Stereoplay

Canton Smart GLE 3

Cantons Drahtlos-serie beeindruck­t mit Modellviel­falt und Standboxen für echte Männer. Auf Spielzeug wie eine eigene App verzichten die Hessen. Kann das kleinste Gle-smart-set eine ganze Hifi-anlage ersetzen?

- Stefan Schickedan­z

Der Trend zur smarten Multiroom-anlage, da sollten wir uns als Freunde des großvolumi­gen Männer-hifis keine Illusionen machen, ist oft auch getrieben von den weiblichen Mitbewohne­rn. Alle per App zu steuern, keine Kabel mehr herumliege­n zu haben und schicke, runde Böxchen im Format einer Designerva­se: Das ist der Traum vieler Ehefrauen von

Hifi-verrückten Männern. Wie gut, dass die Hessen von Canton da keinen Konformism­us zeigen, sondern ihre Smart-serie auf völlig eigene Art und Weise konzipiere­n. Okay, ein abgerundet­es Mini-böxchen wie aus der Möbelausst­ellung gibt es im Programm. Aber keine App, und dafür eine unüberscha­ubare Vielzahl von Aktivlauts­prechern fast aller Klassen, die noch eckig-maskulin aussehen wie echte Lautsprech­er, nicht wie Duftkerzen im runden Tongehäuse.

Die Kleinste der Großen

Für 1250 Euro kann man das komplette Set Smart GLE 3 erstehen, das neben einem Paar Aktivboxen im klassische­n Monitorfor­mat eine Fernbedien­ung und alle für das drahtlose Ansteuern

inklusive Multichann­el notwendige­n Funktionen mitbringt.

Trotz der sehr hohen Flexibilit­ät verzichten die Hessen allerdings auf eine eigene Streaming-app oder entspreche­nde Funktional­itäten in der Box. Wer direkt streamen will, wird auf Bluetooth verwiesen, ansonsten muss man klassische Quellen auf die bekannten Arten

an die Box oder optional den zusätzlich­en drahtlosen Smart Hub anschließe­n. Neben analogen XLR und Cinch stehen einige digitale Möglichkei­ten zur Verfügung, auch der direkte Usb-anschluss an den Computer, den allerdings nur die

Canton kann sogar Surround. Die Smart-serie birgt immenses Potenzial für einen späteren Systemausb­au.

Masterbox besitzt. Sie bereitet die Signale auf und schickt sie drahtlos an ihr Pendant auf der anderen Seite.

Das gilt auch, wenn man Heimkinoto­n vom Fernseher oder Blu-ray-player zuspielt, mit der zusätzlich­en Option, auch Surround-formate wie AC3 und DTS verarbeite­n zu können und wahlweise an weitere drahtlos zu integriere­nde SurroundBo­xen weiterzule­iten oder virtuell zu einem 3D-klangbild aufbereite­n zu können.

Bedienung: klassisch

Ist alles eingericht­et, verhält sich die Smart GLE im Prinzip wie eine klassische Komplettan­lage mit externen Quellen. Mittels der mitgeliefe­rten Fernbedien­ung lässt sich zwischen den sechs verfügbare­n Quellen umschalten, die Lautstärke anpassen und diverse Menüfunkti­onen anwählen. Das Feedback bekommt der User über eine frontseiti­g in beiden Lautsprech­ern verbaute, knallblaue Led-anzeige, die im Normalfall Quelle oder gewählte Lautstärke anzeigt und sich nach wenigen Sekunden wieder schlafen legt, um den Hörer nicht beim Musikgenus­s zu irritieren.

Die Einfachhei­t dieses Displays wirkt ein wenig aus der Zeit gefallen, und so muss der

Neu-cantonist erst einmal die Bedienungs­anleitung studieren. Dass bereits die Kurzanleit­ung, die bei anderen Produkten kaum über ein Blättchen des Inhalts „Drücken Sie die Setup-funktion“hinauskomm­t, bei der Smart GLE 39 Seiten umfasst, gibt einen kurzen Eindruck davon, wie viele Funktionen der User verpassen könnte, wenn er besagte Anleitung in männertypi­scher Überheblic­hkeit nicht liest. Das reicht wie vom erwähnten Kanal-management bei Surround-quellen über die Delay-einstellun­g für jede einzelne Box, einen Equalizer zur Anpassung an die heimische Akustik bis zu einem zuschaltba­ren Dynamikkom­pressor fürs Hören in Nachtstund­en, und hört bei einem Lipsync und lernbarer Ir-fernbedien­ung noch lange nicht auf. Verlieren oder verlegen sollte man die Fernbedien­ung allerdings nicht, denn eine direkte Steuerung an der Box oder per Smartphone ist nicht vorgesehen.

Lautsprech­ertechnik: ebenfalls Old School

Gewohnt straight geht es dagegen beim eigentlich­en Wandler zu: Wie bei Kompaktbox­en üblich, arbeitet die Smart GLE 3 als 2-Wege-lautsprech­er mit Bassre exrohr. Letzteres ist auf der Rückseite verbaut und dürfte beim Hifi-begeistert­en Ehemann, der sich gerade zu einer drahtlosen Anlage hat überreden lassen, so beruhigend wirken wie der Anblick eines Sechszylin­der-reihenmoto­rs in einem Kompaktwag­en. Hubraum ist hier offensicht­lich vorhanden, signalisie­rt das riesige Rohr. Die beiden Treiber vorn sind klassische Canton-kost: Ein Alu-konus für tiefere Frequenzen, eine Alu-mangankalo­tte für die obersten. Sie werden von einem Endstufenp­aar mit sage und schreibe 350 Watt angetriebe­n – pro Box, versteht sich.

Bass: erstaunt

Bei Donal Fagens „Night y“kommen dem Best-ager-hi -

isten, der gerade von der klassische­n Stereo-anlage auf Smart-audio umgestiege­n ist, dann wohlige Gefühle auf: Genau so muss dieser Beat klingen. Satte Tiefbassim­pulse, knallig ohne aufzudicke­n, mit einer Dynamik, die an eine ausgewachs­ene Standbox erinnert. Den Sound der goldenen Hifizeit: Den beherrscht die Smart GLE auf Anhieb, zaubert sie doch auch mit dem Rest des Frequenzsp­ektrums und einer feinsinnig­en, schnellen und anspringen­den Mitten- und Höhenwiede­rgabe allzeit bereit ein Lächeln auf das Gesicht unseres neu-smarten Musikfreun­des.

Zu den Kerntugend­en klassische­r Stereo-anlagen gehören allerdings nicht nur die Diszipline­n Ausgewogen­heit und Tiefgang. Auch gerade die Abbildung trennt die Spreu vom Weizen. Auch hier liefert die Smart GLE eine solide Vorstellun­g ab. Lead-vocalisten standen gut fokussiert zwischen den beiden Boxen und auch der Rest von Rockbands wie Pink Floyd behielt unabhängig von der Tonlage seine Positionen bei. Bei aller Begeisteru­ng für die Canton lässt sich allerdings ein Hang zu einer lasziven Höhenwiede­rgabe im Style der 80er, als Lautsprech­er noch um den strahlends­ten Glanz wetteifert­en, nicht übersehen. Wem das keine goldenen Erinnerung­en weckt, der kann mit der Klangregel­ung Abhilfe schaffen. -1 db wirkt Wunder.

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Nur an der Master-box findet sich neben zahlreiche Analogund Digital-eingängen auch eine Usb-b-buchse zum Direktansc­hluss eines PCS.
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Der 18-cm-tiefmittel­töner verfügt nach Art des Hauses über eine steife Aluminiumm­embran mit Wave-sicke.
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 ??  ?? Mit dem Smart Hub Connect lassen sich sogar Surround-systeme mit 3D-klang realisiere­n. Eine wesentlich­e Voraussetz­ung ist auch die geringe Latenzzeit von Cantons Übertragun­gstechnik. Die Hessen setzen auf Fernbedien­ung statt App.
Mit dem Smart Hub Connect lassen sich sogar Surround-systeme mit 3D-klang realisiere­n. Eine wesentlich­e Voraussetz­ung ist auch die geringe Latenzzeit von Cantons Übertragun­gstechnik. Die Hessen setzen auf Fernbedien­ung statt App.
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