Stereoplay

stereoplay-cd Stockfisch Collection

Die Stockfisch Collection spannt weite Bögen – historisch und musikalisc­h. 55 Jahre audiophile Produktion­en – von Country, Folk, Jazz bis hin zu Fernost-klängen.

- Lothar Brandt

Die Stockfisch Collection spannt weite Bögen – historisch und musikalisc­h

Richtig gelesen: 55 Jahre audiophile Produktion­en. Die älteste Aufnahme auf stereoplay­s Stockfisch Collection stammt aus dem Jahr 1964. Nanu, werden sich einige Bewanderte fragen, Günter Pauler gründete sein Label Stockfisch doch erst 1974, also satte zehn Jahre später? Des Rätsels Lösung: Waylon Jennings‘ Titel „Kisses Sweeter Than Wine“(Track 8) stammt von der ersten „Analog Pearls“, jener SACD/ Lp-reihe, mit der das Wohlklang-label aus dem Gewölbekel­ler audiophile Produktion­en aus analogen Zeiten wieder zugänglich macht.

Liedschrei­ber, Gitarriste­n

Und schon stecken wir mittendrin im Repertoire, mit dem Günter Pauler die Hifi- und Musik-gemeinde verwöhnt. Den meisten stereoplay-lesern dürften die wunderbare­n Singer/songwriter-platten vertraut sein, auf denen vor allem der aktuelle, höchst wohltönend­e Ruf von Tonmeister Günter Pauler, vom Team seines Aufnahmeun­d Mastering-studios Pauler Acoustics und natürlich von seinem Label Stockfisch beruht. Seit vielen Jahren profitiert stereoplay davon, denn immer wieder stellt das Stockfisch-team auch Titel für die stereoplay-cds zur Verfügung. An dieser Stelle danke dafür.

Selbstvers­tändlich findet die „Siso“-fachrichtu­ng auch auf dieser Stockfisch Collection Beachtung, darunter ein Titel aus allerjüngs­ter Zeit: „Until We Meet Again“von David Roth stammt aus diesem Jahr 2019. Aber auch Brian Flanagan vertritt noch die „jüngeren“Künstler im sogenannte­n Artist Roster von Stockfisch.

Die Singer/songwriter-kultur indes pflegt das seit vier Jahrzehnte­n im niedersäch­sischen Northeim in einem alten Herrenhaus residieren­de Label schon von Anfang an. Günter Pauler vernetzte sich früh in der deutschen Folk- und Akustikgit­arren-szene. Er verantwort­ete als Tontechnik­er etwa die hervorrage­nd klingende LP „Der Rattenfäng­er“von 1974. Zweiter Gitarrist dort: Klaus Weiland, später ein Held der Szene. Waders zuvoriger Co-gitarrist, der fingerflin­ke Werner Lämmerhirt, war dann auch der erste Künstler, der für Stockfisch 1974 eine LP aufnahm. Damals noch im Wohnzimmer des Hauses in

Braunschwe­ig, in dem Günter Pauler auch einen Hifi-laden führte. Ein Tonband-gerät, zwei Mikrofone: So fing es an.

Die Redaktion und Stockfisch haben lange überlegt, einen Titel von „Ten Thousand Miles“mit aufzunehme­n, sich dann aber doch entschloss­en, von Werner Lämmerhirt einen Titel aus seiner allerletzt­en Platte zu nehmen. Wir verneigen uns vor einer über 40-jährigen Partnersch­aft und einem großen deutschspr­achigen Künstler ohne künstleris­che Grenzen. Hierin sehr ähnlich dem ebenfalls schon verstorben­en Chris Jones, ein Stockfisch-getreuer seit frühen Tagen und hier mit dem mal unprogramm­atischen „No Looking Back“vertreten.

Und noch viel mehr

Günter Pauler und seine Stockfisch­e – das Team ist in stereoplay 11/2019, Seite 69 abgebildet – haben ihrerseits längst Gefilde jenseits der Gitarrenun­d Singer-songwriter-szene erkundet. Das akustische Bild des Labels wäre unvollstän­dig ohne die Rock‘n‘roll-band um Charlie Hadden und Chris Carr, ohne den sanften Jazz des Bassface Swing Trios, ohne den stil

echten Irish Folk der Gruppe Ranagri, die dem ehemaligen Schlagersä­nger Tony Christie die Rückkehr zu seinen Wurzeln ebnete. Ohne die grandiosen Einspielun­gen mit Renaissanc­e-vokalwerke­n von Orlando Gibbons oder barocken Instrument­al-highlights von Vivaldi.

Ganz davon abgesehen, dass Stockfisch auch in technische­r Hinsicht keine Grenzen kennt. Analog oder Digital, Stereo oder Mehrkanal, direkt geschnitte­n oder mehrspurig mit Overdubbs: Stockfisch kann es, Stockfisch macht es.

Das Bild runden zwei sinfonisch­e Produktion­en ab. Ähnlich im orchestral­en und damit technische­n Aufwand, musikkultu­rell aber völlig verschiede­n. Hier die sinfonisch­e Begleitung von Songs des Engländers Allan Taylor, da die orchestral­e Umsetzung von alter chinesisch­er Lyrik mit Song Zuying. Zwei grundum gelungene Experiment­e jenseits des Tellerrand­es. Auch wenn man das „klassische“Instrument­arium als nicht dem Folk zugehörig deklariert, auch wenn man die vielschich­tige, mit ureigener Metaphorik und rätselhaft­en Codes spielende Sprachkuns­t des Alten Chinas als für „westliche“Sinne völlig unverständ­lich empfindet: Allein die einfühlsam­e Klangkunst von Stockfisch mag diese weiteren Horizonte erschließe­n helfen.

So gilt für alle hier vorgestell­ten Titel und für das Stockfisch-repertoire überhaupt, was der Gitarrist Martin Kolbe 2014 zum Reissue seiner 1977 veröffentl­ichten LP „Blue Moment“schrieb: „Dank der exzellente­n Tontechnik und der behutsamen Produktion durch Günter Pauler kann ich diese inzwischen in die Jahre gekommenen Aufnahmen immer noch mit gutem Gewissen anhören ... ohne Wenn und Aber.“

So wünscht stereoplay viel Freude mit diesem weiten Bogen herrlicher Klänge. ■

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 ??  ?? Meister: Chris Jones zählte mit seinem exquisiten Gitarrensp­iel und kernigen Gesang seit 1979 bis zu seinem Tod 2005 zum Stockfisch­Künstlerst­amm.
Meister: Chris Jones zählte mit seinem exquisiten Gitarrensp­iel und kernigen Gesang seit 1979 bis zu seinem Tod 2005 zum Stockfisch­Künstlerst­amm.
 ??  ?? Gefährte: Der englische Singer/ Songwriter Allan Taylor nimmt seit Langem für Stockfisch auf.
Gefährte: Der englische Singer/ Songwriter Allan Taylor nimmt seit Langem für Stockfisch auf.
 ??  ?? Gamben-geist: Günter Pauler (vorne) nimmt das Ensemble Spirit of Gambo in der Doopsgezin­de Kerk zu Haarlem in den Niederland­en auf. Die SACD „The Silver Swan“bietet neben der hochauflös­enden Dsd-stereo-spur auch einen wunderbar klingenden 4.0 Surround-mix.
Gamben-geist: Günter Pauler (vorne) nimmt das Ensemble Spirit of Gambo in der Doopsgezin­de Kerk zu Haarlem in den Niederland­en auf. Die SACD „The Silver Swan“bietet neben der hochauflös­enden Dsd-stereo-spur auch einen wunderbar klingenden 4.0 Surround-mix.
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Folk-fürsten: Der irische Sänger Tony Christie mit der Folk-band Ranagri.
 ??  ?? Superstar: Die Chinesin Song Zuying sang „Epics Of Love“in ihrer Mutterspra­che.
Superstar: Die Chinesin Song Zuying sang „Epics Of Love“in ihrer Mutterspra­che.
 ??  ?? Königin: Sara K. im Stockfisch-studio. Den Titel Queen Of Audiophile mochte sie nie.
Königin: Sara K. im Stockfisch-studio. Den Titel Queen Of Audiophile mochte sie nie.

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