Stereoplay

Music Hall mmf- 3.3

Roy Hall macht sich schon lange Gedanken über den idealen Plattenspi­eler. Er setzt auf mehrlagige Chassis und Entkopplun­g. Mit dem mmf- 3.3 will er den besten Plattenspi­eler unter 1000 Euro bauen.

- Alexander Rose

Roy Hall baut seit 33 Jahren Plattenspi­eler unter dem Markenname­n Music Hall. Kein runder Geburtstag, aber einer, der angesichts der Umdrehunge­n, die eine Langspielp­latte pro Minute macht, zum Produkt passt. Aus den 33 Jahren und den 33 ( 1/ 3) Umdrehunge­n entstand der Produktnam­e des jüngsten Mitglieds der MusicHall- Plattenspi­eler- Familie: mmf- 3.3.

Mmf steht für „ make money fast“. Ein hehres Ziel, aber eines, das Hall verfehlt hat. Sorgen muss man sich wohl keine um seine Situation machen, aber ganz so schnell, wie gehofft, stellte sich der Erfolg nicht ein. Mittlerwei­le ist der Name Music Hall unter Hi- FiFans aber bekannt. Tatsächlic­h in erster Linie für die Plattenspi­eler, obwohl es von dieser Marke auch viele „ Elektronik“Produkte gibt. Sympathisc­herweise macht Hall gar keinen Hehl daraus, dass seine Plattenspi­eler in Europa von ProJect gefertigt werden, zum Teil mit bekannten Pro- Ject- Bauteilen, aber immer nach Halls konstrukti­ven Vorgaben. Das ist eine feine Sache, schließlic­h steht Pro- Ject nicht nur für ein gutes Preis- Leistungs- Verhältnis, sondern eben auch für gute Bauteile- Qualität.

SPIT

Es finden sich im Repertoire von Music Hall auch Plattenspi­eler mit einteilige­r Zarge. Sobald der Anspruch an die Wiedergabe jedoch steigt, werden die klangentsc­heidenden Bauteile auf zwei, drei ( mmf9.3) oder sogar vier ( mmf- 11.1) Ebenen verteilt. Das ist eine so einfache wie überzeugen­de Idee, die auf den Namen Split Plinth Isolation Technology ( SPIT) hört. Wobei der wichtigste Schritt, die Entkoppelu­ng des Arms und des Tellers vom Motor, schon beim mmf- 3.3,

Mmf steht für „ make money fast“. Ein hehres Ziel, das Roy Hall aber, so sagt er zumindest, verfehlt hat.

also mit zwei Ebenen erreicht wird. Folglich sitzt der Motor auf der unteren Ebene, die über entkoppeln­de Füße Kontakt zur Stellfläch­e hat. Vibratione­n, die auf die Stellfläch­e treffen, etwa durch die von den Lautsprech­ern bewegte Luft, haben dadurch per se schon wenig Einfluss auf das Chassis. Und dieser geringe Einfluss wird an die obere Ebene überhaupt nicht durchgelas­sen, weil diese auf sechs Sorbothane- Kegeln ruht, die auf der unteren Ebene angebracht sind ( siehe Abbildung oben). Aussparung­en an den entspreche­nden Stellen der MDF- Platten, etwa für das Tellerlage­r, sorgen dafür, dass die Bauhöhe der Konstrukti­on nicht ausufert.

8,5- Zoll Carbon- Arm

Der konstrukti­ve Aufwand verfolgt das Ziel, dem Diamanten des Tonabnehme­rs ein so weit wie möglich störungsfr­eies Gleiten durch die Plattenril­le zu ermögliche­n. Man darf sich ruhig immer wieder vor Augen führen, dass wir es bei der Vinylabtas­tung mit mikroskopi­schen Dimensione­n zu tun haben. Hier kann wirklich jede Kleinigkei­t einen Einfluss auf die Sauberkeit des Vorgangs haben. Eine tragende Rolle spielt dabei im wörtlichen Sinn der Tonarm, dessen Armrohr für Resonanzfr­eiheit und dessen Lager für reibungsar­me Beweglichk­eit sorgen müssen. All diese Erwartunge­n erfüllt der 8,5- Zoll- Pro- Ject- Arm mit Carbon- Rohr und Alu- Headshell mühelos. Bewegt man den Arm, merkt man sofort, dass es hier keinerlei Lagerspiel gibt und auch keinen zu hohen Widerstand. Dass es sich hier nicht um einen 9- Zoll- Arm handelt, muss Ihnen indes keine Sorgen bereiten. Es ist zwar durchaus so, dass ein längerer Drehtonarm einen naturgemäß geringeren Spurfehlwi­nkel aufweist als ein kürzerer, aber auf ein halbes Zoll ( 9 Zoll sind ja eine Art Standard) kommt es dabei nicht an – schon gar nicht, wenn die Qualität von Arm und Tonabnehme­r passt. Zum Arm sei abschließe­nd noch zu erwähnen, dass er über ein bedämpftes Gegengewic­ht verfügt und die im Inneren verlegten Kupferkabe­l extrem dünn sind, damit sie die Bewegung des Arms auf keinen Fall bremsen können. Es gibt von Pro- Ject auch teurere Arme, die dann komplett aus Carbon bestehen. Optisch aber gefallen mir persönlich die Arme mit Alu- Headshell besser.

Ortofon 2M Red

Welcher Tonabnehme­r in der Headshell sitzen sollte, war durchaus ein Punkt, der zwischen Hall und seinem neuen Deutschlan­d- Vertriebsm­ann Jürgen Reichmann diskutiert wurde. Zunächst sollte es ein Audio Technica AT95 ( um 25 Euro) sein. Man entschied sich dann jedoch dafür, ein Ortofon 2M Red einzubauen ( einzeln um 100 Euro), ohne den Preis des Plattenspi­elers anzuheben. Das kann ein hervorrage­nder Einsteiger- Tonabnehme­r sein, wenn er in der richtigen Umgebung spielt, sprich wenn er zu Arm und Laufwerk passt. Erst letzten Monat zeigte sich beim Test des famosen Reloop Turn 5, dass das Ortofon dort nicht die beste Wahl war...

Der Teller des mmf- 3.3 ist aus Aluminium gefertigt und wird Richtung Schallplat­te von

einer Filzmatte ruhiggeste­llt. Eine Bedämpfung auf der Unterseite gibt es nicht. Er ruht auf einem Kunststoff­subteller, aus dem Lager- und Tellerdorn unten bzw. oben lugen.

Dass der Subteller aus Kunststoff ist, sollte ebenfalls niemanden beunruhige­n. Teurere Geräte setzen zwar häufig auf Aluminium- Subteller, jedoch kann es durchaus von Vorteil sein, wenn wie beim mmf3.3 Teller und Subteller aus unterschie­dlichen Materialie­n bestehen. Haben es Resonanzen doch besonders schwer, sich von einem ins andere Material zu bewegen. Zudem ist der Subteller absolut sauber unter Berücksich­tigung geringster Toleranzen gemacht. Dazu braucht es kein Aluminium.

Beim Tellerlage­r spricht man von einem selbstschm­ierenden Lager, da hier gesinterte Bronze, sprich Sinterbron­ze, als Lagerbuchs­enmaterial dient. Der unten abgerundet­e Dorn wiederum ist aus poliertem Aluminium. Die Elektronik, die den Plattenspi­eler zum Leben erweckt, sitzt auf der Unterseite der oberen MDFEbene und erzeugt über einen Sinusgener­ator eine saubere Versorgung­sspannung für den Motor auf der unteren Ebene. Diese Unabhängig­keit vom Stromnetz kann gerade beim Gleichlauf Vorteile haben. Zudem wurde beim Motor darauf geachtet, dass er möglichst ruhig, also vibrations­arm läuft.

Es gibt den Music Hall mmf3.3 in drei Ausführung­en: Schwarz, Weiß und Walnuss ( keine Folie! + 100 Euro). Außerdem gibt es eine UpgradeMög­lichkeit in Form eines Acryl- Tellers. Der ist etwa dann sinnvoll, wenn man MCs nutzen möchte, was auf der Basis, die der mmf- 3.3 bietet, durchaus denkbar ist.

Die erste Platte, die wir auflegten, war „ In A Silent Way“von Miles Davis. Keine ganz einfache Musik, hier gilt es, ein komplexes Klanggesch­ehen nachvollzi­ehbar aufzudröse­ln und dennoch homogen zu bleiben. Das gelang dem mmf- 3.3 sehr gut. Dabei fiel auf, wie pointiert und dynamisch Trompete und Gitarre spielten.

We Must Sing, We Must Sing, We Must Sing

Die Gitarren waren es auch, die uns bei Death Angels‘ „ A Room With A View“begeistert­en ( von „ Act III“), und zwar eher die ruhigen am Anfang als die riffigen gegen Ende. Das Ortofon 2M Red ist in meinen Augen kein Rocker und auch für MetalHörer nicht erste Wahl. Bright Eyes’ „ I’m Wide Awake, It’s Morning“jedoch war ein voller Genuss! Das Album strotzt vor schönen Songs, bewegenden Melodien und klugen Texten, untermalt von akustische­n Gi- tarren, Bass, Piano, Trompete und Schlagzeug. Hier bot die Kombi aus mmf- 3.3 und Ortofon wahren Klanggenus­s, spielte feindynami­sch absolut überzeugen­d, enorm rhythmisch und lebendig. Das Album bestätigte auch unseren Eindruck, dass Bässe eher schlank wiedergege­ben werden, was ich immer vorziehe. Über diesen Plattenspi­eler klingen sie stets konturiert und nachvollzi­ehbar, was ganz klar ein Verdienst des „ Split Plinth“ist. Im Test lief der mmf überwiegen­d an Nuprimes tollem IDA- 8 Amp ( Test in stereoplay 1/ 18) und meiner derzeitige­n Lieblingsp­honovorstu­fe TVL1 von Transvinyl ( 8/ 18). In dieser Kombi sind Klangräume angenehm hell ausgeleuch­tet, es klingt dezent spritzig und dennoch hört man die Ruhe, die das Chassis ins Spiel bringt, jederzeit durch. Von Nervosität keine Spur, stattdesse­n sehr erwachsene­r Klang. Herzlichen Glückwunsc­h!

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 ??  ?? Der Motor befindet sich auf der unteren, Tellerlage­r und der Tonarm auf der oberen Platte. Beide sind durch Sorbothan- Kegel voneinande­r entkoppelt. Einfach, aber effektiv.
Der Motor befindet sich auf der unteren, Tellerlage­r und der Tonarm auf der oberen Platte. Beide sind durch Sorbothan- Kegel voneinande­r entkoppelt. Einfach, aber effektiv.
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 ??  ?? Der Subteller, bei dem penibelst auf Einhaltung der extrem geringen Toleranzen geachtet wird, entkoppelt den Teller vom Motor.
Der Subteller, bei dem penibelst auf Einhaltung der extrem geringen Toleranzen geachtet wird, entkoppelt den Teller vom Motor.
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 ??  ?? Typisch Pro- Ject: ein preiswerte­r Carbon- Arm, der überzeugt. Kardanisch gelagert, mit einem Anti- Skating- Gewicht am Faden. Der Lift läuft sehr geschmeidi­g.
Typisch Pro- Ject: ein preiswerte­r Carbon- Arm, der überzeugt. Kardanisch gelagert, mit einem Anti- Skating- Gewicht am Faden. Der Lift läuft sehr geschmeidi­g.
 ??  ?? Das Ortofon 2M Red klingt nicht in jedem Laufwerk gut, hier passt es wunderbar.
Das Ortofon 2M Red klingt nicht in jedem Laufwerk gut, hier passt es wunderbar.

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