Im Rausch der feinen Klänge
Lange Jahre produzierte Dominic Miller seine Alben daheim. Sie waren eine Mischung aus Selbstbeweis und Meditation, die dem viel beschäftigten Sideman von Sting vor allem in den Tourneepausen in den Sinn kamen. Das hatte seinen Reiz, schon weil sich in den späten Neunzigern Homerecording unendliche Klangoption verhieß. Irgendwann allerdings, so zwischen vierter und fünfter Platte, schlich sich ein unbestimmtes Gefühl ein, dass ProTools nicht alles sein kann. Miller machte zwar noch weiter, doch als ihm eines Tages der Münchner Produzent Manfred Eicher über den Weg lief und anbot, mit ihm zu arbeiten, ergriff er die Chance, die ästhetische Oberhoheit an jemanden abgeben zu können, der maßgeblich etwas davon versteht. Das Album „ Silent Light“entstand, eines der schönsten Gitarrenplatten der vergangenen Jahre, der nun „ Absinthe“folgt. „ Das erste, was mir in den Sinn kam, bevor ich irgendwelche Stücke schrieb, war der Titel“, erinnert sich Miller. „ Ich lebe in Südfrankreich und bin fasziniert vom Impressionismus. Scharfe, helle und fast hexenhafte Mistrals, kombiniert mit starkem Alkohol und einem intensiven Kater müssen die Künstler in den Wahnsinn getrieben haben. Der Himmel ist grün, das Gesicht blau, die Perspektive verzerrt“. Manchmal waren auch die Modelle derangiert, etwa Henri Toulouse- Lautrecs trinkende Dirnen. Ein Rausch, frei und doch getrieben. Famos als Vorlage für ein Album, für das sich Miller den Schlagzeuger Manu Katché, den Bassisten Nicolas Fiszman, den Keyboarder Mike Lindup und als besondere Farbe den Bandoneonisten Santiago Alias ins Studio holte. Wunderbare Musik entstand, luftig im Sound, ideal harmonierend mit Nylonsaiten und Metallzungen, verhaltenem, aber kraftvollem Schlagzeug, dezenten Linien und Klavierpassagen, aufgenommen im Edelklang- Setting von La Buissonne. Ein Album zum Schwelgen, in jeder Hinsicht.