harman kardon citation tower
Intelligente Lautsprecher mit integrierten Sprachassistenten werden immer beliebter. Echte HiFi- Ambitionen hatten die Systeme bislang allerdings nicht. Der Citation Tower von Harman/ Kardon soll das endlich ändern.
Ein sprechender und nahezu allwissender Computer war bis vor wenigen Jahren noch blanke Science Fiction. In der bekannten Fernseh- und Kinoreihe Star Trek spielte die Computerstimme des Raumschiffs Enterprise sogar eine zentrale Rolle. Sie konnte nicht nur komplexe Berechnungen durchführen und fachkundige Auskünfte geben, sondern besaß auch eine gewisse Persönlichkeit. Außerdem reagierte der Computer auch auf Sprachbefehle. Betrat zum Beispiel der Captain sein Privatquartier, konnte er ihn anweisen, das Licht in der Kabine zu dimmen oder ein bestimmtes Musikstück abzuspielen.
Wie im Fernsehen
Kommt Ihnen das bekannt vor? Seit Internet- gestützte Sprachassistenten den Alltag erobern, sind solche Szenarien keine Zukunftsmusik mehr. Machte Apple mit Siri schon 2011 den Anfang, war Googles Assistant 2017 in deutscher Sprache das letzte große Ding.
Die Funktionalität dieser Sprachassistenten nimmt immer mehr zu. Mittlerweile verstehen sie nicht nur einfache Befehle, sondern können auch Fragen beantworten, intelligente Haustechnik fernsteuern oder Nachrichten, Musik und Videos aus dem Internet abrufen.
Für die Sprachein- und - ausgabe sind Mikrofone und Lautsprecher notwendig. Außerdem erfordern die Assistenten eine ständige Internetverbindung, da sie alle Anfragen auf einem zentralen Server verarbeiten und Informationen oder Medieninhalte direkt aus dem Internet abrufen. Assistenten wie Siri und Cortana waren daher ursprünglich für Smartphones, Tablets und PCs konzipiert, die über geeignete Audio- Hardware sowie über einen Internet- Zugang verfügen. Amazon entschied sich dann aber mangels einer eigenen Software- Plattform mit ausreichend großer Verbreitung für eine andere Lösung und begründete mit dem Echo eine ganz neue Gerätegattung, die sogenannten Smart Speaker. Sie stellen im Endeffekt eine Audio- Schnittstelle für die Sprachein- und - ausgabe dar, geben aber auch Audioinhalte wie Musik, Radio und Podcasts wieder.
Gegen die Systeme besteht eine gewisse Skepsis, weil die Mikrofone durchgehend aktiviert sein müssen, um jederzeit auf Sprachbefehle reagieren zu können. Es grassiert daher die nicht ganz unbegründete Angst, dass man durch die Geräte auch abgehört werden kann. Zudem sammeln die Assistenten jede Menge Daten, um sich besser an die individuellen Vorlieben und Bedürfnisse des jeweiligen Benutzers anzupassen. Hier muss jeder selbst entscheiden, ob ihn solche Funktionen, die zweifellos den Bedienkomfort erhöhen, stören.
Genau in die Lücke
Nach dem Erfolg von Amazons Echo zogen auch Apple und Google mit den hauseigenen Lösungen HomePod und Home nach. Gleichzeitig ermöglichen die drei Konzerne auch anderen Herstellern, die Assistenten in ihre Geräte zu integrieren. So ist mittlerweile eine breite Auswahl von Lautsprechern mit Sprachunterstützung erhältlich, die meisten davon allerdings in Form von kompakten One- BoxSystemen oder Soundbars. Hier hat Harman/ Kardon eine Marktlücke erkannt und präsentiert mit dem Citation Tower nun das erste intelligente Stereosystem in HiFi- tauglicher Größenordnung. Hinter dem schlanken, knapp 1,20 m hohen DesignObjekt verbirgt sich ein aktiver Drei- Wege- Lautsprecher mit Bassreflexgehäuse, digitaler Frequenzweiche und 2 x 200 Watt Ausgangsleistung. Im Sockel steckt ein 8- Zoll- Subwoofer, der nach unten abstrahlt und für einen soliden Bass sorgt. Für den Mittelton sind zwei nach vorne ausgerichtete Vierzöller zuständig, zwischen ihnen ist ein 1- Zoll- Hochtöner platziert. Mit dieser respektablen Ausstattung erreichte die Box im Labor einen beeindruckenden Maximalpegel von 103 dB.
Ähnlich wie bei anderen Smart Speakern sucht man auch bei der Citation Tower vergeblich nach einem Audio- Eingang. Der Lautsprecher muss zwingend mithilfe der GoogleHome- App eingerichtet und per WLAN mit dem Internet verbunden werden. Gleichzeitig wird damit auch der integrierte Sprachassistent von Google konfiguriert. Das Gerät ist dann in der Lage, Musik bei kostenpflichtigen Streaming- Portalen abzurufen, und zwar auch per Sprachkommando. Unterstützt werden momentan die GoogleDienste Play Music und YouTube Music sowie Spotify und Deezer. Außerdem kann der Citation Tower auch Chromecast- Streams aus dem eigenen Netzwerk wiedergeben. Wer kein Chromecast- fähiges Gerät zur Verfügung hat, kann die Box immerhin noch per Bluetooth ansteuern. Dank des Sprachassistenten bietet die Box faszi-
nierende Funktionen. Man sollte zwar nicht erwarten, dass man eine fließende Unterhaltung mit ihr führen kann. Gibt man ihr aber klare Befehle, reagiert sie schnell und akkurat, auch einfache Fragen beantwortet sie problemlos.
Klanglich konnte die Box aber leider nicht halten, was die aufwendige Konstruktion und die guten Messergebnisse versprachen. Paul Simons „ Diamonds on the soles“gab sie mit erstaunlich tiefen, treibenden Bassrhythmen wieder, die aber angesichts eines schmallippigen und komprimierten Stimmbereichs einsam auf verlorenem Posten musizierten. In den Höhen klang die Citation brillant und durchsetzungsstark, aber tendenziell auch aufdringlich, unabhängig von der Lautstärke. Das verstärkte sich mit Frauenstimmen, Katie Meluas „ Lucy in the sky“etwa kippte ins Zischende und Scharfe, ließ gleichzeitig Ortungsgenauigkeit und Stimmvolumen vermissen. Bei Klassik mit Chor – Verdis „ Traviata“( Mehta) – hätten wir sogar die seidigere Wiedergabe eines beliebigen Kompaktmonitors der dynamischen, aber grellen und in den Klangfarben etwas künstlichen H/ K vorgezogen. Vielleicht hegten wir zu hohe Erwartungen, aber am Ende hätten wir uns einfach mehr gewünscht: mehr Transparenz, mehr Geschlossenheit und eine bessere Abbildung. Schade, denn das Konzept ist genial!