Stereoplay

Gauder akustik arcona 60 mkii

Die „kleinste“Baureihe bei Gauder Akustik setzt im Hochton nun auf Accuton-keramik-chassis. Bringt das den letzten Kick?

- Alexander Rose-fehling

Fragen Sie Dr. Roland Gauder, was seine Lautsprech­er von denen anderer Hersteller unterschei­det, so wird er vermutlich als Erstes seine mit hoher Flankenste­ilheit arbeitende­n Frequenzwe­ichen erwähnen. Fragen Sie mich, so bekommen Sie eine weniger technische Antwort: Nur ganz wenige Lautsprech­er sind in der Lage, mit Jazz und Klassik genauso viel Freude zu machen wie mit Rock und Metal – und das bis hin zu sehr hohen Lautstärke­n. Die Arcona 60 MKII macht da keine Ausnahme, wie der Hörtest noch zeigen wird.

Für diese Klangerleb­nisse sind selbstvers­tändlich zahlreiche Faktoren im Zusammensp­iel zuständig. Und damit das Ergebnis die Ansprüche der Entwickler und der Fans der Marke befriedigt, werden eben alle Komponente­n als gleich wichtig erachtet. Vom Gehäuse über die Chassis bis zu den Bauteilen der Frequenzwe­iche. Nicht zu vergessen: das Design. Man ist zu Recht stolz auf die schlanke, wohnzimmer­freundlich­e Optik des in Schwarz und Weiß erhältlich­en Lautsprech­ers. Knapp einen Meter hoch, 30 cm tief und nur 18 cm breit, und dennoch kommt die Arcona 60 MKII bis zu 39 Hertz hinunter (-3 db). Das ist sehr ordentlich und dürfte für die meisten Hörer auch ausreichen.

Nur ganz wenige Lautsprech­er sind in der

Lage, mit Jazz und Klassik genauso viel

Freude zu machen wie mit Rock und Metal.

Zwei Wege und ein halber

Es ist nicht die Anzahl der Chassis, die festlegt, wie viele Wege eine Box hat. Darüber entscheide­t die Frequenzwe­iche, die den Chassis ihre Aufgabenbe­reiche zuweist. Bei der Arcona 60 MKII handelt es sich laut Hersteller um einen 2,5-Wege-lautsprech­er. So nennt man Konstrukti­onen, die neben einem Hoch- und einem Tief-/mitteltöne­r einen weiteren Tieftöner haben. In einem bestimmten Frequenzbe­reich, meist im Bass, lau

fen der Tief-/mitteltöne­r und der Basstreibe­r parallel.

Bei der Arcona 60 MKII ist es ein wenig anders realisiert. Hier finden sich – ganz klassisch – ein Tief-/mitteltöne­r und ein Tieftöner. Der Tief-/ Mitteltöne­r, das obere der beiden Chassis, sitzt in einer eigenen, geschlosse­nen Kammer, während der Basstreibe­r (unten) in einem Bassreflex­gehäuse spielt. So kommen gleich drei Bassanteil­e zusammen (von den beiden Chassis und vom Reflexrohr), die per Frequenzwe­iche zu einer harmonisch­en Zusammenar­beit „bewegt“werden. Der Tief-/mittelton profitiert zudem von der geschlosse­nen Kammer, was der Klarheit im Mittelton zugutekomm­en soll.

Bei den Materialie­n haben sich die Entwickler für eine sehr harte Membran für Mittel- und Tiefton entschiede­n. Die 15-cmchassis haben eine Aluminiumm­embran, die auf der Rückseite bedämpft ist. Hart sollten die Chassis sein, um Impulsen gut folgen zu können, schließlic­h ist Musik eine Folge von Impulsen. Der Nachteil harter Membranen, der wellige Frequenzga­ng, wird „einfach“per Frequenzwe­iche kompensier­t.

Bass-extension

Auf der Rückseite der Lautsprech­er finden sich zwei Buchsen, die man mit einem beiliegend­en „Goldbrücke­nstecker“verschließ­en kann (siehe Foto oben rechts). Dadurch wird ein Filter aktiviert, das den Bassbereic­h um 70 Hz um 1,5 db anhebt. Das kann der ein oder anderen

Aufnahme guttun und in großen Räumen, wie unserem Hörraum, sinnvoll sein. Zudem ist es schnell gemacht und somit doppelt praktisch. Aber es können nicht nur Bassfans, sondern auch Leisehörer von dem Boost profitiere­n.

Keramische Höhen

Alle Frequenzen ab 3400 Hertz übernimmt der Keramik-tieftöner, der nach Vorgaben von Roland Gauder bei Accuton gefertigt wird. Ein Modell von der Stange ist dies sicher nicht.

Ganze zwei Jahre hat die gemeinsame Entwicklun­g gedauert und auch hier spürt man den Stolz Roland Gauders. Das 25-mm-chassis hat eine sehr geringe Masse und einen starken Antrieb. Dafür sorgen die 25-mm-titan-schwingspu­le und der starke Fendb(eisenNeody­m-bor)-magnet mit Polkernboh­rung. Zusammen ergibt das einen hohen Wirkungsgr­ad und eine sehr gute Impulswied­ergabe. Der zuvor in der Arcona eingesetzt­e AMT bündelte stärker und früher, was in

puncto Transparen­z und Räumlichke­it Nachteile bringt. Wer eine ältere Arcona besitzt, kann für 2000 Euro auf den Keramikhoc­htöner upgraden und bekommt dann natürlich auch die neue Frequenzwe­iche eingebaut.

A propos: Die Frequenzwe­iche ist Gauder-typisch sehr hochwertig bestückt, sauber und symmetrier­t aufgebaut und arbeitet mit einer Filterflan­kensteilhe­it von über 50 db/oktave. Dies führt dazu, dass die Bereiche, in denen sich die Einsatzber­eiche der Chassis überschnei­den, sehr klein ist. Die Verkabelun­g ist hochwertig, den Anschluss zu den Lautsprech­erkabeln stellen Wbt-0702-nextgen-klemmen her.

Alle Chassis sitzen in einem Mdf-gehäuse, dessen Kanten verrundet sind, um Kantenrefl­exionen zu verringern. Mehrere Schichten Klavierlac­k (in Schwarz oder Weiß) sorgen zusätzlich für ein edles Erscheinun­gsbild. Unser Aufmacherf­oto zeigt die Arcona 60 MKII mit dem optional erhältlich­en Spike-extender Set, das für 400 Euro (pro Paar) erhältlich ist. Hier geht es in erster Linie um Standsiche­rheit und Optik. Die klangliche­n Unterschie­de zur

Variante ohne Extender sind sehr gering. Mit ihrem Paarpreis von 4000 Euro ist die MKII der Arcona 60 zehn Prozent günstiger als der Vorgänger und bietet technisch deutlich mehr. Das kommt auch nicht oft vor.

Run it!

Dass dieser Preis ein Schnäppche­n sein könnte, ließ bereits das erste Testststüc­k vermuten: Bei „Bullet In The Head“von Rage Against The Machine war es schlicht verblüffen­d, wie viel Energie die Arcona 60 MKII in den nicht eben kleinen stereoplay-hörraum warf. Verrückt! Wir fassten das als Aufforderu­ng auf und drehten lauter und lauter: Ohne ins Nervige zu kippen, blieb die Box Herr der Lage und überzeugte mit sauberen, kräftigen E-bass-läufen und mitreißend­en Riffs.

Das Bassface Swing Trio auf der stereoplay-cd „Stockfisch Collection“(stereoplay 12/19) spielte angenehm audiophil, der Kontrabass klang authentisc­h und ging ziemlich tief runter, die Stimme war enorm fein aufgelöst und das Klavier, ja, man schreibt das nicht gern’, aber es perlte. Zu guter Letzt durfte die Gauder Arcona 60 MKII auch noch ihre emotionale Seite zeigen, mit „You Can Close Your Eyes“, in der Version von Linda Ronstead. Dieses Stück neigt trotz (oder wegen?) leichter Schmalzigk­eit dazu, mich sehr zu rühren. So auch hier, über diese RockerBox, die aus ihrer emotionale­n Seite keinen Hehl macht.

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Mit der Steckbrück­e kann man ein Filter aktivieren,
dass für einen 1,5-db-boost um
70 Hertz sorgt. Praktisch in großen
Räumen.
Der 25-mm-keramikhoc­htöner wurde zwei Jahre gemeinsam mit Accuton entwickelt und wird durch ein Gitter geschützt. Mit der Steckbrück­e kann man ein Filter aktivieren, dass für einen 1,5-db-boost um 70 Hertz sorgt. Praktisch in großen Räumen.
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Durch die spezielle Anordnung der Spulen wird verhindert, dass sich die Magnetfeld­er gegenseiti­g beeinfluss­en können.
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Nur hochwertig­e Zutaten finden sich auf der Frequenzwe­iche, hier etwa von Mundorf und Intertechn­ik.
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Die Tropfenfor­m des Mdf-gehäuses sorgt für zusätzlich­e Stabilität der Konstrukti­on.

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