Backes& Müller beherrscht die Zeit. Die Neuauflage der BMLine 15 rockt akkurat wie nie.
Die runderneuerte BMLine 15 schindet Eindruck – mit einem dritten Bass, einer neuen Sensorregelung und aktuellster FPGATechnik.
Backes& Müller zählt zu den festen Größen in der deutschen HiFi- Landschaft. Schon früh erkannte der in Saarbrücken ansässige Hersteller die Vorzüge der Aktivtechnik und erarbeitete sich auf diesem Gebiet die Rolle des technologischen Vorreiters. Die Lautsprecher- Manufaktur kann sich auf eine treue Anhängerschaft verlassen und dominiert ein Marktsegment, das sie selbst erschaffen hat.
Für Backes& Müller hat die absolute Zeitrichtigkeit der Lautsprecher oberste Priorität. Zwei Schlüsseltechnologien kommen dabei zum Einsatz. Eine davon stellt gewissermaßen die DNA der Saarländer dar. Die Firma beruht auf der Idee eines sensorgeregelten Lautsprechers, die die beiden Studenten Wolfgang Backes und Friedrich Müller Anfang der 1970er- Jahre aus tiefster Überzeugung heraus verfolgten.
Dabei wird mit einer geeigneten Sensorik permanent die aktuelle Auslenkung der Membran ermittelt und mit dem anliegenden Musiksignal verglichen, das den gewünschten Sollzustand definiert. Jede Abweichung zwischen Ist- und Sollauslenkung wird durch einen analog aufgebauten Regelkreis sofort korrigiert. Mit einer solchen Regelung lässt sich das Verhalten der Membran nahezu vollständig unter Kontrolle bringen, sodass die Chassis mit höchster Präzision agieren.
Backes& Müller hat diese Technologie über die Jahre hinweg immer weiter verfeinert. Die aktuellste Variante dieser Sensorregelung, die der Hersteller auch als dynamische
Membrankontrolle ( DMC) bezeichnet, ist patentiert und nutzt
einen induktiven Aufnehmer. Auf der Rückseite der Membran ist eine extrem leichte Induktionsspule angebracht, die sich im Magnetfeld eines kleinen Permanentmagneten bewegt. Die Wechselwirkung zwischen Spule und Magnet induziert eine Spannung, aus der sich die Membranauslenkung ableiten lässt, die dann über eine Rückkopplungsschleife nachgeregelt wird. Dadurch lassen sich zum Beispiel Ein- und Ausschwingeffekte des Schallwandlers wirksam kompensieren, was Verzerrungen reduziert und insbesondere das Impulsverhalten erheblich verbessert.
Schritt für Schritt
Zusammen mit einem neuen Geschäftsführer hielt Anfang der Nuller- Jahre die zweite Schlüsseltechnologie Einzug in das Unternehmen. Johannes Siegler lenkt auch heute noch die Geschicke von Backes & Müller und brachte damals eine umfangreiche Erfahrung mit der digitalen Entzerrung von Studiomonitoren mit, die er davor bei KSdigital gesammelt hatte. Dort setzte man schon früh auf digitale Filter mit endlicher Impulsantwort – sogenannte FIRFilter, die sich durch einen absolut linearen Phasengang und folglich durch eine konstante Gruppenlaufzeit auszeichnen. Dadurch weisen sie ein ideales Zeithalten auf – im Gegensatz zu den üblichen analog aufgebauten Frequenzweichen, bei denen man teilweise erhebliche frequenzabhängige Phasenverzerrungen in Kauf nehmen muss.
Außerdem lassen sich mit digitalen Filtern wesentlich komplexere Filterverläufe realisieren, was sehr detaillierte Korrekturen im Frequenzgang oder besonders steile Flanken in den Übergangsbereichen ermöglicht. Das ist heutzutage zwar nichts Besonderes mehr, aber als man vor über 20 Jahren bei KSdigital und später dann auch bei Backes& Müller in diese Thematik einstieg, war allein die technische Umsetzung der FIR- Filterung in den Lautsprechern noch eine große Herausforderung. FIR- Filter sind so wohl rechen- als auch speicherintensiv und benötigen deshalb leistungsfähige Signalprozessoren. Früher musste man dafür auf handverlesene DSPs ( digitale Signalprozessoren) und zusätzliche Peripherie wie A/ Dund D/ A- Wandlerchips zurückgreifen. Mittlerweile überlässt man die komplette Signalverarbeitung meist einem sogenannten FPGA ( Field Programmable Gate Array). Mit diesen frei konfigurierbaren Prozes soren lassen sich auch komplexe digitale Schaltungen umsetzen, die nicht nur den DSP selbst, sondern auch die für den DSP notwendige Peripherie ersetzen können. FPGAs sind außerdem rekonfigurierbar, sodass man die Schaltung ohne Änderungen an der Hardware nachträglich noch optimieren oder erweitern kann.
Für Backes& Müller hat die absolute Zeitrichtigkeit der Lautsprecher oberste Priorität.
Weniger ist mehr
Die wahre Kunst bei der digitalen Entzerrung von Aktivlautsprechern liegt jedoch weniger in der technischen Umsetzung der digitalen Signalverarbeitung, sondern eher in der konkreten Auslegung der Filter. Man benötigt ein gewisses Fingerspitzengefühl dafür, wie sich bestimmte Effekte am besten kompensieren lassen. Oft gilt dabei der Grundsatz „ weniger ist mehr“, und ein sanfter Eingriff in den Frequenzgang ist manchmal besser als ein gnadenloses Nivellieren bis auf das letzte Zehntel Dezibel. Hier kommt Backes& Müller die
langjährige Erfahrung auf diesem Gebiet zugute. Die Entzerrung wird unter anderem anhand einer realen Messung des fertig aufgebauten Lautsprechers ermittelt. So fließen sämtliche Eigenschaften des gesamten Aktivsystems inklusive der Chassis, der Elektronik und des Gehäuses in die Filter mit ein und berücksichtigen zum Beispiel auch akustische Effekte an den Gehäusekanten. Getauft wurde das gesamte Verfahren auf den Namen „ Firtec“.
Erfolgreich kombiniert
Einen Kompromiss muss man mit FIR- Filtern allerdings eingehen: Frequenzauflösung und Latenz sind umgekehrt proprotional zueinander. Das heißt, je feiner das Filter im Frequenzbereich ausgelegt wird, desto länger ist seine Durchlaufzeit. Backes& Müller setzt daher auf eine Hybridlösung, in der beide Schlüsseltechnologien zum Zug kommen: Die Filter werden möglichst kurz gehalten, um die Verzögerung zu minimieren. Dadurch geht allerdings so viel Auflösung im Bassbereich verloren, dass die FIRFilter nur im Mittelhochtonbereich eingesetzt werden können. Im Bass kümmert sich stattdessen die Sensorregelung, die auch schneller reagieren kann, um das korrekte Verhalten der Box.
Die Kombination aus Firtec und DMC war früher den hochwertigeren Line- Modellen vorbehalten, während die PrimeSerie zwar mit einer Sensorregelung, aber noch mit einer analogen Weiche ausgestattet war. Bei den neueren PrimeModellen ist das jetzt anders: Auch sie sind mittlerweile mit digitalen Filtern ausgerüstet. Früher stellte die BMLine 15 gewissermaßen das Bindeglied zwischen beiden Modellreihen dar. Sie verfügte bereits über die fortschrittliche FIR- Technologie, aber im Gegensatz zu den größeren Line- Modellen war sie nicht als Zeilenstrahler, sondern als virtueller Koax konzipiert und damit auch für kürzere Abhördistanzen geeignet.
Die ungebrochene Beliebtheit des Modells bewog Backes & Müller dazu, die BMLine 15 zu überarbeiten und auf den neuesten Stand der Technik zu bringen. Sie erhielt einen dritten Basstreiber und deutlich mehr Verstärkerleistung, außerdem verfügt sie nun über modernste FPGA- basierte Digitaltechnik und die neueste Version der Sensorregelung.
Geschadet hat ihr die Frischzellenkur sicherlich nicht. Im Hörraum präsentierte sich der stattliche Lautsprecher gewohnt spritzig und zeigte einmal mehr, dass Backes& Müller das Thema Timing voll im Griff hat. Antonio Vivaldis turbulentes Presto aus den „ Vier Jahreszeiten“( auch auf der stereoplay- CD „ Perfektes Timing, Vol. 1“, Aus- gabe 06/ 2015 zu finden) meisterte die neue BMLine 15 so souverän wie kaum eine andere Box. Mit ihren präzise kontrollierten Bässen und den zeitrichtigen Übergängen konnte sie die zeitliche Feinstruktur des Stücks vollständig erhalten. Die vom La Folia Barockorchester mit maximaler Dramatik inszenierten Streicherläufe, die an ein Sommergewitter erinnern sollen, ließen nicht eine Spur von Unsauberkeit erkennen. Im Im Hörraum zeigte die neue BMLine 15 einmal mehr, dass Backes& Müller das Thema Timing voll im Griff hat. Gegenteil: Mit der BMLine 15 kam die hervorragende Qualität der Stockfisch- Aufnahme erst richtig zur Geltung und glänzte in voller Brillanz.
Aber selbst mit ganz anderem Stoff konnte man diesen Lautsprecher nicht aus dem Konzept bringen. Vor Kurzem haben wir das Debütalbum von Rage Against The Machine wiederentdeckt. Was die BMLine 15 aus dieser Musik vor allem an Punch und Attacke herausholen konnte, war nicht von dieser Welt. So mutierte sie am Ende sogar noch zum echten Rocker! Klaus Laumann