Klein, aber oho
Sie passen auf eine Handfläche, fressen Server und Festplatten zum Frühstück und kippen noch eine Ladung DSD hinterher. Und wer sie erst mal hat, rückt sie nie wieder raus.
„ Unsere Mission ist es, hochwertige Audiokomponenten für echte Musikliebhaber zu möglichst niedrigen Preisen anzubieten.“
Als kleine Pro- Ject- Box hat man es nicht leicht. Zuerst hängt man wie Blister- verpackte Billigware im Laden an einem Haken. Dann wird man ständig angefasst und umgedreht, weil niemand glaubt, dass auch noch Anschlüsse auf die winzige Kehrseite passen. Und als ob das nicht schon genug wäre, muss man auch noch ungläubiges Grinsen ertragen, während man heißblütig schuftet, als gäbe es kein morgen. Ganz abgesehen von den immer gleichen Fragen: „ Ist da wirklich ein ganzer Computer drin?“
Ja, ist drin. Auf zehn mal zehn Zentimetern. Plus ein ganzer Haufen Software. Und das ergibt unterm Strich einen kompletten Streamer, der Stream Box S2 Ultra heißt. Wohlgemerkt: einen reinen Streamer ohne DAC. Doch dazu kommen wir gleich.
Unser Mitspieler im Bund der beiden Winzlinge ist ProJects Pre Box S2 Digital. Wenn man so will, ein „ Digital“- Vorverstärker, weil ausschließlich digitale Eingänge zur Verfügung stehen. Das ist heutzutage alles andere als eine seltene Audio- Installation und damit zeitgemäß. Alle Quellen sind hier digitaler Natur, weshalb der eingebaute DAC das essenzielle Feature dieser ebenfalls in Pro- Jects Zehn- ZentimeterStandard gefertigten Box ist. Nach dem DAC und dem Pegelsteller speist ein kräftiger Ausgangstreiber schließlich den Kopfhöreranschluss oder Endstufen- Ausgang.
Macht man es jetzt so clever wie Pro- Ject, dann spendiert man dem kleinen DAC- Vorver- stärker einen Wandlerchip der High- End- Klasse, nämlich den ESS9038 in einer Dual- MonoKonfiguration. Der ist normalerweise nicht in dieser Preisklasse zu haben. Und befördert die Pre Box in ( Klang-) Regionen, in denen solche Winzlinge normalerweise nichts zu suchen haben.
Im Team bilden Pre Box und Stream Box einen kompletten Vorverstärker für digitale Quellen, in dem Streaming, DAC, Kopfhörerverstärker und Pegelsteller unter zwei Minigehäusen vereinigt sind. Und dieser kombinierte Vorverstärker hat es faustdick hinter seinen imaginären Ohren, denn allein schon die Stream Box bietet eine höchst beeindruckende Ausstattung: Als Streaming Client ist die Box Roon- kompatibel und arbeitet mit DLNA/ UPnP- Musikservern zusammen. Außerdem sind USB- Festplatten und Speichersticks anschließbar, der drahtlose Zugang unterstützt auch Shairplay. Software- seitig harmoniert der Winzling mit Tidal und Spotify, Internetradio ( Shoutcast) ist ebenfalls im Repertoire. Wer mag, könnte sogar Tastatur und Maus anschließen, eine HDMI- Buchse stellt den Kontakt zu einem Monitor oder
Touch- Panel her. Das muss aber nicht sein, denn die Bedienung gelingt auch via Smartphone, Pad oder Webbrowser. In der Praxis klappte das Setup der Box im Teamwork mit einem iPad in wenigen Minuten. Der USB- Audioausgang kann natürlich mit beliebigen Wandlern zusammenarbeiten, wobei die Box auch als Jitter hemmende „ Bridge“zwischen Computer und DAC arbeiten könnte. Um die 18- Volt- Stromversorgung kümmert sich übrigens ein Steckernetzteil, als audiophiles Update bietet Pro- Ject verschiedene Akku- Netzteile an, die um die 200 Euro liegen.
Farbdisplay und Filter
Bei der Pre Box S2 Digital, die sich mit Relaisklicken zum Dienst meldet und auch direkt vom Rechner mit USB- Strom versorgt werden kann, beeindruckt nicht nur die erwähnte imposante Wandlerbestückung, sondern auch das helle kleine Farbdisplay, das die Pegel- Einstellung immerhin zentimeter- groß präsentiert. Die Pegel für Kopfhörer und Ausgangsbuchsen werden separat gespeichert, sehr praktisch. Eine Mini- Fernbedienung liegt bei, sie ermöglicht es auch, vom Hörplatz aus zwischen acht verschiedenen Digitalfiltern zu wählen, was man durchaus als Klangsteller interpretieren darf.
Das eigens entwickelte „ Optimum Transient“- Filter von Pro- Ject machte sich beim Hörtest übrigens so gut, dass es erste Wahl blieb. Da der DAC via USB PCM bis zu 32 Bit/ 768 kHz verarbeitet und sogar DSD 512 plus MQA „ schluckt“, muss für Windows ein USBTreiber installiert werden, den Pro- Ject gleich auf Disc beilegt. Lobenswert, dass das Manual auch ausführlich auf die komplette Installationsroutine des Foobar- Players eingeht, denn nur so ist der Windows- Maschine schließlich DSD zu entlocken.
Schlüssiges Konzept
Obwohl beide Geräte auch jeweils allein jede Menge Sinn machen, ist die Kombi schlüssig: Streaming, DAC und Vorverstärker im zweiteiligen Gehäuse, im Anschlussrepertoire Festplatten, NAS, PC, dazu drahtlos Musik vom Smartphone plus die Option, die konventionellen Digitalanschlüsse der Pre Box für TV und CDPlayer zu nutzen. Dieses Rundum- sorglos- Menü könnte sogar mit einem Bildschirm ergänzt werden, der High- Ender stellt sich noch ein Akkunetzteil dazu und hat so letztlich einen ausgefuchsten Vorverstärker kreiert, der bei Bedarf sogar noch mit Pro- Jects AD- Phonobox mit ihrem USB- Ausgang aufgewertet werden könnte...
Und wie klingt es? Schon unheimlich gut: trocken, schnell, spielfreudig und druckvoll. Der ESS9038 straft die Preisklasse der Pre Box S2 Digital Lügen und befördert diese trickreiche Kombi in erhabene Klang- Gefilde, die üblicherweise nur mit ganz anderen Investitionen zu erkunden sind.
Den „ User“, der die Hierarchien nun so kräftig durcheinandergewirbelt erlebt und bei dem die Kleinen schon beim Auspacken ein kräftiges „ Haben will“- Gefühl auslösten, freut das einmal mehr.