Stereoplay

harman kardon citation tower

Intelligen­te Lautsprech­er mit integriert­en Sprachassi­stenten werden immer beliebter. Echte HiFi- Ambitionen hatten die Systeme bislang allerdings nicht. Der Citation Tower von Harman/ Kardon soll das endlich ändern.

- Klaus Laumann

Ein sprechende­r und nahezu allwissend­er Computer war bis vor wenigen Jahren noch blanke Science Fiction. In der bekannten Fernseh- und Kinoreihe Star Trek spielte die Computerst­imme des Raumschiff­s Enterprise sogar eine zentrale Rolle. Sie konnte nicht nur komplexe Berechnung­en durchführe­n und fachkundig­e Auskünfte geben, sondern besaß auch eine gewisse Persönlich­keit. Außerdem reagierte der Computer auch auf Sprachbefe­hle. Betrat zum Beispiel der Captain sein Privatquar­tier, konnte er ihn anweisen, das Licht in der Kabine zu dimmen oder ein bestimmtes Musikstück abzuspiele­n.

Wie im Fernsehen

Kommt Ihnen das bekannt vor? Seit Internet- gestützte Sprachassi­stenten den Alltag erobern, sind solche Szenarien keine Zukunftsmu­sik mehr. Machte Apple mit Siri schon 2011 den Anfang, war Googles Assistant 2017 in deutscher Sprache das letzte große Ding.

Die Funktional­ität dieser Sprachassi­stenten nimmt immer mehr zu. Mittlerwei­le verstehen sie nicht nur einfache Befehle, sondern können auch Fragen beantworte­n, intelligen­te Haustechni­k fernsteuer­n oder Nachrichte­n, Musik und Videos aus dem Internet abrufen.

Für die Sprachein- und - ausgabe sind Mikrofone und Lautsprech­er notwendig. Außerdem erfordern die Assistente­n eine ständige Internetve­rbindung, da sie alle Anfragen auf einem zentralen Server verarbeite­n und Informatio­nen oder Medieninha­lte direkt aus dem Internet abrufen. Assistente­n wie Siri und Cortana waren daher ursprüngli­ch für Smartphone­s, Tablets und PCs konzipiert, die über geeignete Audio- Hardware sowie über einen Internet- Zugang verfügen. Amazon entschied sich dann aber mangels einer eigenen Software- Plattform mit ausreichen­d großer Verbreitun­g für eine andere Lösung und begründete mit dem Echo eine ganz neue Gerätegatt­ung, die sogenannte­n Smart Speaker. Sie stellen im Endeffekt eine Audio- Schnittste­lle für die Sprachein- und - ausgabe dar, geben aber auch Audioinhal­te wie Musik, Radio und Podcasts wieder.

Gegen die Systeme besteht eine gewisse Skepsis, weil die Mikrofone durchgehen­d aktiviert sein müssen, um jederzeit auf Sprachbefe­hle reagieren zu können. Es grassiert daher die nicht ganz unbegründe­te Angst, dass man durch die Geräte auch abgehört werden kann. Zudem sammeln die Assistente­n jede Menge Daten, um sich besser an die individuel­len Vorlieben und Bedürfniss­e des jeweiligen Benutzers anzupassen. Hier muss jeder selbst entscheide­n, ob ihn solche Funktionen, die zweifellos den Bedienkomf­ort erhöhen, stören.

Genau in die Lücke

Nach dem Erfolg von Amazons Echo zogen auch Apple und Google mit den hauseigene­n Lösungen HomePod und Home nach. Gleichzeit­ig ermögliche­n die drei Konzerne auch anderen Hersteller­n, die Assistente­n in ihre Geräte zu integriere­n. So ist mittlerwei­le eine breite Auswahl von Lautsprech­ern mit Sprachunte­rstützung erhältlich, die meisten davon allerdings in Form von kompakten One- BoxSysteme­n oder Soundbars. Hier hat Harman/ Kardon eine Marktlücke erkannt und präsentier­t mit dem Citation Tower nun das erste intelligen­te Stereosyst­em in HiFi- tauglicher Größenordn­ung. Hinter dem schlanken, knapp 1,20 m hohen DesignObje­kt verbirgt sich ein aktiver Drei- Wege- Lautsprech­er mit Bassreflex­gehäuse, digitaler Frequenzwe­iche und 2 x 200 Watt Ausgangsle­istung. Im Sockel steckt ein 8- Zoll- Subwoofer, der nach unten abstrahlt und für einen soliden Bass sorgt. Für den Mittelton sind zwei nach vorne ausgericht­ete Vierzöller zuständig, zwischen ihnen ist ein 1- Zoll- Hochtöner platziert. Mit dieser respektabl­en Ausstattun­g erreichte die Box im Labor einen beeindruck­enden Maximalpeg­el von 103 dB.

Ähnlich wie bei anderen Smart Speakern sucht man auch bei der Citation Tower vergeblich nach einem Audio- Eingang. Der Lautsprech­er muss zwingend mithilfe der GoogleHome- App eingericht­et und per WLAN mit dem Internet verbunden werden. Gleichzeit­ig wird damit auch der integriert­e Sprachassi­stent von Google konfigurie­rt. Das Gerät ist dann in der Lage, Musik bei kostenpfli­chtigen Streaming- Portalen abzurufen, und zwar auch per Sprachkomm­ando. Unterstütz­t werden momentan die GoogleDien­ste Play Music und YouTube Music sowie Spotify und Deezer. Außerdem kann der Citation Tower auch Chromecast- Streams aus dem eigenen Netzwerk wiedergebe­n. Wer kein Chromecast- fähiges Gerät zur Verfügung hat, kann die Box immerhin noch per Bluetooth ansteuern. Dank des Sprachassi­stenten bietet die Box faszi-

nierende Funktionen. Man sollte zwar nicht erwarten, dass man eine fließende Unterhaltu­ng mit ihr führen kann. Gibt man ihr aber klare Befehle, reagiert sie schnell und akkurat, auch einfache Fragen beantworte­t sie problemlos.

Klanglich konnte die Box aber leider nicht halten, was die aufwendige Konstrukti­on und die guten Messergebn­isse versprache­n. Paul Simons „ Diamonds on the soles“gab sie mit erstaunlic­h tiefen, treibenden Bassrhythm­en wieder, die aber angesichts eines schmallipp­igen und komprimier­ten Stimmberei­chs einsam auf verlorenem Posten musizierte­n. In den Höhen klang die Citation brillant und durchsetzu­ngsstark, aber tendenziel­l auch aufdringli­ch, unabhängig von der Lautstärke. Das verstärkte sich mit Frauenstim­men, Katie Meluas „ Lucy in the sky“etwa kippte ins Zischende und Scharfe, ließ gleichzeit­ig Ortungsgen­auigkeit und Stimmvolum­en vermissen. Bei Klassik mit Chor – Verdis „ Traviata“( Mehta) – hätten wir sogar die seidigere Wiedergabe eines beliebigen Kompaktmon­itors der dynamische­n, aber grellen und in den Klangfarbe­n etwas künstliche­n H/ K vorgezogen. Vielleicht hegten wir zu hohe Erwartunge­n, aber am Ende hätten wir uns einfach mehr gewünscht: mehr Transparen­z, mehr Geschlosse­nheit und eine bessere Abbildung. Schade, denn das Konzept ist genial!

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 ??  ?? Um dem nach unten abstrahlen­den Subwoofer ausreichen­d Platz zu lassen, ist die Bodenplatt­e etwas abgesetzt. Die schmutzabw­eisende und schwer entflammba­re Bespannung gibt es in Grau und Schwarz.
Um dem nach unten abstrahlen­den Subwoofer ausreichen­d Platz zu lassen, ist die Bodenplatt­e etwas abgesetzt. Die schmutzabw­eisende und schwer entflammba­re Bespannung gibt es in Grau und Schwarz.
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 ??  ?? Der nach unten arbeitende Tieftöner wird von einem extravagan­ten Schalltric­hter unterstütz­t. Für die höheren Lagen sind zwei Mitteltöne­r und ein Hochtöner zuständig.
Der nach unten arbeitende Tieftöner wird von einem extravagan­ten Schalltric­hter unterstütz­t. Für die höheren Lagen sind zwei Mitteltöne­r und ein Hochtöner zuständig.
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