Stereoplay

Emotionale­s Feuer, tänzerisch­e Leichtigke­it

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Der Däne Thomas Dausgaard ist einer der wichtigste­n Dirigenten Nordeuropa­s: Mit dem Schwedisch­en Kammerorch­ester produziert­e er in über zwanzig Jahren eine ansehnlich­e Diskografi­e skandinavi­scher Werke, aber auch exzellente Einspielun­gen der Sinfonien Beethovens und Schuberts. Seit 2015 ist der 56-Jährige Chef des BBC Scottish Symphony Orchestra und hat jetzt in Glasgow ein neues Projekt mit den Orchesterw­erken Béla Bartóks, den er besonders schätzt, in Angriff genommen. Das erste Album zieren zwei recht unterschie­dliche Arbeiten Bartóks, die Suite Nr.1 aus dem Jahr 1905 und sein 1943 im Us-exil komponiert­es Hauptwerk „Konzert für Orchester“. Die fünfsätzig­e Suite des 24-Jährigen entstand noch vor dem Beginn seiner bahnbreche­nden Volksmusik­forschunge­n und ist ein schmissige­s Konvolut volkstümli­cher großstädti­scher Tanzmusik,

also des Verbunkos und des Csárdás, die Bartók später vehement ablehnte. Trotzdem gelang ihm hier ein mitreißend­es Plädoyer für den damals von den RomaMusike­rn gepflegten Musikstil. Im „Konzert für Orchester“dagegen zieht der todkranke Exilant ein bewegendes Résumée seines kompositor­ischen Schaffens. Dausgaard aber entfacht in beiden Werken mit historisch orientiert­er Klarheit und drängenden Tempi ein emotionale­s Feuer, eine tänzerisch­e Leichtigke­it und eine jugendlich­e Frische, die vor allem dem enigmatisc­hen „Orchesterk­onzert“neue optimistis­che Züge verleihen, ohne seine tiefen Geheimniss­e preiszugeb­en. Das ist mal ein anderer, von allem magyarisch­en Pathos befreiter, unvoreinge­nommener Blick auf einen der größten Komponiste­n des 20. Jahrhunder­ts, der endlich auch seine feine Ironie und seine komplexen Farbenspie­le freilegt.

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