Haydn goes East
Obwohl Joseph Haydn als „Erfinder“der Wiener Klassischen Sinfonie gilt, gibt es von seinen 104 Arbeiten bislang nur zwei Gesamteinspielungen: unter Antal Doráti und Ádám Fischer. Sie liegen beide viele Jahre zurück und sind derzeit nicht greifbar.
Seit 2014 stellt sich der italienische OriginalklangCrack Giovanni Antonini beim Label Alpha erneut der Herausforderung; bislang hat er sieben Folgen mit 22 Sinfonien und einigen Fremdwerken von Haydn-zeitgenossen vorgelegt, die er unter wechselnden thematischen Aspekten zusammengestellt hat.
Die gerade erschienene achte Folge bestreitet er wieder mit seinem quicklebendigen „Il Giardino Armonico“-ensemble, und er hat da drei weithin unbekannte Sinfonien Haydns aus den Jahren 1765, 1770 und 1780 unter dem Titel „La Roxolana“zu einer Traumreise in die östlichen Regionen der Donaumonarchie und ihren vielfältigen musikalischen Traditionen gebündelt. Auch in Haydns Werken finden sich auf Schritt und Tritt die Einflüsse der „fremden“magyarischen, slawischen und türkischen Idiome, die in der Volksmusik jener Ethnien weiterleben. So enthält Sinfonie Nr. 63 einen tänzerisch anmutenden zwischen Dur und Moll changierenden langsamen Satz, der die Jahrhunderte lange Türkenherrschaft durch eine damals bekannte weibliche Theaterheldin in Erinnerung ruft. Diese verfeinerte Türkenmusik konfrontiert der listige Antonini mit der Orchesterversion von Bartóks „Rumänischen Volkstänzen“, die er hier historisch einkleidet. So klingt Bartóks Musiksprache von 1917 hier viel archaischer und authentischer als sonst und ergänzt sich bruchlos mit einem anonymen Türken-divertissement von 1680. Ein weiteres wunderbares Hörabenteuer.