der Elise und Pearl bis zum Limit heraus. Folgerichtig kamen im Spitzenmodell Transformer dann auch die Diamant- Chassis im Hochton zum Einsatz.
Das technologisch größte Wagnis ging man aber im Verstärkerbau ein: Die Neuauflagen der Kultverstärker A1 und des stärkeren A2 kamen 2011 mit Siliziumkarbid- Transistoren auf den Markt, die eigentlich für die Hochfrequenz- Schaltungstechnik erdacht waren und Koenens Anspruch von Phasenrichtigkeit und Schnelligkeit genügten wie keine anderen. Dass bis heute keine andere High- End- Marke diese in ana- logen Verstärkern einsetzt, dürfte vor allem daran liegen, dass sie durch ihre Schnelligkeit bei der Schwingneigung annähernd unbeherrschbar sind, wenn man ihre gigantische Bandbreite nicht beschneiden will.
High End mit Erdung
Dass so viel Ultra High End nicht abgehoben macht, zeigten Progressive Audio in den letzten Jahren: Mit der Extrem- Serie kamen erreichbare Boxen ab 4000 Euro Paarpreis auf den Markt, natürlich mit technologischer Besonderheit, dieses Mal Koaxialchassis. Die im zweiten Schritt nicht nur mit vollaktiver Elektronik zu Aktivversionen aufgewertet wurden, sondern auch klassische, diskret aufgebaute Verstärkereinheiten eingebaut bekamen.
Zum Hingucker auf Messen und in HiFi- Läden entwickelte sich hingegen eine ganz andere Produktlinie: USM- Haller, der Edelmöbel- Hersteller mit der Stahlrohr- Optik, entlieh für eine Sonderreihe der Extreme- Serie sein unverwechselbares Design an Progressive Audio, und diese Kombination aus Optik und highendigem Innenleben erwies sich als durchschlagender Erfolg. Wie eigentlich alles, was im Haus Koenen bisher entwickelte wurde.