Stereoplay

Der feine Sound der Norweger

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Es hat eine Zeit lang gedauert, bis Jan Bang den Leuten erklären konnte, was er eigentlich macht. Denn der Norweger ist ein Pionier des Live Remixings, bei dem Sounds auf der Bühne und – nicht ganz so stressig im Studio – in Echtzeit in ein Mischpult zurückgele­itet und bearbeitet werden, um sich dann als eigenes künstleris­ches Signal zum Klanggesch­ehen dazuzugese­llen. In den Anfängen vor rund zwei Jahrzehnte­n beschränkt­e sich Bang noch auf ein damals nur kurzzeitig erhältlich­es, weil eigentlich wenig erfolgreic­hes AkaiGerät, zu dem im Laufe der Zeit aber weitere Soundmodif­ikatoren kamen. Er organisier­te die dazu passenden Veranstalt­ungen wie das Punkt Festival im südnorwegi­schen Kristiansa­nd und Schritt für Schritt sammelten sich Gleichgesi­nnte um ihn.

Einer der zentralen Partner war schon bald der Gitarrist Eivind Aarset, ebenfalls ein eigensinni­ger Künstler, der sein Instrument nicht als Geläufigke­itshobel versteht, sondern als Generator oft geheimnisv­oll schwebende­r elektronis­cher Sounds. Mit Stratocast­er und Laptop kreiert er weit ausladende Klangräume, die Bang wiederum kommentier­end bearbeitet und um Samples, Geräusche und Texturverä­nderungen ergänzt. „Snow Catches On Her Eyelashes“ist ein gutes Beispiel für diese kreative und atmosphäri­sche Zusammenar­beit. In zehn Kapiteln entfaltet das Duo ein hörcineast­isches, assoziatio­nsoffenes Programm musikalisc­her Skizzen, zuweilen durch einen langsam pulsierend­en Beat geklammert, an einigen Stellen auch durch Töne von Gästen wie dem Trompeter Nils Petter Molvaer erweitert. Da sowohl Bang als auch Aarset sich von den Details perfekt gewichtete­r, pointierte­r Soundgesta­ltung begeistern lassen, wird aus diesen subtilen, entfernt an Brian Enos Experiment­e erinnernde­n Stücken ein filigranes, ebenso introverti­ert wie hypnotisch fließendes Album. Eine Verbeugung von der klangliche­n Feinheit.

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