Können die das? - Und wie!
Hierhin, dorthin: Von guten und bösen Geistern werden die Briten auf entgegengesetzte Pfade gelockt, sicher die einen, im Morast versinkend die anderen. Der Brexit? Nö, John Drydens „ King Arthur“, mit Henry Purcells Musik zu London uraufgeführt im Jahr 1691, als das Vereinigte Königreich schon einmal ziemlich unvereinigt war. Ebenfalls ins aktuelle Bild passt, dass Drydens Schaustück – Untertitel: „ Die britische Würde“– kräftig auf die hurrapatriotische Pauke haut; immerhin mit Witz und Selbstironie, etwa wenn eine Bauernschar ihre Ale- Humpen hebt „ for the honour of old England“. Purcell lässt sich dazu nicht lumpen an deftigem Volkston, und die Interpreten von Vox Luminis mischen obendrein eine rustikale Cockney- Variante in den kecken Gesangsklang. Womit bereits eine Frage beantwortet wäre: Können die das? Bekannt ist Lionel Meuniers Truppe für fein ziselierte Sakralkünste, für Reinheitsekstasen seraphischer Güte. Die burlesken, gloriosen, amourösen und martialischen Wechselfälle dieser Semi- Opera hätte man nicht unbedingt auf ihrer Programmlinie erwartet. Aber: Es gelingt fantastisch. Freilich wird auch hier nichts vergröbert, nichts in den Klamauk hineinchargiert. Doch gerade der reine, feine Vokalklang gibt Purcells genialen Partien ein schlackenlos direktes Gepräge, ohne die sinnliche Schönheit der Melodik und den charakteristischen Ausdruck zu opfern. Wie unterm gläsernen Firnis dichten Eises bibbert etwa in der berühmten Frostszene der Rest an Leben. Die Wärmestrahlen Cupidos ( glänzend: Sophie Junker) oder die Britannien- Liebeserklärung der Venus ( nobel verhalten: Zsuzsi Tóth) im vornehm- zarten „ Fairest isle“- Menuett sind nur Beispiele für solistische Exzellenz nebst den luminos schwingenden Chören. Das Orchester leitet Meunier in dieser französisch inspirierten Musik an zu federndem Elan, schnittiger Konturenzeichnung, trompetenschmetternder Bravour: glorios!