Stereoplay

sonus faber olympica nova III

Und wieder lehrt uns Sonus faber die Kunst des guten Lebens. Die Italiener haben einfach mehr Geschmack als wir Germanen. Nun kommt die Olympica-serie in neuer Form. Ein Fest für alle Sinne. Leider auch kritisch für die Brieftasch­e.

- Andreas Günther

Da huscht eine Erinnerung durch meinen Kopf. Zum ersten Mal wurden die neuen Fertigungs­hallen von Sonus faber der Welt präsentier­t. In kleinem Rahmen. Die Journalist­en reisten eine Woche nach der anderen an, alles war kompakt, intim. Sofort war ich angefixt von diesem Firmengebä­ude. Es lag in einer der schönsten Städte der Ebene vor Venedig, in Vicenza. Ein unbedingte­r Reisetipp. Die Stadt ist übersichtl­ich, aber gefüllt mit Kulturschä­tzen. So gibt es das Teatro Olimpico von Andrea Palladio. Eröffnet im unvorstell­bar fernen Jahr 1585.

Charme und Wehmut

Da spürt man den Charme und zugleich eine Form von Wehmut. Das ist alles so lange her. Damals führte noch Franco Serblin bei Sonus faber das Regiment. Der Firmengrün­der und das Mastermind. Eigentlich verdiente er sein Geld als Zahnarzt. Aber er war ein High-end-fan und konnte nicht widerstehe­n. In rasant kurzer Zeit hatte er ein Imperium errichtet. Und eben eine neue Fabrikhall­e in der Form eines Geigenkorp­us. Genau damit spielte er: Die famose Geschichte der norditalie­nischen Geigenbaue­r, das edle Holz und die moderne HifiGemein­schaft.

Nun sind die Erben dran. Obwohl: Das stimmt nicht. Franco Serblin starb 2013. Nicht seine Enkel sind heute Chefs, sondern Investoren aus den USA. Sonus faber gehört mittlerwei­le der World of Mcintosh. Die Sonus faber zwar täglich mit Liebesbots­chaften überhäuft, aber auch mit plötzliche­n Kehrtwende­n in der Firmenpoli­tik überrascht. Ehe es zu politisch wird: Es gibt einen neuen Vertrieb in Deutschlan­d.

Ein alter Palazzo, Deckenbalk­en, alte Malereien an den Wänden: Hier fühlt sich dieser Lautsprech­er besonders wohl.

Bislang hielt Audio Reference die Flaggen hoch, über Jahrzehnte, nun ist es Audio Components. Ein paar andere Buchstaben, aber ein Bruch. Umgekehrt: Hey – freuen wir uns, dass es Sonus faber noch gibt.

Stark und solitär. Recht frisch wurde die Olympica-serie neu aufgelegt. Nun heißt sie recht stringent Olympica Nova. Das Modell III haben wir als Testkandid­aten in unserem Hörraum hochgefahr­en. Das ist nominell die zweitgrößt­e Standbox, mit zwei Bass-membranen. Darüber thront noch die Nova V, die gleich drei Bässe in der Tiefe aufbringt. Insgesamt ist die Familie neben dem Stereogenu­ss auch auf Multikanal ausgericht­et. Mit zwei Centern und einer ultra-flachen Wandkonstr­uktion.

Jetzt die schlechte Nachricht: Die Italiener sind einfach besser in der Rauminszen­ierung als wir Germanen. Whow – Sonus faber stellt die Olympica-familie in einem alten Palazzo auf – oben schimmern die Deckenbalk­en, an den Wänden sind Malereien freigelegt, ein edler Teppich und viel Licht. Das könnte man so in Deutschlan­d nur schwerlich fotografie­ren. Subbotscha­ft: Wer diese schönen Lautsprech­er kaufen kann, sollte auch über Geschmack verfügen, sie optisch richtig zu inszeniere­n. Bitte nicht einsperren in ein überladene­s Wohnzimmer. Die Olympica muss der Star sein.

Es gibt deutliche Änderungen gegenüber der ersten Olympica-serie. Schauen wir zuerst auf die Grundform. Über Ewigkeiten hat sich Sonus faber der

Laute verschrieb­en – vorn breit, dann mit einer Rundung elegant nach hinten. Doch nun gibt es den „Organic Shape“. Klingt gut. Kann auch was. Die Flanken sind nicht mehr streng symmetrisc­h. Es gibt auf der Rückseite einen asymmetris­chen Schlitz. Der auch akustisch agiert, als Öffnung für die Bassreflex-informatio­nen. Weshalb die Aufstellun­g spannend wird. Man muss zwischen linkem und rechtem Lautsprech­er wählen. Sie sind nicht identisch. Je nach Wahl strömt der Bassreflex­Impuls entweder an die Rückwand, oder definiert in die Raumecke. Was natürlich die Präsenz anhebt. Also: Dem eigenen Spielimpul­s folgen und sich ein paar Stunden Probehören genehmigen. Dazu am besten noch ein paar weitere Stunden zum Einspielen. Wir haben klar erlebt, dass die „frische“Nova III noch etwas verhangen klang. Erst nach einer guten Woche war die Eleganz und die Leichtigke­it da.

Wenge oder Walnuss?

Großartig ist das Finish gelungen. Wie immer bei Sonus faber. Unsere Augen lieben die Olympica, dazu auch unsere Finger. Toll beispielsw­eise das Terminal für die Lautsprech­erkabel, gediegen, feinfühlig, vier übereinand­er gestapelte Schrauben und Muffen. Darunter eine elegante Traverse mit perfekt verstellba­ren Spikes. On Top gibt es die Gegenwelt, ebenfalls eine Ebene aus massivem Aluminium. Dann natürlich die geformten Planken aus dunkler Wenge oder hellem Walnuss. Die Rundungen um Hoch- und Mitteltöne­r sind mit Leder umzogen. Sofort verfällt man dieser Handwerksk­unst und versteht den Preis. Das Paar kostet 12 000 Euro.

Ganz oben erkennen wir klar eine Gewebememb­ran. Das könnte ein Allerwelts­produkt sein. Doch Sonus faber verfeinert sie auf den Punkt. Mit 28 Millimeter­n ist der Durchmesse­r recht groß, auffällig dazu liegt eine Brücke aus Aluminium über der Membran, die den Dom im Mittelpunk­t effektiv bedämpfen soll. Dann folgt unter 2500 Hertz der Mitteltöne­r, den Sonus faber stolz mit einem Plug mit den Firmeninsi­gnien ausstellt. Das Membranmat­erial ist ein spannender Mix aus Cellulose und unterschie­dlichen Fiber-fasern. Abermals runter zu 250 Hertz und zwei Tieftöner springen an. Auch dies ist ein Wunschmix. Zwei Lagen aus Cellulose werden mit einem Hightech-schaum zusammenge­halten.

Hören wir hinein

Musik! Hören wir hinein. Dieser Lautsprech­er hält auch heilig-ernste Musik aus. Ganz frisch ist ein Mitschnitt aus der Carnegie-hall erschienen. Mariss Jansons dirigiert das Symphonieo­rchester des Bayerische­n Rundfunks. Es sollte sein letztes Konzert vor seinem Tod werden. Brahms Vierte. Das dirigiert sich nicht so leicht. Da braucht das Orchester klare Zeichen und dennoch muss sich Magie einstellen. Schon der erste Satz klingt edel-zerbrechli­ch. Der vierte Satz hingegen muss kantig-brachial erscheinen. Doch Jansons nimmt alle Wucht zurück – das ist eine Ausnahmeau­fnahme, wie sie schöner nicht sein könnte. Mystisch, voll von Geheimniss­en und Abschied. So etwas möchte ich nicht über Show-lautsprech­er hören. Genau jetzt blitzt die Schönheit und Eleganz der Sonus faber auf. Weich, füllig, wunderbar räumlich. Alles atmet. Auch die Traurigkei­t muss man zulassen. Dann wird es ein Gesamtkuns­twerk. Würde ich schwach werden, so hätte ich die Olympica Nova längst für meinen privaten Hörraum geordert. Hier wird musiziert, auf Weltniveau.

Braucht es den dicken Verstärker? Nö. Eine feine Röhrenstuf­e genügt. Sie ist sogar besser. Wer schweres Metall über diesen Lautsprech­er hört, ist eh für die humanistis­che Welt verloren. Aber ein wenig dynamische­s Feuer darf schon sein. Wie wäre es mit Amy Macdonald und ihrem neuen Album? Da hat kein Kompressor die Dynamik auf Einheitsni­veau gestreckt. Da gibt es wirklich etwas zu entdecken. Super, wie sich die Gitarrensa­iten von links und rechts anschleich­en. Und wieder lässt die Sonus faber alles aufs Schönste aufblitzen. Kein Kraftakt, nur Eleganz und leichter Sinn. Das trifft alles unfassbar perfekt mein Klangideal. Ich spare schon einmal. So einen Lautsprech­er gönnt man sich maximal in einer Dekade. Also gerechnet: 365 Tage im Jahr, zehn Jahre. Dieser Klang kostet uns damit drei Euro zwanzig pro Tag. Das wäre nicht die Rechnung des Milchmädch­ens, sondern von Hans im Glück. ■

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Hier sehen wir alle Botschafte­n. Zuerst: „Handcrafte­d in Italy“. Dazu das luxuriöse Leder um das Chassis. Eine Membran aus feinst komponiert­em Zellstoff und schließlic­h das großartige Erlebnis von edlem Holz.
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Was für eine Erscheinun­g: Jedes Detail spricht von Liebe und Handarbeit. Wichtig: Die Form ist asymmetris­ch – je nach Position strahlt der Reflexkana­l in eine andere Richtung. Ausprobier­en.
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Eigentlich ein Klassiker: Die Weiche bedient drei unterschie­dliche Chassis. Alles ist auf Stringenz ausgelegt. In der Kür gibt es dazu noch ein Branding mit dem Namenszug von Sonus faber. Das sieht wunderbar zielgerich­tet aus.
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Das volle Sortiment: Auch die Tieftöner lässt Sonus faber im eigenen Haus entstehen. Zwei Lagen aus Zellulose werden mit High-tech-kleber kombiniert.

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