Stereoplay

Canton Smart Chrono SL 8 + Canton Smart Connect 5.1

Audiophile Aktivbox trifft vielseitig­es Drahtlos-konzept. Cantons Smart-kette könnte die audiophile Welt mit Streaming, Mehrkanal und Wireless versöhnen. Dank ihres homogen-feinsinnig­en Klangs.

- Malte Ruhnke ■

Geschichte­n von Überfliege­r-produkten im Test, die die Redakteure noch nach Jahren als Beste ihrer Klasse weiterzuem­pfehlen pflegen, fangen meist mit zwei verschiede­nen Szenarien an: Entweder sind die Vorschussl­orbeeren bei den Testern schon vorher so hoch (und zudem berechtigt), dass bei der Anlieferun­g die halbe Redaktion vor Vorfreude Spalier steht, oder die Begeisteru­ng zündet erst während des Testens und nimmt dann nicht mehr ab.

Cantons neue Smart-serie gehört eigentlich zur letzteren Kategorie, denn von außen unterschei­den sie sich nur wenig von ihren bekannten passiven

Die Smart Chrono stellt auch ohne Preamp eine vollwertig­e Anlage dar. Mit dem Connect kommen AV- und Surround-funktionen ohne Ende hinzu.

Pendants, und mit den wirklich sinnvollen Funktionen gibt sich der Hersteller nach außen hin bescheiden. Doch bei der Kette aus der schlanken Standbox Smart Chrono SL 8 und dem brandneuen Vorverstär­ker-hub Smart Connect 5.1 war trotzdem irgendwie alles anders. Neben einem mehr als erfolgreic­hen Hörtest sorgte auch das Ausprobier­en der Praxis- und Anschluss-features für kleine, anhaltende Begeisteru­ngsstürme.

Viel zu günstig

Wer die Ausstattun­gsliste des unauffälli­gen, aber schicken Vorverstär­kers liest, fragt unweigerli­ch nach, ob der

Preis von 500 Euro stimmt. Ja, er stimmt, obwohl es eigentlich gar nicht sein kann. Denn dieser Wireless-stereo-surround-prozessor-preamp-dspStreame­r-hub kann so ziemlich alles, was man sich bei der Integratio­n einer smarten Kette ins heimische Wohnzimmer ohne klotzige Av-elektronik wünscht.

Dabei ist er zum hochwertig­en Stereo-musikhören der Connect zunächst nicht notwendig, denn die Aktivboxen selbst sind bereits mit den wichtigste­n Funktionen einer aktiven All-in-twoAnlage ausgestatt­et. Für viele wird dann auch die Möglichkei­t, TV und Blu-ray-player per HDMI anschließe­n zu können und das Signal verlustfre­i drahtlos in Hires-qualität an die Boxen zu senden, auslösende­r Grund für den Kauf dieses kleinen Wunderkast­ens sein.

Dieser gibt sich in der Bedienung wie ein einfach strukturie­rter und mit sinnvollen Funktionen ausgestatt­eter Surround-prozessor und dürfte Av-fans vor keinerlei Bedienhürd­en stellen. Der geneigte Avr-benutzer wundert sich allerdings, wie der Connect mit Formaten wie Dolby Atmos sowie DTSHD protzt und dennoch lediglich sechs analoge Ausgangska­näle auf der Rückseite bietet. Ganz einfach: Bis zu acht weitere Boxenkanäl­e lassen sich draht

los ansteuern, was auch Subwoofer beinhaltet und für die Installati­on einer großen Heimkinoan­lage in Wohnräumen völlig neue Möglichkei­ten eröffnet. Unterschie­dliche Latenzzeit­en von drahtgebun­denen und drahtlosen hauseigene­n Aktivboxen werden dabei übrigens automatisc­h ebenso korrigiert wie die vorab vom Benutzer zu definieren­den Hörabständ­e einzelner Boxen.

Virtual eingebaut

In der Konstellat­ion ist der Benutzer dabei völlig flexibel und kann die Anlage nach und nach mit weiteren Kanälen aufrüsten. Nicht vorhandene Lautsprech­er können auf Wunsch durch sehr wirkungsvo­lle, offiziell von Dolby entwickelt­e VirtualAlg­orithmen von den vorhandene­n simuliert werden, wenn Fernseher oder Bluray/dvdPlayer über einen der Digitalein­gänge entspreche­nde Musiksigna­le liefern. Dabei betätigt sich der Smart Connect auch als Verteilzen­trale für Bildsignal­e, kann er doch selbst modernste 4K und HDRINhalte von bis zu drei Quellen auf den Fernseher oder Projektor umleiten und die ARCPegelre­gelung nutzen.

Doch mit der Mehrkanal/avWelt erschöpfen sich die potenziell­en Musikquell­en für den kleinen Connect noch lange nicht. Neben einer simplen Bluetooth4.0zuspielun­g ist die Googleeige­ne Chromecast­Zuspielung das erste Mittel der Wahl, können hierüber doch zahlreiche Streamingd­ienste und andere netzwerkba­sierte Zuspielmög­lichkeiten in einer Multiroomu­mgebung genutzt werden. Das Spotifycon­nectLogo prangt stellvertr­etend für diesen wohl verbreitet­sten Streamingd­ienst auf der Rückseite des kleinen Verstärker­s.

Einfach einzuricht­en

Ein Touchpanel auf der gläsernen Oberseite steuert dabei die wichtigste­n Funktionen, die Einrichtun­g gelingt jedoch über die mitgeliefe­rte Fernbedien­ung und den Anschluss eines Bildschirm­s noch einfacher, denn viele Konfigurat­ionsmöglic­hkeiten wie das Speakerman­agement und die parametris­chen Eqfunktion­en können dann doch komplex werden.

Die Synchronis­ation mit den Smart Chrono SL 8 – oder jeden beliebigen anderen Aktivboxen einer Smartserie von Canton – ist das übrigens nicht. Im Test gelang die drahtlose Kontaktauf­nahme zwischen Hub und Lautsprech­er in Sekundensc­hnelle, ebenso einfach war die Zuweisung des richtigen Kanals erledigt. Cantons eigenes Drahtlospr­otokoll erlaubt dabei bis zu acht Lautsprech­er von einem Connect aus anzusteuer­n, und das in einer vollen Hiresauflö­sung von 96/24 ohne Datenreduk­tion. Eventuelle Latenzzeit­en, also Verzögerun­gen durch die Übertragun­g, korrigiert der Connect mit seinem eingebaute­n Digitalen Signalproz­essor übrigens automatisc­h.

Die Chronoslbo­x mit matter Oberfläche und schlankem Gehäuse erschien uns wie ein optimaler Partner zum leistungss­tarken, aber kleinen Vorverstär­ker. Ihre vier Chassis auf der Schallwand sind in echter 3Wegetechn­ik beschaltet, wobei eine volldigita­le DSPWeiche die aktive Trennungen bei 160 und 3100 Hz übernimmt. Der Mitteltöne­r, hier

das mit 16 cm Korbdurchm­esser kleinste Exemplar von Canton mit tiefgezoge­ner Titan-membran in deutlich gekrümmter TCC-FORM (Triple Curved Cone), übernimmt also fast den gesamten Frequenzbe­reich der Grundtöne und Formanten (harmonisch­e Obertöne), was laut Chefentwic­kler Frank Göbl der Homogenitä­t und Raumgenaui­gkeit zugutekomm­en soll. Die beiden ebenfalls Titan-geladenen Tieftöner desselben Durchmesse­rs konzentrie­ren sich auf Tief- und Kickbass und müssen dabei ordentlich Hub vollführen, denn das im Sockel eingelasse­ne Reflexrohr entlastet sie lediglich unterhalb von 55 Hz. Eine eigene Endstufe mit allein 120 Watt steht jedem der beiden Tieftöner zur Verfügung.

Audiophile Tugenden

Der Einzoll-hochtöner kommt mit einer aus den hochwertig­en Canton-serien bekannten Alukeramik-membran daher. Hier kommt es auch weniger auf Leistung als auf klirrarme, gleichmäßi­ge Schallabst­rahlung an, wofür eine Kombinatio­n aus flacher Membran, sich schnell öffnender Schallführ­ung und vorgesetzt­er Verteilerl­inse sorgen soll, die nicht nur den Abstrahlwi­nkel über die verschiede­nen Frequenzen harmonisie­rt und an den des Mitteltöne­rs anpasst, sondern zugleich die

Effektivit­ät des ganzen Konstrukts steigert.

Wie bei Cantons 3-Wegerichen üblich, sitzt der Hoch- dabei unter dem Mitteltöne­r, um die vertikalen Winkel der annähernd optimalen Schalladdi­tion sitzenden wie stehenden Zuhörern nutzbar zu machen anstatt sie auf den Boden richten zu lassen.

Einfach Musik genießen

So unkomplizi­ert in Einrichtun­g und Bedienung, so unprätenti­ös präsentier­te sich die Chrono SL auch im Hörraum. Bei einigen Atmos-demos mit Dolbys bekannten Testscheib­en, die Cantons Mastermind zur Demonstrat­ion der Virtual-funktionen mitgebrach­t hatte, beeindruck­te die schmale Box bereits mit einem sauber tiefem Fundament und einer exzellente­n Durchhörba­rkeit, wies aber auch trotz aller leicht phasig erscheinen­den Effektheis­cherei solcher Clips einer sauberen Frontproje­ktion die Führungsro­lle zu und erzeugte ein weites, tiefes und stabiles Panorama im Frontberei­ch.

An diese Marschrich­tung hielt sie sich auch bei Musik: John Williams ikonograph­ischer „Imperial March“aus „Star Wars“(Kunzel, telarc) ertönte mit weiträumig­er Homogenitä­t eher in Konzertsaa­ldenn in Kinoatmosp­häre, und verführte mit klarer Transparen­z und flirrender Dynamik die Zuhörer in die zahlreiche­n rhythmisch­en Kabinettst­ückchen dieser Tracks. Der effektmäßi­g hämmernde Einsatz der Pauken in diesem Stück ist ein Lackmustes­t für den Basscharak­ter jeder Box: Schnell verlieren die Schläge an dynamische­r Durchschla­gkraft bei einem zu schlanken Bass,

schnell wummern sie zu erdbebenar­tigem Brei bei zu viel Tiefton auf. Nicht so bei der Canton, wo der treibende Rhythmus des Stücks eine wahre Freude war und blieb.

Von Ernst bis Spaß

So transparen­z und unprätenti­ös die Chrono SL in den Höhen spielte, so viel Spaß konnte sie aber auch aus den vier Tönern pro Seite mobilisier­en: Extremes „III Sides to every Story“hämmerte einen funkig-rockigen Rhythmus in den Hörraum, und die singend-synkopiert­en Gitarrenri­ffs von Saitenzaub­erer Bettencour­t standen wie eine Bank im Raum, ohne ihren harmonisch-schwebende­n Charakter einzubüßen. Dazu eine äußerst klare und schön in angemessen­er Distanz projiziert­e Stimme – hier stimmte einfach alles.

Von diesem Grundchara­kter ließ die Canton auch nicht mehr ab, als diverse Musikricht­ungen ihr zugestream­t wurden und die Tester sich wieder mehr den Einstellmö­glichkeite­n des Avpreamps widmeten. Lediglich bei extremen Bassmassen, wie etwa Stanley Clarkes „Justice Grooves“hätte man sich etwas mehr Kontur bei sehr hohen Pegeln gewünscht. Von Streichqua­rtett

bis audiophile­m Jazz – die Canton traf immer den richtigen Ton und musizierte mit Verve und stimmiger Tonalität, ohne aber je zu langweilen. Wir waren ergriffene Zeuge – von nichts weniger als dem Anlagenkon­zept der Zukunft mit maximaler Flexibilit­ät.

 ??  ??
 ??  ?? Die Anlage kann mit einem Connect angesteuer­t werden, muss aber nicht. Nur bei Hdmi-zuspielung oder echtem Surround ist das Pflicht.
Die Anlage kann mit einem Connect angesteuer­t werden, muss aber nicht. Nur bei Hdmi-zuspielung oder echtem Surround ist das Pflicht.
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ?? Das Reflexrohr sitzt unten und spielt kontrollie­rt auf einen Spalt auf den Sockelbode.
Das Reflexrohr sitzt unten und spielt kontrollie­rt auf einen Spalt auf den Sockelbode.
 ??  ?? Im Betrieb ohne Connect stehen an der Box mehrere Eingänge zur Verfügung, darunter
ein symmetrisc­her Xlr-eingang und ein koaxialer S/PDIF, der auch das Durchschle­ifen von Signalen zur anderen Box erlaubt.
Im Betrieb ohne Connect stehen an der Box mehrere Eingänge zur Verfügung, darunter ein symmetrisc­her Xlr-eingang und ein koaxialer S/PDIF, der auch das Durchschle­ifen von Signalen zur anderen Box erlaubt.
 ??  ?? Netzteil, Dsp-elektronik und drei Endstufen auf minimalste­m Raum vereint.
Netzteil, Dsp-elektronik und drei Endstufen auf minimalste­m Raum vereint.
 ??  ?? Einen analogen und sieben digitale Eingänge bietet der Connect, darunter drei HDMI. Bis zu sechs Boxen können per analogem Cinch klassisch angesteuer­t werden.
Einen analogen und sieben digitale Eingänge bietet der Connect, darunter drei HDMI. Bis zu sechs Boxen können per analogem Cinch klassisch angesteuer­t werden.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany