Canton Smart GLE 3
Cantons Drahtlos-serie beeindruckt mit Modellvielfalt und Standboxen für echte Männer. Auf Spielzeug wie eine eigene App verzichten die Hessen. Kann das kleinste Gle-smart-set eine ganze Hifi-anlage ersetzen?
Der Trend zur smarten Multiroom-anlage, da sollten wir uns als Freunde des großvolumigen Männer-hifis keine Illusionen machen, ist oft auch getrieben von den weiblichen Mitbewohnern. Alle per App zu steuern, keine Kabel mehr herumliegen zu haben und schicke, runde Böxchen im Format einer Designervase: Das ist der Traum vieler Ehefrauen von
Hifi-verrückten Männern. Wie gut, dass die Hessen von Canton da keinen Konformismus zeigen, sondern ihre Smart-serie auf völlig eigene Art und Weise konzipieren. Okay, ein abgerundetes Mini-böxchen wie aus der Möbelausstellung gibt es im Programm. Aber keine App, und dafür eine unüberschaubare Vielzahl von Aktivlautsprechern fast aller Klassen, die noch eckig-maskulin aussehen wie echte Lautsprecher, nicht wie Duftkerzen im runden Tongehäuse.
Die Kleinste der Großen
Für 1250 Euro kann man das komplette Set Smart GLE 3 erstehen, das neben einem Paar Aktivboxen im klassischen Monitorformat eine Fernbedienung und alle für das drahtlose Ansteuern
inklusive Multichannel notwendigen Funktionen mitbringt.
Trotz der sehr hohen Flexibilität verzichten die Hessen allerdings auf eine eigene Streaming-app oder entsprechende Funktionalitäten in der Box. Wer direkt streamen will, wird auf Bluetooth verwiesen, ansonsten muss man klassische Quellen auf die bekannten Arten
an die Box oder optional den zusätzlichen drahtlosen Smart Hub anschließen. Neben analogen XLR und Cinch stehen einige digitale Möglichkeiten zur Verfügung, auch der direkte Usb-anschluss an den Computer, den allerdings nur die
Canton kann sogar Surround. Die Smart-serie birgt immenses Potenzial für einen späteren Systemausbau.
Masterbox besitzt. Sie bereitet die Signale auf und schickt sie drahtlos an ihr Pendant auf der anderen Seite.
Das gilt auch, wenn man Heimkinoton vom Fernseher oder Blu-ray-player zuspielt, mit der zusätzlichen Option, auch Surround-formate wie AC3 und DTS verarbeiten zu können und wahlweise an weitere drahtlos zu integrierende SurroundBoxen weiterzuleiten oder virtuell zu einem 3D-klangbild aufbereiten zu können.
Bedienung: klassisch
Ist alles eingerichtet, verhält sich die Smart GLE im Prinzip wie eine klassische Komplettanlage mit externen Quellen. Mittels der mitgelieferten Fernbedienung lässt sich zwischen den sechs verfügbaren Quellen umschalten, die Lautstärke anpassen und diverse Menüfunktionen anwählen. Das Feedback bekommt der User über eine frontseitig in beiden Lautsprechern verbaute, knallblaue Led-anzeige, die im Normalfall Quelle oder gewählte Lautstärke anzeigt und sich nach wenigen Sekunden wieder schlafen legt, um den Hörer nicht beim Musikgenuss zu irritieren.
Die Einfachheit dieses Displays wirkt ein wenig aus der Zeit gefallen, und so muss der
Neu-cantonist erst einmal die Bedienungsanleitung studieren. Dass bereits die Kurzanleitung, die bei anderen Produkten kaum über ein Blättchen des Inhalts „Drücken Sie die Setup-funktion“hinauskommt, bei der Smart GLE 39 Seiten umfasst, gibt einen kurzen Eindruck davon, wie viele Funktionen der User verpassen könnte, wenn er besagte Anleitung in männertypischer Überheblichkeit nicht liest. Das reicht wie vom erwähnten Kanal-management bei Surround-quellen über die Delay-einstellung für jede einzelne Box, einen Equalizer zur Anpassung an die heimische Akustik bis zu einem zuschaltbaren Dynamikkompressor fürs Hören in Nachtstunden, und hört bei einem Lipsync und lernbarer Ir-fernbedienung noch lange nicht auf. Verlieren oder verlegen sollte man die Fernbedienung allerdings nicht, denn eine direkte Steuerung an der Box oder per Smartphone ist nicht vorgesehen.
Lautsprechertechnik: ebenfalls Old School
Gewohnt straight geht es dagegen beim eigentlichen Wandler zu: Wie bei Kompaktboxen üblich, arbeitet die Smart GLE 3 als 2-Wege-lautsprecher mit Bassre exrohr. Letzteres ist auf der Rückseite verbaut und dürfte beim Hifi-begeisterten Ehemann, der sich gerade zu einer drahtlosen Anlage hat überreden lassen, so beruhigend wirken wie der Anblick eines Sechszylinder-reihenmotors in einem Kompaktwagen. Hubraum ist hier offensichtlich vorhanden, signalisiert das riesige Rohr. Die beiden Treiber vorn sind klassische Canton-kost: Ein Alu-konus für tiefere Frequenzen, eine Alu-mangankalotte für die obersten. Sie werden von einem Endstufenpaar mit sage und schreibe 350 Watt angetrieben – pro Box, versteht sich.
Bass: erstaunt
Bei Donal Fagens „Night y“kommen dem Best-ager-hi -
isten, der gerade von der klassischen Stereo-anlage auf Smart-audio umgestiegen ist, dann wohlige Gefühle auf: Genau so muss dieser Beat klingen. Satte Tiefbassimpulse, knallig ohne aufzudicken, mit einer Dynamik, die an eine ausgewachsene Standbox erinnert. Den Sound der goldenen Hifizeit: Den beherrscht die Smart GLE auf Anhieb, zaubert sie doch auch mit dem Rest des Frequenzspektrums und einer feinsinnigen, schnellen und anspringenden Mitten- und Höhenwiedergabe allzeit bereit ein Lächeln auf das Gesicht unseres neu-smarten Musikfreundes.
Zu den Kerntugenden klassischer Stereo-anlagen gehören allerdings nicht nur die Disziplinen Ausgewogenheit und Tiefgang. Auch gerade die Abbildung trennt die Spreu vom Weizen. Auch hier liefert die Smart GLE eine solide Vorstellung ab. Lead-vocalisten standen gut fokussiert zwischen den beiden Boxen und auch der Rest von Rockbands wie Pink Floyd behielt unabhängig von der Tonlage seine Positionen bei. Bei aller Begeisterung für die Canton lässt sich allerdings ein Hang zu einer lasziven Höhenwiedergabe im Style der 80er, als Lautsprecher noch um den strahlendsten Glanz wetteiferten, nicht übersehen. Wem das keine goldenen Erinnerungen weckt, der kann mit der Klangregelung Abhilfe schaffen. -1 db wirkt Wunder.