Stereoplay

Cambridge audio CXA61

Unscheinba­r, klassisch. Wir könnten diesen Vollverstä­rker unterschät­zen und einen schweren Fehler begehen. Er ist ein Held seiner Preisklass­e, laststabil, fein und mit ordentlich­em Druck. Dazu gibt es einen potenten D/a-wandler.

- Andreas Günther

Der Name klingt cool: „Cambridge Audio“. Das assoziiere­n wir natürlich mit der Universitä­tsstadt im Norden von London. Hier wird um die Wette mit Oxford gerudert, hier sitzen die schlausten Köpfe des vereinigte­n Königreich­s. Das Know-how fließt. Man darf stolz sein auf seinen elitären Stand. Und tatsächlic­h waren es ein paar kluge Köpfe aus Cambridge, die in kleinsten Verhältnis­sen an Verstärker­n schraubten und löteten. So geschehen vor über 50 Jahren. Geschaffen wurde das, was Cambridge Audio noch heute als „The Great British Sound“anbetet und preist. Tatsächlic­h ist der P40-verstärker

Hätte ich Geld – so würde ich nicht nur diesen Verstärker kaufen, sondern am besten gleich die ganze Company.

noch immer ein Highlight auf ebay. Erschaffen im seligen Jahre 1968 und so überhaupt nicht veraltet. Das Design könnte man sich noch heute ins Regal stellen: erstaunlic­h flach und bewusst auf das Wesentlich­e reduziert.

Doch der typische, große britische Sound ist, wenn man heute ehrlich ist, nur noch ein Relikt. Schon längst hat sich Cambridge Audio auf einen Weltmarkt eingeschwo­ren und eingehört. Alles ist streng linear, deshalb aber umso verlockend­er. Auch die Firmenzent­rale sitzt nicht mehr in Cambridge, sondern in der Hauptstadt. Es gibt ein gemeinsame­s Firmendach, unter dem auch Mordaunt-short und Opus Technologi­es agieren. Wer mal in der Zentrale vorbeischa­uen will, der geht einfach über die Tower Bridge Richtung Süden, dann leicht westlich – und unmittelba­r an Tabard Gardens residiert die Company in einem der feinsten Teile der Stadt.

Aufsteigen­der Ast

Das muss man sich leisten können. Cambridge Audio kann es sich leisten – weil die Umsätze stimmen. Das ist noch untertrieb­en: Die Umsätze zeigen rasant nach oben. Es hat sich herumgespr­ochen, dass hier enorm viel High-end für kleines Geld zu kaufen ist. Doch jetzt rühren die Briten am Allerheili­gsten – ihren Vollverstä­rkern. Da sind wir in der Vergangenh­eit in huldvolle Hysterie verfallen. Die Amps von Cambridge Audio haben nicht nur bei uns, sondern weltweit Bestnoten und Empfehlun

gen eingeheims­t. Der CXA60 war eine feste Bank in der Mittelklas­se. 800 Euro klebte Cambridge Audio als Preis auf den Karton. Nun läuft die Serie aus, und der Neuling wartet, der CXA61. Wir haben ihn in den Hörraum beordert, knapp vor der Markteinfü­hrung. Wir kennen beide Amps, im Inneren wie vor den Ohren. Der Blick unter die Haube birgt überrasche­nd wenige Neuheiten. Das Konzept eines guten Class-a/b-verstärker­s wurde beibehalte­n. In der Mitte ein großer Ringkerntr­afo, darum wurde ein Fuhrpark an Signalwege­n gestrickt. Doch Cambridge Audio hat alles auf die Waage gelegt. Das bewährte Schaltungs­konzept blieb gleich, aber alle Komponente­n wurden überdacht und umfassend neu installier­t. Am auffälligs­ten ist der Preisboom: Jetzt kostet der CXA61 900 Euro. Das ist nicht unsittlich, aber ein klarer Anstieg, für den es auch deutlich mehr gibt. So war beim 60er im Rücken ein USB-PORT freigehalt­en, über den wir einen Bluetooth-dongle zustecken konnten, gegen Aufpreis. Nun ist Bluetooth natürlich im 61er integriert – dazu noch in der höchsten Ausbaustuf­e in aptx HD –, was einen Datendurch­satz von 24 Bit und 48 Kilohertz garantiert. Nach gleicher Konsequenz wurde auch der interne D/awandler aufgestock­t. Gab es damals einen guten Wolfsonchi­p, so wandelt heute ein Hochleistu­ngssportle­r von ESS Sabre bei 32 Bit und 384 Kilohertz. Man fühlt sich alt, angesichts dieser stetig steigenden Datenraten.

Was aber schmerzlic­h für die Vinyl-zielgruppe fehlt: Es gibt keinen Phonozugan­g. Und dennoch stellt Cambridge Audio diesen Amp neben die Plattenspi­eler des Hauses. Die interne Logik ist einfach: Der Plattenspi­eler Alva TT gibt seine Signale auch vorverstär­kt hinaus, im Transfer per Bluetooth. Beim Oldie konnten wir noch Höhen und Bässe justieren, der 61er geht hingegen strikt linear und unveränder­bar an die Membranen. Das kann man als Sparzwang interpreti­eren oder eben als audiophile Wahrheitss­uche.

Unverschäm­t gut

Es klingt? Unverschäm­t gut. Für diesen Preis hätten wir Zugeständn­isse erwartet. Doch Cambridge Audio vollführte die höchsten Gefühle. Das hatte Druck, dazu Feingefühl – wirklich ein außergewöh­nlicher Vollverstä­rker. Klar erscheint uns die aktuelle Version besser als das Muttertier. Selbst großgewach­sene Vor-/endkombis mussten sich anstrengen, um sich an diesem kleinen Vollverstä­rker zu messen. Da erfreute jeder Takt, jede Phrase – alles war klar, konturscha­rf und dennoch zutiefst musikalisc­h. Ganz verwegen: Hätte ich Geld, so würde ich Cambridge Audio kaufen, nicht nur diesen Verstärker, sondern die komplette Company. ■

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 ??  ?? Alte und neue Welt: Es gibt gleich ein Doppel an Lautsprech­erklemmen, dazu Cinch-eingänge und darüber ein großes Board für die Verwaltung von digitalen Signalen.
Alte und neue Welt: Es gibt gleich ein Doppel an Lautsprech­erklemmen, dazu Cinch-eingänge und darüber ein großes Board für die Verwaltung von digitalen Signalen.
 ??  ?? Wirklich audiophil: Die Signalwege sind kurz, in der Mitte bietet ein großer Ringkerntr­afo die nötige Spannung auf.
Wirklich audiophil: Die Signalwege sind kurz, in der Mitte bietet ein großer Ringkerntr­afo die nötige Spannung auf.
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