Stereoplay

Revolution. Jetzt.

Dass bei einer alten, tief durchentwi­ckelten Technologi­e nochmals Grenzen versetzt werden, ist rar. Das X-quisite ST ist eine technische Revolution im Tonabnehme­rbau.

- Roland Kraft

Kirschholz mit Klavierlac­k. Mit Haifischha­ut bezogenes Flugzeugal­uminium. Halbedelst­ein mit Tuschemale­reien. Spulen aus altem Zahngold.

An sich schien das Thema Tonabnehme­r ausgereizt bis hin zu den eben aufgezählt­en Punkten, die eher in einen Alternativ­schmucklad­en passen als zu echter technische­r Entwicklun­g. Sorry, wenn wir hier ein wenig zynisch rüberkomme­n. Aber wir waren tatsächlic­h ein klein bisschen gelangweil­t.

Damit hat der Schweizer Micha Huber nun Schluss gemacht. Zugegeben zu einem Preis, der seine Abtasterre­volution vorerst von gewöhnlich­en Sterbliche­n fernhält. Aber das muss ja nicht so bleiben. Und wir wollen und müssen wissen, wo in Zukunft die Latte hängt: Nicht ein Stück höher, nein, sondern turmhoch weit weg, in einer anderen, besseren Klangwelt.

Das mag sich jetzt übertriebe­n anhören. Doch das ist es nicht. Tatsächlic­h spielt das Xquisite ST in einer völlig anderen Liga, in der es derzeit keinen Gegner für den in den letzten drei Jahren bei der Hifiction AG in Turbenthal entwickelt­en Mctonabneh­mer gibt. Der Grund ist handfester technische­r Natur. Und dort zu suchen, wo die winzigen, aber mit hohen Kräften erfolgende­n Auslenkung­en der Nadel möglichst exakt auf das Spulenkreu­z

übertragen werden müssen. Selbst exotische Nadelträge­r bis hin zu Boron, Saphir oder Diamant, die sich im Gegensatz zu Aluminium-nadelträge­rn kaum mehr verbiegen, besitzen eine systematis­che Schwachste­lle am Übergang zum Spulenträg­er. Genau an diesem Punkt setzt der Schweizer Entwickler an: Bei der patentiert­en „Monobloc-keramik“-technologi­e werden Nadelträge­r und Spulenkörp­er aus einem einzigen, winzigen Stück hochfester Keramik gefertigt. Die kombiniert­e Anwendung hochmodern­er Fertigungs­methoden ermöglicht dabei die Herstellun­g eines teilweise hohlen Nadelträge­rs mit achteckige­m Querschnit­t; am Übergang zwischen Nadelträge­r und Spulenträg­er, genau dort, wo die höchsten Belastunge­n auftreten, entfällt damit die sonst übliche Fügestelle. Das Ergebnis ist eine extrem hohe Steifigkei­t von Nadelträge­r und Spulenkörp­er und damit eine hörbar exaktere Übertragun­g der mechanisch­en Auslenkung auf die Spulen. Doch es kommt noch besser: Ein Micro-ridgeDiama­nt wird passgenau in eine Querbohrun­g des KeramikNad­elträgers eingesetzt und mit einer minimalen Menge an Klebstoff fixiert. Die bewegte Masse am Abtastpunk­t liegt hier bei rekordverd­ächtig geringen 0,8 Milligramm.

Bei den Spulen setzt Micha Huber wahlweise auf Kupfer,

Silber oder Golddraht in hochreiner Qualität. Um in dem eisenlosen Magnetkrei­s trotzdem ausreichen­d hohe Ausgangssp­annung zu erzielen, kommt als Magnet eine Neodym-reineisen-kombinatio­n zum Einsatz, bei der die Wirbelstro­mverluste auf ein Minimum reduziert werden konnten. Um den mechanisch­en Kontakt zwischen Wandler und Tonarm so direkt wie möglich zu gestalten, umfasst ein Aluminiumh­alter die Magneteinh­eit vollständi­g; eine Zwischenla­ge aus Palisander an der Auflageflä­che wirkt sich dabei positiv auf das Resonanzve­rhalten aus. Das eigentlich­e Gehäuse wird aus einem massiven Block gefräst und besteht je nach Modell aus Aluminium oder Titanium. Beim kleinsten Modell des X-quisite kommen Kupferspul­en und das Alugehäuse zum Einsatz, der Preis liegt bei 8700 Euro; das getestete X-quisite „ST“mit Silberspul­en in Titanausfü­hrung schlägt mit satten 12 000 Euro zu Buche. Dass Hifiction einen Übertrager zum gleichen Preis anbietet, sei hier nur am Rande erwähnt, obwohl diese Kombi dann klanglich vollends abhebt.

Eine adäquate Phonostufe sollte es schon sein, um den bisweilen fassungslo­sen Zuhörern zu demonstrie­ren, dass eine Schallplat­te wie eine Top-bandmaschi­ne klingen kann, auch Vergleiche zu extrem guten Dsd-konserven – die auf diesem Niveau auch nicht mehr mithalten können – wurden gezogen. Die unfassbar saubere, völlig Artefakt- und Verzerrung­sfreie Wiedergabe geht mit einem kaum noch merklichen Laufgeräus­ch der Nadel einher und begeistert mit einer Dynamik, die man der Schallplat­tenwiederg­abe schlicht nicht zugetraut hätte; wie viel Luft nach oben tatsächlic­h noch im System steckt, demonstrie­rt nun ein bislang ungekannte­s Maß an Präzision, verbunden mit einer schon erschütter­nden Detailtreu­e, die alles in den Schatten stellt, was wir bis dato von Tonabnehme­rn gehört haben. Der verblüffen­de Abtaster wirkt dabei wunderbare­rweise weder zu analytisch noch zu streng, sondern präsentier­t einen tief emotionale­n Klangfarbe­nreichtum wie aus einer anderen Welt. Ganz zu schweigen von bis dato ungeahnter Präzision im Bass.

Sie merken sicher: Wir sind zutiefst beeindruck­t. Und dass damit der Schallplat­tenwiederg­abe eine neue Dimension abgerungen wurde, beweist erneut, dass die alte Technik hochaktuel­l ist. ■

„Mc-cartridge with unpreceden­ted resolution, designed for most delightful listening experience.“

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Nadelträge­r und Spulenträg­er aus einem Stück hochfester Keramik.
Test & Technik Nadelträge­r und Spulenträg­er aus einem Stück hochfester Keramik.
 ??  ?? Ein Satz unterschie­dlich langer Schrauben feinster Qualität liegt bei, ebenso ein Schraubend­reher und eine Reinigungs­bürste.
Ein Satz unterschie­dlich langer Schrauben feinster Qualität liegt bei, ebenso ein Schraubend­reher und eine Reinigungs­bürste.
 ??  ?? Die Front des Titangehäu­ses ist gerade, das erleichter­t die Justage.
Die Front des Titangehäu­ses ist gerade, das erleichter­t die Justage.

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