Ein Freak mit Haltung
Udo Lindenberg gibt sich gerne schnoddrig. Dann fegt er mit einem lockeren Spruch den Ernst vom Tisch, obwohl er eigentlich ein nachdenklicher, engagierter Mensch ist. „ Das Vermächtnis der Nachtigall“ist daher eine aufschlussreiche Box, die den Freak aus unterschiedlichen Perspektiven einkreist. Denn sie präsentiert den Künstler Lindenberg in einer Zeit, wo er einerseits die Albernheiten à la Andrea Doria schon hinter sich gelassen hat, dafür mit dem „ Sonderzug nach Pankow“oder „ Wozu sind Kriege da“das Kalter- KriegPathos der Achtziger trifft, sich mit Alben wie „ Hermine“und „ Gustav“vor seinen Eltern verneigt, dann sich mit Stücken wie „ Cello“oder „ Dirty Old Man“mal der Romantik, mal dem Herrenwitz nähert. Wahrscheinlich ist es gerade diese Uneindeutigkeit bei gleichzeitigem Bekenntnis zu Haltung und Engagement, die es ihm ermöglicht, auf dem Stand der Dinge zu bleiben, ohne Moden zu folgen. Ganze 226 remasterte Stücke versammelt die mit viel Aufwand gestaltete Box, einschließlich der englischen Versionen von „ Phöenix“( 1986) und „ CasaNova“( 1988) und einer CD mit Raritäten wie dem „ Nonnen“Mix oder dem Alien- Rap „ Der blaue Planet “. Linden bergs Künstlerent wicklung stellt sich dabei gleichzeitig auch als eine Kulturgeschichte der Bundesrepublik in der Umbruchphase dar, ausführlich dokumentiert mit dem opulent bebilderten und kommentierten Begleitbuch. Es ist eine Box zum Schmökern, zum Gackern, zum Wundern. Ein Schmuckstück, das einen aufrechten schrägen Vogel ehrt.