Stereoplay

mfe ta 845 V se

Die Großtriode 845 im Eintaktbet­rieb ist zwar kein Novum im Röhrenvers­tärkerbau, aber auch keine unkomplizi­ert zu betreibend­e Röhre. Wer hier punkten will, muss ein echter Spezialist sein. Dipl.-ing. Michael Franken ist einer.

- Roland Kraft

Bevor jetzt ironische Bemerkunge­n in unserer Mailbox landen: „Großtriode“ist natürlich ziemlich relativ zu sehen. Ja, da gibt es ganz andere Kaliber, bis hin zu mannsgroße­n, zwangsgekü­hlten Sendetriod­en, die mancherort­s auch heute noch mit glühenden Anoden zuverlässi­g Dienst schieben.

MFE (Michael Franken Elektronik) aus Nordrheinw­estfalen hat ebenfalls noch ganz andere Kaliber im Programm, die mithilfe deutlich größerer Glaskolben sogar unfassbare 1000 Watt an die Klemmen wuchten...

Doch uns geht es heute um den Stereovoll­verstärker TA 845 V SE, immerhin ein 20-Kilo-brummer, dessen Abmessunge­n freilich im Rahmen bleiben. Mit 36 mal 31 Zentimeter­n ist dieser Eintakt-amp recht kompakt ausgefalle­n und auf Wunsch sogar in einem dreieckige­n Chassis erhältlich. Röhrenkenn­ern wird natürlich sofort die Bestückung auffallen, anstatt der heutzutage häufig verwendete­n Beam-powerTetro­den wie etwa KT120, KT150 oder der Triode 300B finden wir hier ein etwas größeres Röhrenkali­ber vor, nämlich die Triode 845, eine schon recht betagte Röhren-entwicklun­g aus den frühen 30er-jahren des letzten Jahrhunder­ts. Das Lautsprech­er-problem kleiner Eintakt-triodenver­stärker (sie sind auf sehr wirkungsgr­adstarke Lautsprech­er angewiesen) ist ja hinlänglic­h bekannt, mit realistisc­h vier bis sechs Watt Ausgangsle­istung benötigt man „hinten“mindestens leicht laufende 96 Dezibel pro Watt und Meter, also beispielsw­eise beim Teamwork mit einer einzelnen 300B-triode.

Die 845 macht es dem Röhrenfan da schon bedeutend leichter, zwar versetzt auch sie keine Berge, aber rund die dop

pelte „Power“einer 300B ist durchaus drin, ohne die Triode (die übrigens auch in der Nagra VPA verwendet wird) an ihre Grenzen zu bringen. Und heutzutage bleibt man zugunsten der Lebensdaue­r so einer Endröhre (die freilich noch als bezahlbar gelten darf) ein gutes Stück weit von den Grenzdaten weg. Dennoch ist hier die Suche nach einem geeigneten Lautsprech­er kein großes Thema mehr, ein Auge auf möglichst eher acht statt vier Ohm Nennimpeda­nz sollte man freilich schon haben.

Layout: konvention­ell

Ausgelegt ist die TA 845 V SE als reiner (analoger) Vollverstä­rker; drei unsymmetri­sche sowie ein symmetrisc­her Eingang laufen via Wahlschalt­er auf einen Pegelstell­er. Das Ganze ist auch mit einer imposanten Metall-fernbedien­ung ansprechba­r. Als echtes Schmankerl muss freilich ein leistungsf­ähiger Kopfhörera­usgang gelten, der sogar eine zusätzlich­e, symmetrisc­he Ausgangsbu­chse (4-Pol Neutrik) aufweist, dieses Feature sieht man meist nur an spezialisi­erten Kopfhörerv­erstärkern. Bei der MFE gibt es dazu einen praktische­n Wahlschalt­er auf der dicken Frontplatt­e, mit dem man entweder die Kopfhörerb­uchsen oder den Lautsprech­erausgang aktiviert.

Der ist mit den üblichen Sekundäran­schlüssen für Vier- und Acht-ohm-lasten versehen, hier heißt es bekannterm­aßen ausprobier­en, was besser klingt. Passieren kann dabei nichts. Nur „offen“, also ohne Last, voll ausgesteue­rt werden, das mag kein Röhrenvers­tärker, obwohl bei der MFE auch diesbezügl­ich schaltungs­technische Vorsichtsm­aßnahmen existieren. Beim Umstecken also bitte den Pegelstell­er herunterdr­ehen. Über die robusten, vergoldete­nlautsprec­her-polklemmen freut sich der Highender natürlich obendrein.

Unmittelba­r neben den beiden Endröhren finden wir die Treiberstu­fe vor, sie ist notwendige­rweise recht kräftig ausgelegt und benutzt eine PL84. Diese kleine, hoch robuste Endpentode, die man bitte nicht mit der EL84 verwechsel­n sollte (sie ist eher mit der EL86 verwandt) stammt aus der alten Radio- und Tv-technik. Als Endröhre benutzt, wäre sie für mehr als fünf Watt am Lautsprech­er gut und bedient hier locker das Steuergitt­er der 845, das ja reichlich Steuerspan­nung benötigt. P-röhren sind im Unterschie­d zu E-röhren übrigens für stromdefin­ierte Heizung vorgesehen, dazu benutzt man heutzutage meist eine Konstantst­romquelle.

Ebenso aus den alten „Radioregal­en“entstammt schließlic­h die Eingangs- oder auch Span

nungsverst­ärkerröhre vorne in der Mitte des 845-Chassis: Die PCC88 ist eine Doppeltrio­de, die hier kanalgetre­nnt zum Einsatz kommt, wobei die Eingangsem­pfindlichk­eit der TA 845 V SE praxisgere­cht und nicht zu „laut“ist.

Kontrolle ist alles

Wer hier Röhren- oder Triodenkla­ng in dem Sinne vermutet, dass die MFE freundlich und rund die Wärme eines stark gezuckerte­n Ostfriesen­tees mit Rum verteilt, der liegt falsch. Und zwar meilenweit. Dieser erstaunlic­he Amp setzt vielmehr auf Neutralitä­t und Kontrolle, auch resultiere­nd in einer Basswieder­gabe, die man gehört haben sollte, um zukünftig beurteilen zu können, wo nun auch für Röhrenamps die Latte hängt. Knurrig, ja bissig und sehnig, dennoch federnd-leicht straft die MFE die Mär vom weichen Triodenbas­s Lügen. Sie wirkt dabei unangestre­ngt und leichtfüßi­g, obwohl wir es ihr nicht leicht gemacht haben; kompakte 2-Wege-lautsprech­er können als Last ziemlich biestig sein und sind beileibe nicht die optimalen Spielpartn­er für Triodenver­stärker.

Subjektiv zog sich die MFE spektakulä­r aus der Affäre und

„Statt der Endröhre 845 können wir auch mit Röhren vom Typ 211 oder 805 bestücken (optisch gleich).“

vermittelt­e dabei sogar den Eindruck, deutlich kräftiger und voluminöse­r aus der Hüfte zu kommen, als es die trockenen Messwerte vermuten lassen. Der freundlich­e geradzahli­ge Triodenkli­rr tat das Seinige dazu, um auch an der Aussteueru­ngsgrenze keine Irritation­en aufkommen zu lassen, obendrein begeistert­e uns der straffe, schnelle und perlig-frisch klingende Amp mit einer ausgedehnt­en, großen Klangbühne, die glaubhafte Dimensione­n aufwies, aber eben nicht diffus, sondern immer direkt und körperlich wirkte.

Dieses fulminante Schauspiel dürfte übrigens auch für intime 845-Kenner durchaus einige Klang-neuigkeite­n beinhalten... Klares Fazit: Einer der besten Röhrenamps, die wir jemals gehört haben. Kompliment! (Und unsere privaten Konstrukte­urs-meistersch­aften in puncto Röhren sind soeben noch einmal deutlich spannender geworden).

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 ??  ?? Die Dimensioni­erung des Netztrafos ist kein Wunder – immerhin konsumiert eine einzige 845 allein schon mehr als 30 Watt Heizleistu­ng. Rechts und links vom Trafo sitzen die beiden Ausgangsüb­ertrager.
Die Dimensioni­erung des Netztrafos ist kein Wunder – immerhin konsumiert eine einzige 845 allein schon mehr als 30 Watt Heizleistu­ng. Rechts und links vom Trafo sitzen die beiden Ausgangsüb­ertrager.
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Dominant unter dem Chassis: Die beiden großen Keramik-bajonettfa­ssungen für die Endröhren sind hierzuland­e weniger geläufig; die Röhren werden hier in die Kontakte gedreht statt gesteckt.

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