Zwischen Zielund Butzenscheibe
Von der Ziel- zur Butzenscheibe ist es bei der „Freischütz“-interpretation nicht weit. Marek Janowski pendelt mit den Frankfurter Radio-sinfonikern dazwischen. Neben Volltreffern lässt er schon auch mal sonntagsjägerhaft ins Rohr stoßen. Konkret: Fein ziselierte oder dramatisch scharf geschnittene Detailbelichtungen münden in einen von den Streichern definierten, allzu philharmonischen Voll- und Wohlklang, der bereits in der Ouvertüre denwunsch nach historisch informierter Reibung, nach dem Rauen im Glatten weckt. Denn was das Stück im Gewand des Schauermärchens beschwört und im finalen Happy End
beschwichtigt – die dämonischen Abgründe unter einer pausbäckigen Biedermeier-sozietät –, klingt hier nach kontrollierter Forstverwaltung: Verstörendes kommt vor, bleibt aber eingehegt. Dabei werden die Erzähltexte Katharinawagners und Danielwebers – sie ersetzen die gestrichenen Dialoge – den polaren Gestalten des Bösen und Guten in den Mund gelegt: dem im Original äußerst wortkargen Samiel (gekrächzt von Corinna Kirchhoff) und dem eremitischen Gottesmann (Peter Simonischek). Keine schlechte Idee, aber außer Stichworten folgt nichts daraus. Gesungen indes wird gut (MDR-CHOR), beachtlich (Andreas Schager mit kernig-kantablem, wenn auch nicht ganz druckfreiemtenor als Max) oder exzellent: Lise Davidsens Agathe zeichnet ihre Melodielinien in edlem, rubinleuchtendem Lyrismus, voller Inbrunst und klarer Höhe, lediglich zu Beginn ihrer Kavatine im dritten Akt etwas kehlig verschattet. Herausragend auch die kesse Grazie und technische Bravour Sofia Fominas als Ännchen, blasser bleibt Alan Held als Teufelsbündler Kaspar: eher gedrückt von vorweggenommener Höllenpein als furios entflammt vom Rachegeist. Solide Bass-macht bei Franzjosef Selig (Eremit) und – schwärzer und grobkörniger – bei Andreas Bauer (Kuno), glanzvoll Markus Eiche mit hellem, beweglichem Bariton als Fürst Ottokar.
pentatone / Naxos 5186788 (115:52, 2 SACDS)