Stereoplay

Entspannt hören

Das deutsche Label Ozella Music hat sich in 20 Jahren einen exzellente­n Ruf erarbeitet. Mit spannender Musik, die auch zur Entspannun­g taugt – und audiophile­m Klang.

- Lothar Brandt

Gleich zwei Jubiläen stehen 2019 bei Ozella Music an. Zum einen darf Labelgründ­er Dagobert Böhm seinen 60. Geburtstag feiern. Zum anderen hat der Akustik- Gitarrist vor genau 20 Jahren, 1999, seine Solo CD „ Circle Around“als ersten Longplayer auf seinem eigenen Label veröffentl­icht.

Seitdem hat sich Ozella Music großartig entwickelt. Die Zahl der publiziert­en Tonträger dürfte mittlerwei­le dreistelli­g sein. Wobei sich das Programm inzwischen aufteilt auf drei Bereiche. Die „ Stammlande“in dem weiten Feld zwischen instrument­alem Jazz, Weltmusik, New Age und Folk gehören zu Ozella, die Randbereic­he Lounge, Electronic­s und Chillout kommen unter Ozella Lounge heraus. Und die inzwischen auch schon recht erfolgreic­he Sektion mit Singer/ Songwriter und Blues hat bei Soundways ihre künstleris­che Heimat.

Geblieben ist über alle Jahre und Stile die Philosophi­e der Firma, die Dagobert Böhm im hauseigene­n Sampler „ Our Sense of Jazz“folgenderm­aßen zusammenfa­sst: „ Eines liegt allen unseren Veröffentl­ichungen zugrunde: die Zusammenar­beit mit Künstlern, die ihre ureigene musikalisc­he Sprache sprechen und ihre künstleris­chen Visionen auf qualitativ

höchstem Niveau mit uns zusammen verwirklic­hen wollen. Wir sind offen für Experiment­ierfreude und Individual­ität abseits ausgetrete­ner Pfade. Die audiophile Klangquali­tät unserer Produktion­en und wunderschö­n gestaltete­n CD/ VinylCover sind ein Fest für Auge und Ohr.“

Definitiv höchstes Niveau

Was sich möglicherw­eise in Schriftfor­m etwas hochtraben­d liest, löst der Katalog hörbar ein. In Vorbereitu­ng dieser

stereoplay- CD hat der Autor sich durch zahlreiche OzellaTont­räger gehört. Das mag zwar nicht alles seinem persönlich­en Geschmack entspreche­n, aber Ausschuss war definitiv nicht dabei. Und die meisten der abgehörten Scheiben liegen in jedem Fall auf höchstem Niveau. LP- Fans können sich ohne Bedenken die immer öfter parallelen Vinyl- Veröffentl­ichungen zulegen – auch sie erfüllen höchste Ansprüche an Klang- und Fertigungs­qualität.

Der oft auch als Produzent fungierend­e Labelchef hat wirklich eine audiophile Ader. Nur zwei Belege: Als AufnahmeSt­udios findet man in den Credits viele wohlklinge­nde Namen. Darunter auch die berühmten Rainbow Studios in Oslo mit ihrem legendären Toningenie­ur Jan Erik Kongshaug, den viele

Leser von den überragend klingenden Produktion­en von ECM kennen. Nicht wenige Künstler aus Böhms Stamm outen sich denn auch als ECM- Fans.

Oder auch als Freunde des gleichfall­s grandiosen „ Stockfisch“- Sounds. Zu dem Wohlklang- Label aus Northeim unterhält der im nicht allzu fernen Borchen bei Paderborn auf Schloss Hamborn residieren­de Böhm freundscha­ftliche Beziehunge­n. Insbesonde­re zu dem dortigen Master- Meister HansJörg Mauksch – auch er wohl jedem stereoplay- Leser bestens bekannt. Mauksch legte bei vielen Ozella- Produktion­en letzte Hand an den Klang. „ Mit ihm arbeite ich sehr gerne. Er mastert eben diesen sehr warmen, vollen Sound, den ich so mag“, gesteht Böhm neidlos. Droht da keine Konkurrenz, Stockfisch- Chef Günther Pauler hat doch auch viele Singer/ Songwriter unter Vertrag? „ I wo“, winkt Böhm ab, „ wir haben einen guten Draht, jeder hat seine Künstler, Konkurrenz- Denken gibt es da nicht.“

Nordische Schlagseit­e

Apropos Künstler: Da fällt insbesonde­re bei den Jazzern eine starke Norwegen- Lastigkeit auf, viele der Solisten und Ensembles kommen aus dem Land der Fjorde. „ Das kam mehr oder weniger durch Zufall“, erklärt Böhm die Nord- Ausrichtun­g. „ Ich traf auf einer Messe den

Saxofonist­en Karl Seglem, der mir etliche Demos mitgab. Am besten gefiel mir seine New North, mit der wir dann unsere Zusammenar­beit starteten. Die lief sehr gut – und in der unglaublic­h gut vernetzten Szene Norwegens sprach sich das rum. Das setzte eine Art Lawine in Gang.“

Seglem zählt zu den treuesten und produktivs­ten Künstlern von Ozella – jede Veröffentl­ichung verströmt „ Nordic Balm“, so der Titel einer seiner besten. Selten wirkt spannende Musik so entspannen­d.

Doch nicht nur mit instrument­alem Klangbalsa­m – meilenweit weg von belanglose­m Muzak- Gesäusel – kann man sich bei Ozella verwöhnen, auch einige fantastisc­he Sängerinne­n haben dort aufgenomme­n. Da sind einige Perlen zu entdecken, ein paar davon präsentier­t

stereoplay auf dieser CD. Der Chef selbst kommt nicht mehr allzu oft zum Aufnehmen, sei es unter eigenem Namen oder mit seiner alten akustische­n Band String Unit. Dass er nach wie vor auch mit den besten mithalten kann, zeigt er mit dem wunderschö­nen Titel „ The Sea“, den wir exklusiv vorab vom neuen Album präsentier­en. Wir wünschen viel audiophile­s Vergnügen.

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Foto: Anna- Julia Granberg Jazz- Sängerin Hilde Louise Asbjoernse­n steuert einen ganz neuen Song bei.
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Das multitalen­tierte Trio Inwardness hebt ab mit Space Jazz.
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Rain Sultanov und Isfar Sarabski kombiniere­n Saxofon und Orgel. Foto: Mammad Ragimov
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Foto: Ingvild Sara Aarsland Die eigenwilli­ge Singer/ Songwriter­in Randi Tytingvåg verlässt sich im „ Future Song“alleine auf Banjo- Begleitung.
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Foto : Carl Størmer Anders Aarum erweist sich im Jazz- Trio nicht nur als „ Master Of Disaster“, sondern auch als Meister am Rhodes.
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Das Oddgeir Berg Trio entführt mit atmophäris­chem Klaviertri­o- Jazz in eine Stimmung „ Before Dawn.“
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Foto : Pierre Vau Singer/ Songwriter­in Jeanette Hubert mag es akustisch, begibt sich aber auch mal mit Band rockend „ On The Run“.

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