dynaudio sub 6
Dynaudios Sub6 zeigt eine ebene Frontseite und verbirgt nicht nur seine Chassis dezent auf der Seite. Auch die wahren Wunderkünste seines DSPS zeigen sich erst beim Hörtest: Er kann sich per Delay beliebig mit den Hauptlautsprechern auf eine akustische Ebene bringen, und klingt zeitrichtig und präzise wie sonst kaum ein Woofer.
Hifi-hersteller neigen sonst nicht dazu, potenziell sinnvolle Funktionen ihrer Produkte in Werbung und Datenblatt unter den Scheffel zu stellen. Im Gegenteil, Features werden zuweilen gern in Superlativen gepriesen.
Eines der prominenten Gegenbeispiele, bei denen revolutionäre Funktionen, auf die viele Musikhörer gewartet haben, in der Beschreibung nur am Rande erwähnt werden, finden wir bei Dynaudios FlaggschiffWoofer Sub6. Wobei die Bezeichnung „Subwoofer“eine Untertreibung ist, denn eigentlich handelt es sich um eine Dsp-basierte Weiche mit ungekannten Anpassungsmöglichkeiten im Zeitbereich, bei denen noch ein Tieftonerzeuger eingebaut ist.
Klein, aber genial
Denn der relativ kompakte Woofer, der auf der Frontseite außer den beiden seitlich zu erspähenden Sicken keinerlei Hinweis auf seine Funktion liefert, löst ein altes akustisches Problem auf geradezu vorbildliche Art und Weise.
Dass Subwoofer nicht unter allen Musikhörern den besten Ruf genießen, hat nämlich einen einfachen Grund: Es ist äußerst schwierig bis unmöglich, einen normalen Sub mit analoger Weiche derart zeitrichtig ins musikalische Geschehen einzubinden, dass er mit den Hauptlautsprechern das Timing wirklich auf den Punkt beherrscht. Oft entwickelt der Tiefton ein rhythmisches Eigenleben oder hinkt hörbar nach. Der Grund ist neben der reinen Laufstrecke des Schalls in den Eigenschaften der Weichen zu sehen, die dem Tiefton fast immer eine Gruppenlaufzeitverzögerung aufzwingen und ihn damit minimal zu spät kommen lassen.
Digitale Zeitrichtigkeit
Ein klassischer Subwoofer mit Digitalweiche hilft da nur bedingt, denn in den meisten Fällen gilt es, den Schall der Satelliten zu verzögern. Genau das kann der Sub6, indem er das Signal, das zu den Endstufen und den Hauptlautsprechern gelangt, über einen DSP führt, der nicht nur eine aktivierbare Hochpassfilterung bei 80 Hz ermöglicht, sondern auch eine beliebige Anpassung im Zeitbereich, selbst wenn der Sub deutlich weiter weg plaziert wird als die Satelliten. Die Abstände müssen per Menü zentimetergenau eingegeben werden, der Abstand darf bis zu 5,3 m betragen. Und natürlich ist es obligatorisch, dass zwischen Vor- und Endstufe der Woofer geschleift wird, der hierfür Cinch- wie Xlr-ausgänge zur Verfügung stellt. Mit zwei oder vier Subs dieser Bauart lassen sich sogar Double-bass-arrays aufbauen.
Doch damit nicht genug: Ein dreifacher vollparametrischer Equalizer steht für Raumkorrekturen zur Verfügung, und wer einen Dynaudio-lautsprecher als Satelliten einsetzt, kann eine vorprogrammierte, optimale Weiche anwählen und braucht sich um Trennfrequenz und Co. nicht mehr zu scheren. Das gilt auch für zukünftige Boxen, deren Daten per Softwareupdate eingespielt werden.
Klassische Technik neu
Die beiden Chassis im 23-cmformat spielen im Parallelmodus seitlich in unterschiedliche Richtungen, was ihre auf das Gehäuse übertragenen Impulse vollständig aufhebt. Sie werden von einer 500 Watt RMS starken Hypex-endstufe angetrieben. Bei der Membrankonstruktion gingen die Dynaudio-entwickler neue Wege: Zum einen fallen Sicke und Zentrierung deutlich
Dynaudios Sub6 löst ein altes akustisches Problem auf vorbildliche Weise – mithilfe eines digitalen Delays im DSP.
größer aus als bei den bisher bekannten Dynaudio-modellen, außerdem besteht die Membran nicht mehr aus dem üblichen MSP (Magnetverstärktes Silikat-polymer) – das wäre für die aus dem kleinen Volumen resultierenden Drücke nicht hart genug. Der Konus wird also aus Aluminium gezogen, das von hinten mit Papier und von vorne mit MSP beschichtet wird, um eventuelle Resonanzen zu unterdrücken.
Musikalisches Wunder
Der Sub6 war wohl der erste Woofer in der Testgeschichte von stereoplay, bei dem keinerlei Anpassung von Phase oder Frequenzweiche notwendig war, um ihn mit den Hauptlautsprechern in Einklang zu bringen. Bon Jovis „Keep the Faith“untermalte er mit einem dezenten, doch nachdrücklichen und abgrundtiefen Groove, als wäre er Teil der Hauptlautsprecher. Kein Basslauf war ihm dabei zu schnell, kein Detail zu filigran, hier spielte einer der präzisesten Woofer überhaupt, der neben einer rabenschwarzen Tiefe auch eine hervorragend musikalischnatürliche Impulsverarbeitung zu bieten hatte und nie auffettete. Das war insbesondere dadurch zu merken, dass das Zuschalten des Subs kaum bemerkt wurde, das Abschalten jedoch zu einer dramatischen Lücke im Klangbild führte. Klassischen Tönen mit saftigen Bässen, wie Strawinskys „Sacre du printemps“(RCO) gab er Kraft, Raumtiefe und Struktur, ohne sie aufzudicken oder zu verlangsamen. Nur bei fies-tiefen elektronischen Tönen oder bei Action-filmen musste er seiner Größe Tribut zollen und massigere Konkurrenten pegelmäßig ziehen lassen, was ihm aber ohne hörbare Limitierungen gelang.
Dass hier ein AusnahmeSub, ja einer der besten überhaupt, gespielt hatte, wurde anschließend bei Ralf Gaucks „Little Wing“klar – der Bass stand bei jedem Ton wie angenagelt im Raum, jedes Zupfen erklang natürlich, als hätte man einfach den Tiefgang der Hauptboxen erweitert. Weltklasse!
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