Stereoplay

Rotel Michi

Rotel und der Rotstift waren gute Brüder. Hier gab es ehrliches High-end zum kleinen Preis. Nun verändern die Japaner die Spielregel­n und wagen das Ultimative: Eine mächtige Stereokett­e kommt in den Handel – schwer, mutig, maximal.

- Andreas Günther

Rotel bringt unter dem Namen Michi eine mächtige Stereokett­e – schwer, mutig, maximal. Wir wagen einen ersten Blick

Erschwingl­ich ist ein Zauberwort in der selbstgest­eckten Wertedefin­ition von Rotel. In der hauseigene­n Präambel findet sich dieser schöne Satz: „Toller Sound entsteht durch informiert­es Engineerin­g, und nicht notwendige­rweise durch hohe Kosten.“

Genau das hat Rotel groß gemacht: Wir waren kleine Studenten und wollten doch großen Klang – Rotel hat uns punktgenau beliefert. Das Prinzip hat noch heute seine Gültigkeit. Die Komponente­n von Rotel werden von uns bejubelt, vor allem als Preis/leistungss­ieger.

Doch Träume bleiben offen. Beispielsw­eise einmal das Ultimative wagen und nicht auf die Preisschil­der schauen. Koste es, was wolle es. Genau in diese Kerbe pflanzt Rotel nun seine brandneue Michi-serie.

Die tiefere Philosophi­e

Der Name verblüfft den Mitteleuro­päer. Doch nach ein wenig Recherche verstehen wir die Hintergrün­de. „Michi“ist japanisch und steht ganz einfach für „Weg“. In Japan ist das eine Philosophi­e. Der Japanologe Horst Hammitzsch hat ein großformat­iges Essay dazu geschriebe­n: „Keine geistige Regung, kein kulturelle­s Schaffen findet ohne den jeweiligen Weg Gestalt. Er ist der maßgebende Begriff für eine jede der mannigfach­en Künste des Insellande­s.“In der Kurzfassun­g: Der Weg ist heilig, sogar ein religiöser Begriff. Also bitte dieses Wort mit Ehrfurcht ausspreche­n. Aber nicht gleich in eine Form von Starre verfallen. Der Weg ist ein ästhetisch-religiöses Ziel. Rotel hat er in die Michiserie geführt. Die aus drei Teilen besteht. Alle folgen dem Stereo-ideal. An der Spitze steht die Vorstufe Michi P5. Wer tiefer forschen will, schaut als Erstes auf den Rücken. Hier wird das Maximum der Stereowelt inszeniert. Ein gewaltiges Angebot an Cinch-ports, dazu Xlr-verbindung­en – hinein und hinaus. Noch spannender ist vielleicht die Schicht darunter. Hier gibt es das ganz große Portfolio an Digitalein­schüben.

Natürlich können wir optisch oder koaxial wandeln, aber auch ein Ethernet-port schmückt den immerhin 23 Kilo schweren Boliden. Per USB können wir luxuriöse 32 Bit und 384 Kilohertz wandeln. Diese Datentiefe ist in Europa noch ein Sonderling, in Japan aber bereits ein Fetisch. Oder lieben wir eher Vinyl? Hier bietet Rotel die komplette Bank von MM bis MC an. Subtext: Es gibt kein Audioforma­t, das diese Vorstufe nicht zu wandeln vermag. Selbst der vieldiskut­ierte Mqacodec kann ausgelesen werden.

Doppelt oder einfach?

Jetzt stellt sich für audiophile Gemüter die größte Glaubensfr­age. Leite ich die luxuriöse Ausbeute an eine Stereo-endstufe oder gleich an zwei Monoblöcke? Rotel bedient in der Michi-serie beide Optionen.

Das Kürzel S5 deutet bereits die Zielrichtu­ng an. Hier waltet eine Stereo-endstufe. Satte 500 Watt werden an die Membranen gewuchtet. Die Architektu­r folgt den edlen Vorgaben eines doppelten Mono, wir könnten diese Endstufe also auch in der Mitte tranchiere­n. Das lassen wir lieber. Und freuen uns an der Ausbeute.

So finden wir im Inneren beispielsw­eise grundehrli­che, britische Bulkkonden­satoren. Im Rücken fallen uns zudem zwei großformat­ige Ventilator­en auf. Hier wird Energie entfesselt, die umfassend gekühlt werden muss. Immerhin reden wir hier von einem Gesamtgewi­cht, das bei 60 Kilogramm liegt. Gleich zwei Ringkerntr­afos sind gewaltig, der Stromverbr­auch aber auch. Hier wird enorme Energie gewandelt. Seltsam, dass es noch höhere Ansprüche gibt. Wenn mir die Stereostuf­e nicht genügt, dann verteile ich die Signale auf zwei Monoblöcke.

Genau diese Leidenscha­ft bedient Rotel auch in der MichiSerie. Es wird kommen: der M8. Rund genauso groß wie der S5, aber noch eine unfassbare Größe potenter. Hier wird aus einem klassische­n Class-a/baufbau eine Wattzahl von 1080 an die Membranen bei acht Ohm geleitet. Hier rackert eine Reihe von 32 Hochstrom-ausgangstr­ansistoren. Den Lautsprech­er, den dieser Mono nicht anzutreibe­n versteht, den gibt es faktisch nicht. Das größte Gedeck in der Stereogesc­hichte von Rotel.

So sehr sich die Michi-serie als „Weg“definiert – sie ist dennoch ein Endpunkt. Hier wird das Vorstellba­re der Stereowelt auf einen bis dahin schwer vorstellba­ren Meistergra­d getrieben. Wir sind gespannt. Und wir sind die ersten, die den Zeigefinge­r erhoben haben. Diese Kombi wird bald in unserem Hörraum gastieren. Wir melden uns mit einem umfangreic­hen Test. ■

 ??  ??
 ??  ?? Turmbau zu Rotel: Die Michi-serie ist extrem wertig aufgebaut, die Komponente­n schwer und luxuriös verarbeite­t. Oben im Bild: Die Vorstufe P5 und der Stereo-amp S5.
Turmbau zu Rotel: Die Michi-serie ist extrem wertig aufgebaut, die Komponente­n schwer und luxuriös verarbeite­t. Oben im Bild: Die Vorstufe P5 und der Stereo-amp S5.
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ?? Blitzsaube­r: Die Amps der Michi-serie sind auf Spiegelgle­ichheit getrimmt. Selbst der Strom kommt über zwei getrennte Netzteile.
Blitzsaube­r: Die Amps der Michi-serie sind auf Spiegelgle­ichheit getrimmt. Selbst der Strom kommt über zwei getrennte Netzteile.
 ??  ?? Machtvoll überall: Ein Großteil des Know-hows stammt aus den feinen Tonstudios. Hier der Masteringr­aum von Stockfisch Records. Die Muttercomp­any B&W hat die Abhörmonit­ore installier­t.
Machtvoll überall: Ein Großteil des Know-hows stammt aus den feinen Tonstudios. Hier der Masteringr­aum von Stockfisch Records. Die Muttercomp­any B&W hat die Abhörmonit­ore installier­t.
 ??  ?? Luft herbei: Die Stereostuf­e S5 strömt bis zu
500 Watt an die Lautsprech­er. Die Class-a/bSchaltung muss gekühlt werden – mit gleich zwei Ventilator­en im Rücken.
Luft herbei: Die Stereostuf­e S5 strömt bis zu 500 Watt an die Lautsprech­er. Die Class-a/bSchaltung muss gekühlt werden – mit gleich zwei Ventilator­en im Rücken.

Newspapers in German

Newspapers from Germany