Music Hall mmf- 3.3
Roy Hall macht sich schon lange Gedanken über den idealen Plattenspieler. Er setzt auf mehrlagige Chassis und Entkopplung. Mit dem mmf- 3.3 will er den besten Plattenspieler unter 1000 Euro bauen.
Roy Hall baut seit 33 Jahren Plattenspieler unter dem Markennamen Music Hall. Kein runder Geburtstag, aber einer, der angesichts der Umdrehungen, die eine Langspielplatte pro Minute macht, zum Produkt passt. Aus den 33 Jahren und den 33 ( 1/ 3) Umdrehungen entstand der Produktname des jüngsten Mitglieds der MusicHall- Plattenspieler- Familie: mmf- 3.3.
Mmf steht für „ make money fast“. Ein hehres Ziel, aber eines, das Hall verfehlt hat. Sorgen muss man sich wohl keine um seine Situation machen, aber ganz so schnell, wie gehofft, stellte sich der Erfolg nicht ein. Mittlerweile ist der Name Music Hall unter Hi- FiFans aber bekannt. Tatsächlich in erster Linie für die Plattenspieler, obwohl es von dieser Marke auch viele „ Elektronik“Produkte gibt. Sympathischerweise macht Hall gar keinen Hehl daraus, dass seine Plattenspieler in Europa von ProJect gefertigt werden, zum Teil mit bekannten Pro- Ject- Bauteilen, aber immer nach Halls konstruktiven Vorgaben. Das ist eine feine Sache, schließlich steht Pro- Ject nicht nur für ein gutes Preis- Leistungs- Verhältnis, sondern eben auch für gute Bauteile- Qualität.
SPIT
Es finden sich im Repertoire von Music Hall auch Plattenspieler mit einteiliger Zarge. Sobald der Anspruch an die Wiedergabe jedoch steigt, werden die klangentscheidenden Bauteile auf zwei, drei ( mmf9.3) oder sogar vier ( mmf- 11.1) Ebenen verteilt. Das ist eine so einfache wie überzeugende Idee, die auf den Namen Split Plinth Isolation Technology ( SPIT) hört. Wobei der wichtigste Schritt, die Entkoppelung des Arms und des Tellers vom Motor, schon beim mmf- 3.3,
Mmf steht für „ make money fast“. Ein hehres Ziel, das Roy Hall aber, so sagt er zumindest, verfehlt hat.
also mit zwei Ebenen erreicht wird. Folglich sitzt der Motor auf der unteren Ebene, die über entkoppelnde Füße Kontakt zur Stellfläche hat. Vibrationen, die auf die Stellfläche treffen, etwa durch die von den Lautsprechern bewegte Luft, haben dadurch per se schon wenig Einfluss auf das Chassis. Und dieser geringe Einfluss wird an die obere Ebene überhaupt nicht durchgelassen, weil diese auf sechs Sorbothane- Kegeln ruht, die auf der unteren Ebene angebracht sind ( siehe Abbildung oben). Aussparungen an den entsprechenden Stellen der MDF- Platten, etwa für das Tellerlager, sorgen dafür, dass die Bauhöhe der Konstruktion nicht ausufert.
8,5- Zoll Carbon- Arm
Der konstruktive Aufwand verfolgt das Ziel, dem Diamanten des Tonabnehmers ein so weit wie möglich störungsfreies Gleiten durch die Plattenrille zu ermöglichen. Man darf sich ruhig immer wieder vor Augen führen, dass wir es bei der Vinylabtastung mit mikroskopischen Dimensionen zu tun haben. Hier kann wirklich jede Kleinigkeit einen Einfluss auf die Sauberkeit des Vorgangs haben. Eine tragende Rolle spielt dabei im wörtlichen Sinn der Tonarm, dessen Armrohr für Resonanzfreiheit und dessen Lager für reibungsarme Beweglichkeit sorgen müssen. All diese Erwartungen erfüllt der 8,5- Zoll- Pro- Ject- Arm mit Carbon- Rohr und Alu- Headshell mühelos. Bewegt man den Arm, merkt man sofort, dass es hier keinerlei Lagerspiel gibt und auch keinen zu hohen Widerstand. Dass es sich hier nicht um einen 9- Zoll- Arm handelt, muss Ihnen indes keine Sorgen bereiten. Es ist zwar durchaus so, dass ein längerer Drehtonarm einen naturgemäß geringeren Spurfehlwinkel aufweist als ein kürzerer, aber auf ein halbes Zoll ( 9 Zoll sind ja eine Art Standard) kommt es dabei nicht an – schon gar nicht, wenn die Qualität von Arm und Tonabnehmer passt. Zum Arm sei abschließend noch zu erwähnen, dass er über ein bedämpftes Gegengewicht verfügt und die im Inneren verlegten Kupferkabel extrem dünn sind, damit sie die Bewegung des Arms auf keinen Fall bremsen können. Es gibt von Pro- Ject auch teurere Arme, die dann komplett aus Carbon bestehen. Optisch aber gefallen mir persönlich die Arme mit Alu- Headshell besser.
Ortofon 2M Red
Welcher Tonabnehmer in der Headshell sitzen sollte, war durchaus ein Punkt, der zwischen Hall und seinem neuen Deutschland- Vertriebsmann Jürgen Reichmann diskutiert wurde. Zunächst sollte es ein Audio Technica AT95 ( um 25 Euro) sein. Man entschied sich dann jedoch dafür, ein Ortofon 2M Red einzubauen ( einzeln um 100 Euro), ohne den Preis des Plattenspielers anzuheben. Das kann ein hervorragender Einsteiger- Tonabnehmer sein, wenn er in der richtigen Umgebung spielt, sprich wenn er zu Arm und Laufwerk passt. Erst letzten Monat zeigte sich beim Test des famosen Reloop Turn 5, dass das Ortofon dort nicht die beste Wahl war...
Der Teller des mmf- 3.3 ist aus Aluminium gefertigt und wird Richtung Schallplatte von
einer Filzmatte ruhiggestellt. Eine Bedämpfung auf der Unterseite gibt es nicht. Er ruht auf einem Kunststoffsubteller, aus dem Lager- und Tellerdorn unten bzw. oben lugen.
Dass der Subteller aus Kunststoff ist, sollte ebenfalls niemanden beunruhigen. Teurere Geräte setzen zwar häufig auf Aluminium- Subteller, jedoch kann es durchaus von Vorteil sein, wenn wie beim mmf3.3 Teller und Subteller aus unterschiedlichen Materialien bestehen. Haben es Resonanzen doch besonders schwer, sich von einem ins andere Material zu bewegen. Zudem ist der Subteller absolut sauber unter Berücksichtigung geringster Toleranzen gemacht. Dazu braucht es kein Aluminium.
Beim Tellerlager spricht man von einem selbstschmierenden Lager, da hier gesinterte Bronze, sprich Sinterbronze, als Lagerbuchsenmaterial dient. Der unten abgerundete Dorn wiederum ist aus poliertem Aluminium. Die Elektronik, die den Plattenspieler zum Leben erweckt, sitzt auf der Unterseite der oberen MDFEbene und erzeugt über einen Sinusgenerator eine saubere Versorgungsspannung für den Motor auf der unteren Ebene. Diese Unabhängigkeit vom Stromnetz kann gerade beim Gleichlauf Vorteile haben. Zudem wurde beim Motor darauf geachtet, dass er möglichst ruhig, also vibrationsarm läuft.
Es gibt den Music Hall mmf3.3 in drei Ausführungen: Schwarz, Weiß und Walnuss ( keine Folie! + 100 Euro). Außerdem gibt es eine UpgradeMöglichkeit in Form eines Acryl- Tellers. Der ist etwa dann sinnvoll, wenn man MCs nutzen möchte, was auf der Basis, die der mmf- 3.3 bietet, durchaus denkbar ist.
Die erste Platte, die wir auflegten, war „ In A Silent Way“von Miles Davis. Keine ganz einfache Musik, hier gilt es, ein komplexes Klanggeschehen nachvollziehbar aufzudröseln und dennoch homogen zu bleiben. Das gelang dem mmf- 3.3 sehr gut. Dabei fiel auf, wie pointiert und dynamisch Trompete und Gitarre spielten.
We Must Sing, We Must Sing, We Must Sing
Die Gitarren waren es auch, die uns bei Death Angels‘ „ A Room With A View“begeisterten ( von „ Act III“), und zwar eher die ruhigen am Anfang als die riffigen gegen Ende. Das Ortofon 2M Red ist in meinen Augen kein Rocker und auch für MetalHörer nicht erste Wahl. Bright Eyes’ „ I’m Wide Awake, It’s Morning“jedoch war ein voller Genuss! Das Album strotzt vor schönen Songs, bewegenden Melodien und klugen Texten, untermalt von akustischen Gi- tarren, Bass, Piano, Trompete und Schlagzeug. Hier bot die Kombi aus mmf- 3.3 und Ortofon wahren Klanggenuss, spielte feindynamisch absolut überzeugend, enorm rhythmisch und lebendig. Das Album bestätigte auch unseren Eindruck, dass Bässe eher schlank wiedergegeben werden, was ich immer vorziehe. Über diesen Plattenspieler klingen sie stets konturiert und nachvollziehbar, was ganz klar ein Verdienst des „ Split Plinth“ist. Im Test lief der mmf überwiegend an Nuprimes tollem IDA- 8 Amp ( Test in stereoplay 1/ 18) und meiner derzeitigen Lieblingsphonovorstufe TVL1 von Transvinyl ( 8/ 18). In dieser Kombi sind Klangräume angenehm hell ausgeleuchtet, es klingt dezent spritzig und dennoch hört man die Ruhe, die das Chassis ins Spiel bringt, jederzeit durch. Von Nervosität keine Spur, stattdessen sehr erwachsener Klang. Herzlichen Glückwunsch!