Highlights of Reference Recordings 2
Blues, Jazz, Filmmusik und Klassik – sie alle nimmt Reference Recordings in exzellenter Klangqualität auf. Die stereoplay-cd bietet einen spektakulären Überblick.
Blues, Jazz, Filmmusik und Klassik – sie alle nimmt Reference Recordings in exzellenter Klangqualität auf. Die stereoplay-cd bietet einen spektakulären Überblick.
Reference Recordings ist ein amerikanisches Label. Und als solches kommt es bei der Selbstbeschreibung natürlich nicht ohne Superlativ aus: „Den besten Platz im Haus“will man dem Hörer einrichten. Natürlich ist das Konzerthaus gemeint. Oder wie es im amerikanischen Original heißt: „Our goal is to make your listening experience the best seat in the house“.
Doch das ist in diesem Falle nicht typische amerikanische Großmäuligkeit, sondern tatsächlich oft eingelöster Anspruch. Davon konnten sich die stereoplayleser schon in Ausgabe 11/2017 überzeugen – damals konnten wir erstmals das legendäre Label für eine stereoplaycd gewinnen. Weil die Scheibe seinerzeit extrem gut ankam, versuchten wir unser Glück ein zweites Mal. Und Reference Recordings stellte uns erneut zum Teil spektakuläre, in jedem Fall audiophile Titel zur Verfügung, die unsere Leser tatsächlich auf dem besten Platz im Konzertsaal Platz nehmen lassen.
Seit 1976 gibt es die Firma, und damit zählt die heute in San Francisco beheimatete Company zu den ältesten audiophilen Labels überhaupt. Nur mal ganz kurz zur Erinnerung: Mitte der 1970er musste sich die High Fidelity auf breiter Front erst
noch durchsetzen, den Begriff High End oder Audiophilie kannte man zumindest hierzulande noch gar nicht – und etliche heute tonangebende Firmen waren noch gar nicht gegründet. Selbst die deutschsprachige stereoplay musste noch bis Mai 1978 auf ihre Erstausgabe warten.
Der Herr Professor
Keith Johnson aber war da schon lange auf seiner Mission für den guten Klang. Geboren wurde Keith de Osma Johnson (KOJ) am 29. März 1938 – er steht also im 82. Lebensjahr. Schon in seiner Grundschulzeit entdeckte er seine Leidenschaft für Maschinen aller Art, vor allem aber für Tonbandmaschinen. Heute würde man den kleinen Keith wohl als Nerd bezeichnen, jedenfalls stattete die Firma Ampex – jedem Tonbandfan bekannt als einer der frühen Giganten im Studiobereich – den Knirps noch in der Grundschule mit einem Stipendium aus und nahm ihn auf in ein Trainingsprogramm. Ein Dreikanalrecorder plus die passende Mikrofonierung beanspruchte einen Teil seiner grauen Zellen.
Aber nicht alle, denn an der University of California schrieb er sich später ein für Computerwissenschaften (in den frühen 1960ern!) Biologie und
Musik (sic!). Offenbar ein universell interessierter, kluger Kopf, der so gar nicht in das leider noch verbreitete Klischee vom ungebildeten und lauten Durchschnitts-amerikaner passen will. Auch in Sachen Sportlichkeit dürfte der heute noch drahtige Johnson nicht nur seinem eigenen Präsidenten locker den Rang ablaufen. Im wahrsten Sinne des Wortes: Johnson war ein ganz ordentlicher Mittelstreckler – und man munkelt, dass er noch heute ab und an seine Meile respektheischend flott läuft.
An der renommierten Stanford University setzte Keith Johnson seine Studien fort, diesmal auf dem Gebiet der Elektronik. Aus dieser Zeit rührt der Titel „Professor“– und aus diesem Grund kennt ihn die High-end-gemeinde inzwischen nur noch als „Professor Keith O. Johnson“.
Noch in Stanford, noch in den Sixties, entwickelte er die fotolithografische Konstruktion von Magnetköpfen – und stellte seinen in Volltransistortechnik aufgebauten Dreikanal
recorder fertig. Über 100 Aufnahmen hat der kluge Kopf damit gefahren und „er läuft immer noch“teilt Johnson verschmitzt mit. Er arbeitete für das Armed Forces Radio, tüftelte mit der Rockband Ambrosia an Soundsystemen und entwickelte zusammen mit Alan Parsons (ja, DEM Alan Parsons) das Projectron, ein Studio-tool für mehrstimmige Samplings.
Reference Recordings
1976 schließlich gründete das Genie zusammen mit dem Produzenten J. Tamblyn „Tam“Henderson jr. und der Produzentin Marcia Martin Reference Recordings. Seitdem hat Johnson für das Label mehr als 150 Aufnahmen (mit)betreut, wurde vielfach für den Grammy nominiert und hat ihn auch zweimal bekommen, hat mit Michael „Pflash“Pflaumer und Pacific Microsonics den HDCDProzess erfunden, hat die Superverstärker von Spectral mitentwickelt und und und. Zeit, einmal hier ganz tief den Hut zu ziehen vor einem der größten Genies unserer Branche.
Aber nicht nur KOJ, sondern auch Marcia Martin ist bis heute mit an Bord von Reference Recordings. Wir finden sie in den Credits der ältesten und der jüngsten hier vertretenen Or
chesteraufnahmen. Hector Berlioz „Symphonie Fantastique“mit dem Utah Symphony Orchestra unter Varujan Kojian trägt die Seriennummer RR-11 CD, wurde am 27. März 1982 schon volldigital aufgenommen und gibt im originalen Booklet Keith O. Johnson als „Recording Engineer“und Marcia Martin als eine der „Executive
Producers“an. Desgleichen die Super Audio CD RR-146 SACD, die Gustav Holsts Orchestersuite „Die Planeten“mit der Kansas City Symphony unter Michael Stern enthält, die vom 29. bis 31. Januar 2015 aufgenommen wurde.
Marcia Gordon Martin darf mit Fug und Recht als eine der „guten Seelen“von Reference
Recordings bezeichnet werden. Sie verschaffte durch alle Fährnisse Us-amerikanischen Vertragswesens hindurchnavigierend stereoplay die Freigaben. Und autorisierte auch der Schwesterzeitschrift AUDIO in der gleichen Ausgabe 1/2020 ebenfalls eine imposante Rr-titelliste. Thanks, Marcia!
Bitte Platz zu nehmen
Die stereoplay-cd bietet somit einen musikalisch abwechslungsreichen, klanglich faszinierenden Überblick über Referenz-aufnahmen aus vier Dekaden. Sie, lieber stereoplay-leser, können so also Audiophiles vom Feinsten genießen. Sie haben schließlich „the best seat in the house“. ■