Den Bogen raus
Gauders Boxen mit Alu- Rippen und Diamantkalotte verbinden Materialhärte mit sanften Klängen und sind das Nonplusultra für Freunde älterer Aufnahmen.
Der Wettbewerb unter den High- End- Boxenkonstrukteuren um das beste Gehäusematerial tobt nun schon gefühlt Jahrzehnte. Und trotz KlippelAnalyse und Fortschritt in der Chassis- Technologie gibt es nach wie vor viele Entwickler unter den Besten der Welt, die dem Gehäusematerial einen großen Anteil am Klang zuschreiben.
Dass einige von denen auf Aluminium setzen, ist kein Zufall. Doch Dr. Roland Gauder, seines Zeichens Physiker, schreckte lange vor dem Leichtmetall zurück: zu starke Materialresonanzen, zu hohe notwendige Wandstärken und damit enormes Gewicht.
Erst die Arbeiten an seiner RC- Serie ( RC steht für Rib Construction) brachten ihn dem lange gehegten Traum von AluGehäuse näher: Denn wenn man die Außenhülle des Lautsprechers schichtweise aufbauen könnte und diese gegeneinander stark bedämpft, kann man die typischen ungewollten Eigenschaf-
ten des Leichtmetalls quasi austricksen und mit einer sehr hohen inneren Dämpfung kombinieren.
Geburt einer DARC
Und so entstanden die ersten Prototypen der DARC- Serie, wobei das DA hier „ Dynamic Aluminium“bedeutet und auf die Eigenschaft des Alus abzielt, dem Schall keine Energie und dem Klang damit keine Dynamik zu entziehen wie weichere Gehäusematerialien. Sie teilt sich in zwei unterschiedlich große Gehäusemaße auf, wobei die „ kleineren“Modelle nur Tieftöner bis 18 cm Durchmesser aufnehmen können. Die DARC 200, die sich bei uns im Hörraum zum Stelldichein einfand, ist das kleinste Modell mit den größeren Rippen.
Dem Entstehen des Gehäuses in der Manufaktur unweit von Stuttgart zuzusehen, ist eine wahre Freude ( siehe Seite 8). In langsamer Handarbeit wächst die Säule vom Boxenkopf aus immer einer Rippenlage Aluminium und einer dämpfenden Zwischenlage aus Fasermaterial, wobei sechs hochragende Gewindestangen, die wiederum per Zwischenrohren vom eigentlichen Gehäuse entkoppelt sind, bereits die Höhe des Gesamtkonstrukts erkennen lassen. Als letzter Schritt wird der massive Alu- Boden aufgebracht und die Stangen werden per Schrauben immer wieder angezogen, bis die Dichtungsfugen kontrolliert unter Spannung stehen und das Gehäuse automatisch seine Dichtigkeit erreicht hat.
Eine weitere Bedämpfung des unteren Hauptvolumens ist nicht notwendig, zumal auch die bogenförmig verrundete Grundform stehende Resonanzen in der Horizontalen weitgehend eliminiert. Zwischen Mittel- und oberem Basstöner wird eine durchgehend massive Rippe eingearbeitet, die die Volumina für Mittel- und Basskammer teilt.
Drei Wege mit Extra
Die Schallwand wird anschließend von vorn mit der Kon-
struktion verbunden und schließt dann beide Gehäusekammern dicht ab. In ihr sind die Chassis bündig eingelassen, die alle in passender dunkelgrauer bis schwarz schimmernder Membran gehalten sind.
Im Modell 200 arbeitet ein Quartett nach dem Drei- WegePrinzip, die beiden Bässe spielen parallel auf das 60 Liter netto große untere Volumen. Mit 23 Zentimetern Durchmessern passen die mit klassischer Aluminium- Konusmembran bestückten Bassspezialisten gerade noch in die nur einen Zentimeter breitere Schallwand. Ihr Einsatzbereich wird bereits bei 180 Hz begrenzt, was wie bei Gauder üblich durch ein steilflankiges Filter geschieht. Ein Filter- Gegenpart ist auch im untersten Bereich als Hochpass aktiv und sorgt zusammen mit dem nach unten durch den Sockel arbeitenden Reflexrohr für einen erweiterten Tiefgang und das Ausblenden subsonischer Frequenzen.
Edles im Mittelhochton
Den in Oktaven gemessen mit Abstand weitesten Frequenzbereich übernimmt der Mitteltöner. Das 17 Zentimeter messende Modell wird vom Spezialisten Accuton extra nach Gauder- Spezifikationen hergestellt und ist mit einem 1000 g schweren Spezialmagneten aus Eisen- Neodym ausgestattet. Die mattgrau bombierte Keramikmembran spielt dank zweier Resonanzdämpfer in den seitlichen Aussparungen bis 7 kHz ohne Membranresonanzen. Theoretisch, denn bei 3,5 kHz wird es bereits mit einer enormen Flankensteilheit ausgeblendet. Der Sinn dieses großen Frequenzumfangs laut Konstrukteur: den gesamten Stimmund Obertonbereich samt der vokalbestimmenden Formanten aus einem Punkt abzustrahlen und damit auch die Abbildung stabiler zu halten.
Ebenso steilflankig wird der Hochtöner eingeblendet; dank der speziellen, symmetrisch aufgebauten Weichenarchitektur verursachen die Filter trotz Flanken bis zu 60 Dezibel pro Oktave praktisch keine Phasenund Gruppenlaufzeitverzerrungen, wie sie sonst für steilflankige klassische Filter typisch sind.
Beim Hochtöner kann der Besitzer zwischen KeramikStandard im 25- mm- Format oder einer Diamant- Kalotte von 20 mm Durchmesser wählen. Die Frequenzweiche ist auf beides abgestimmt, was gegen
Die DARC 200 zaubert selbst aus historischen und kritischen Aufnahmen transparenten Klanggenuss ohne Limits.
Aufpreis eine spätere Aufrüstung möglich macht.
Anpassung
Doch damit nicht genug der Filterkomplexität: Die auf drei Platinen verteilte Weiche enthält zusätzliche Eingriffsmöglichkeiten für Bass und Hochton: Mittels je einer Steckbrücke lassen sich die Pegel für eine Anpassung an die Raumakustik um die Größenordnung ± 1,5 dB feinregulieren.
Zusätzlich kann das bereits erwähnte Hochpassfilter im Tiefbass nochmals als „ Bass Extension“zugeschaltet werden, wobei dann der Tiefstbass eine kräftige Betonung erfährt.
Genuss hoch 200
Im stereoplay- Hörraum entschieden sich die Redakteure schnell für den Bass in Stan- dard- Stellung, die beim staubtrocken aufgenommen „ Money For Nothing“bereits genug Sattheit im Bass mobilisierte und zugleich mit trockenem Groove für erste Begeisterungsstürme im Hörraum sorgte. Verblüffend homogen und extrem plastisch stellte die DARC das Geschehen dar, herausragend ihre Synthese aus verblüffend sanfter Durchhörbarkeit bei subjektiv hoher Dynamik. Wer etwas mehr Leuchten im Hoch- ton erwartet, kann dies mit der Höhenbrücke in wenigen Sekunden bekommen, was im fortlaufenden Test auch die beste Grundeinstellung blieb.
Extremes „ Pornograffitti“bietet Hardrock mit dünn- aggressivem Spät- 1980er- Sound – doch nicht auf der Gauder. Diese fand bei „ Get The Funk Out“zu einer fast sinfonischen Wärme und gewann mit knalligem Rockfunk eine gerade singend- schwebende Atmosphäre.
Dieses „ Wohlklang- ausTrash“- Kunststück setzte sich auch bei historischen Aufnahmen aller Genres und Couleur fort: So tönte Wagners „ Fliegender Holländer“unter Dorati mit deutlich weniger historischen Artefakten wie dem Bandrauschen und öffnete einen gerade magischen Raum in Breite und Tiefe. George Londons Stimme war vielleicht nicht mehr ganz so scharf zu orten, kam aber noch abgründiger und sonorer zur Geltung als sonst, die Klangfarben des Orchesters mit einer fast modernen Transparenz luden zum Schwelgen ein.
Mit einer ebenso plastischen, wunderbar durchsichtigen Performance von Ray Manzareks „ Carmina Burana“erreichte die Gauder zwar keine Weihen als kritischer Monitor, wohl aber als die wohl beste Wohlklangbox für jede Art von Musik. Diese Box ist vergnügungssteuerpflichtig!