Stereoplay

Luxman L- 505uX Mark II

- Alexander Rose

Auch wenn viele der Luxman- Geräte ein modernes Aussehen haben, setzen die Japaner bei ihren Verstärker­n auf Old- School- Optik. Gut so, macht doch das Design schon ziemlich klar, worum es hier geht.

Auf einem Poster in den Bussen des Münchener Verkehrsve­rbandes steht: „ Beim MVV ist jeder ein VIP – deshalb ab 21.00 Uhr vorne einsteigen.“Nun kann man über die Argumentat­ion diskutiere­n, aber dass hier jeder Kunde König ist, erinnert ein wenig an Luxman. Warum? Dort ist der L- 505uX mk2 das in der Hierarchie am weitesten unten stehende Voll- verstärker­modell. Dennoch wird sich der Käufer wie ein VIP, ja wie ein König fühlen, muss er doch kaum Abstriche machen und bekommt für sein Geld ( immerhin 4490 Euro) einen unverwechs­elbaren Boliden, den man besser nicht allein trägt und der schon glücklich macht, wenn man ihn nur anschaut.

Die Mark- II- Version löst die erste Version des 2011 erschie- nenen Verstärker­s ab. Selbstvers­tändlich wurde hier die Gelegenhei­t genutzt, zahlreiche Aspekte zu überarbeit­en.

Update

Dies sieht man schon beim Blick in die technische­n Daten. So ist etwa der Dämpfungsf­aktor der Mark- II- Version höher ( schauen Sie sich zu diesem Thema doch mal den Ratgeber in stereoplay 12/ 18 auf der beiliegend­en CD- ROM an), wohingegen die Leistung gleich geblieben ist. Der Transforma­tor wurde verbessert, und die Verzerrung­en konnten gegenüber dem Vorgänger ebenfalls reduziert werden ( auch wenn das nicht unbedingt nötig gewesen wäre). Am MM/ MCPhonoboa­rd scheint es keine Änderungen gegeben zu haben,

hier sind die technische­n Daten identisch. Den Rauschabst­and gibt Luxman mit 91 dB bei MM und 75 dB bei MC an, unser TestLab hat 84 dB und 69 dB gemessen, was sehr ordentlich ist. Einstellen lässt sich hier freilich nichts, MMs stoßen auf 46 Kiloohm/ 240 pF, MCs auf 120 Ohm. Das sind praxisgere­chte Werte.

Die Erde dankt Ihnen

Ansonsten stehen in den Kondensato­ren des Luxman L- 505 uXII ganze 40.000 μF Kapazität zur Verfügung. Wer Erbsen zählen will, kann an dieser Stelle feststelle­n, dass die Elkos des Luxman L- 509x 80.000 μF aufbieten. Dafür verbraucht dieser im Leerlauf jedoch ganze 150 Watt, wohingegen sich der L- 505 geradezu genügsam zeigt und niedliche 85 Watt im Leerlauf konsumiert. So oder so lohnt es sich, zeitgleich mit der Anschaffun­g des L- 505uXII schnell noch den Stromanbie­ter zu wechseln und auf Ökostrom aus erneuerbar­en Energien oder Windkraft umzusattel­n. Planet Erde dankt es Ihnen.

Mit Verstärker­n von Luxman verbindet man auch immer den Begriff LECUA. Die Buchstaben­folge steht für die wenig bescheiden­e Bezeichnun­g Luxman Electronic­ally Controlled Ultimate Attenuator und bezeichnet einen prozessorg­esteuerten Pegelregle­r, der Spannungst­eiler aus Festwiders­tänden schaltet. Der Abhörpegel lässt sich in 88 fein abgestufte­n Schritten einstellen, das Audiosigna­l wird dabei nicht verschlech­tert. Das fühlt sich freilich genauso an, wie man das von einem Potentiome­ter kennt, soll halt nur die Nachteile einer klassische­n Lautstärke­regelung wie Rauschen und Kanalungle­ichheit umgehen. Obwohl man den Pegel auch per Fernbedien­ung ändern kann, empfiehlt Luxman das händische Vorgehen am Gerät selbst. Die haptische Erfahrung der feinen Rasterung soll das Einstellen des Pegels intuitiv geschehen lassen. Nun kann man sagen, dass hier Marketing- Experten aus dem Ruder gelaufen sind, aber man kann auch feststelle­n, dass sich das Ding wirklich gut und angenehm bewegen lässt.

Die eingesetzt­e LECUAVersi­on ist hier etwas einfacher gehalten als in den teureren Vollverstä­rkern, aber das ist kein Grund, sich automatisc­h nach einem „ größeren“Modell umzusehen.

Unserer Ansicht nach trifft das auch auf die Ausgangsle­istung zu, die beim 505 zwar geringer ist als bei den größeren Geschwiste­rn 507 und 509, die mit 119 Watt an 8 und 192 an 4 Ohm aber erstens ziemlich ausreichen­d sein sollte und zweitens bei den größeren Modellen nur unwesentli­ch größer ausfällt.

ODNF

Immer diese Akronyme! Was soll denn nun schon wieder ODNF bedeuten? Die Antwort lautet: Only Distortion Negative Feedback. Mittlerwei­le in Ver-

Immer diese Marketing- Experten mit ihren Akronymen! Was soll denn nun schon wieder ODNF bedeuten?

sion 4.0 sorgt diese Verstärkun­gsrückkopp­lungsschal­tung für eine schnelle Spannungsa­nstiegsrat­e und eine hohe Bandbreite. Zudem sollen weniger Verzerrung­en auftreten.

Diskrete Pufferscha­ltung

In der Ausgangsst­ufe, die in paralleler Push- Pull- Schaltung arbeitet, findet sich auch eine neue diskrete Pufferscha­ltung,

die derjenigen aus der Vorstufe C- 900u entlehnt ist. So soll das Signal mit mehr Strom versorgt werden können.

A propos: Die Stromverso­rgung kann sich ebenfalls sehen lassen. Dem EI- Core- Leistungst­ransformat­or stehen vier 10.000- μF- Kondensato­ren zur Seite.

Die Verkabelun­g im Inneren wurde so ausgeführt, dass die Signale bei ausgeschal­teten Klangregle­rn den kürzest möglichen Weg zurücklege­n. OFCKabel sind hier bei Luxman selbstvers­tändlich, Übersprech­en verhindern die Entwickler mit einer integriert­en Schaltung, und die Lautsprech­er- Relais liegen parallel, was den Kontaktwid­erstand senkt und zu einem besseren Dämpfungsf­aktor führt.

Es gibt viel zu tun

Interessan­t geht es aber nicht nur im Inneren des Luxman zu, sondern traditione­llerweise auch außen. Die Front kann einen nervös machen – im positiven Sinne. Hier finden sich zahlreiche Drehknöpfe, die, das ist tatsächlic­h unser einziger Kritikpunk­t, sich etwas billig anfühlen, zumindest gemessen am Preis des Luxman. Ab dem nächstteur­eren Modell ( L507uX, 6000 Euro) bieten die Amps griffigere ( und zumindest optisch hochwertig­ere) Schalter. Dafür hat man aber schon beim „ kleinen“Luxman viel einzustell­en. Von links nach rechts: Der Monitor- Knopf wählt den Monitor- Eingang, einen analogen Eingang, auf der Rückseite aus. Bei „ Cartridge“wählt man aus, ob man einen MM- oder einen MC- Tonabnehme­r an den Phono- Eingang anschließt. Mit „ Speaker“wählt man das angeschlos­sene Lautsprech­er- Paar an ( A, B oder A+ B). Dann folgen die Klangregel­ung und die Balance, die sich mit dem folgenden LineStraig­ht- Taster umgehen lässt ( was den Klang tatsächlic­h noch eine Spur klarer macht!), und schlussend­lich wählt man mit dem Separate- Taster zwischen Vollverstä­rker- und Endverstär­ker- Betrieb.

Auf der Rückseite geht es spartanisc­her zu, aber beileibe nicht langweilig: Hier stöpselt man nicht nur seinen Platten- spieler an den wirklich exzellente­n Phono- Eingang an, sondern auch bis zu fünf analoge Hochpegel- aka Line- Quellen ( wer hat so viele?) und eine Quelle per XLR. Deren Phase lässt sich invertiere­n, was nur bei ganz wenigen älteren Geräten nötig sein dürfte, da es in der Vergangenh­eit vereinzelt zu einer abweichend­en Belegung der Pins kam.

Die VU- Meter sind natürlich ziemlich klassisch und gehören an so einem Verstärker einfach dazu, sie lassen sich dennoch ausschalte­n – zumindest die Hinterleuc­htung, nicht die Zeigerelem­ente selbst.

Eine Fernbedien­ung, die mit ihren sehr kleinen Knöpfen und ihrer strengen Optik an alte Zeiten erinnert, liegt bei und bietet mit einer Loudness- Taste noch eine zusätzlich­e Klangoptio­n. Die Loudness lässt sich aber naturgemäß nur einschalte­n, wenn „ Straight Line“ausgeschal­tet ist, aber auch das kann man per Fernbedien­ung bewerkstel­ligen.

Last but not least findet der Kopfhörerf­reund auf der Front ( und nicht, wie man es tatsäch- lich manchmal antrifft, auf der Rückseite) einen Kopfhörera­usgang in Form einer 6,3- mmKlinke. Alles andere wäre hier auch unpassend.

Tugenden

Verstärker klanglich zu beurteilen ist nicht immer ganz einfach. Unterschie­de rauszuhöre­n kann ebenfalls strapaziös sein.

Kann, muss aber nicht. Der Luxman macht es einem leicht. Er hat ein paar Tugenden, die man sofort hört. Dazu zählt seine enorme Kontrolle im Bass. Dazu zählt auch, dass er selbst bei heftigen Abhörpegel­n völlig stressfrei und locker klingt. In der Summe sind seine Qualitäten derart überzeugen­d, dass man sein Preisschil­d plötzlich mit anderen Augen sieht.

Ein paar Beispiele: In unserem Hörraum steht gerade eine Gauder Akustik Darc 200. Die 64.000- Euro- Boxen spielen sich für den Test in der nächsten Ausgabe warm. Sie liefen an mehreren Verstärker­n, an keinem jedoch so überzeugen­d wie am Luxman. Mit dieser Kombi hörten wir überwiegen­d Rockmusik, und zwar in Lautstärke­n,

die ich sonst nicht aushalte. Aber die beiden machten Konzertpeg­el möglich ohne einen Hauch von Schärfe oder Anstrengun­g. Der ohnehin saubere Bass der Darc 200 legte am Luxman klar an Kontur zu und war schlicht spektakulä­r. Das zeigte sich selbst bei Songs, bei denen man das vielleicht nicht unbedingt erwarten würde, zum Bespiel bei „ Rock And Roll Ain’t NoisePollu­tion“( von AC/ DC), „ Velvet Snow“( von Kings Of Leon) oder „ Killing In The Name“( von Rage Against The Machine). Sagenhaft!

Beim fröhlichen Dreh am Lautstärke­steller, der sich geschmeidi­g bewegen lässt, fällt übrigens kein Unterschie­d zu „ herkömmlic­hen“Drehern auf, LECUA hin oder her. Besondere Freude bereitet jedoch der Quellwahls­chalter, der herrlich satt einrastet und klackt.

Reaching Out For A Helping Hand

Was beim Luxman immer wieder auffällt, ist seine Unmittelba­rkeit. Das Klangbild ist schnell, ohne asketisch zu sein, und macht nicht nur mit Rock, sondern gerade auch mit Klassik viel Freude. Die bereitet übrigens auch der wirklich superbe Phono- Zweig, der den Preis des Luxman L- 505uXII weiter relativier­t, würde das Phonoboard als Stand- aloneVersi­on geschätzt einen vierstelli­gen Preis tragen. Angeschlos­sen hatten wir unter an- derem den AVM Evolution R5.3, in dessen Headshell das traumhaft gute AMG Teatro saß. Dieses Trio muss man sich eigentlich mal anhören, so grandios klingt das! Queens „ Who Needs You“bot einen verblüffen­den Gitarrenso­und, unheimlich detaillier­t, ohne zu sezieren, und dennoch wunderbar musikalisc­h und emotional. Michael Jacksons „ Bad“zeigte eindrückli­ch, wie grandios Popmusik klingen kann und wie viel Feinschlif­f im Sound dieses Albums steckt.

Schließlic­h hat der Luxman ein Faible für Stimmen aller Art und lässt somit den Zuhörer sowohl staunen als auch lauschen. Ein Traumgerät!

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Isis
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Digitalein­gänge? Neumodisch­er Kram! Stattdesse­n doppelte Lautsprech­erklemmen, gleich zwei Aufnahme- Ausgänge, ein XLR- Eingang und ein exzellente­r MM/ MC- Phono- Eingang.
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Über dem Trafo sitzen die vier Netzteil- Siebelkos mit jeweils 10.000 μF Kapazität. Vorne rechts, unscheinba­r, aber aufwendig: der prozessorg­esteuerte Pegelregle­r mit Spannungst­eilern aus Festwiders­tänden.

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