Beyerdynamic t1
Die Teslas von Beyerdynamic gehen in die 3. Generation. Nun eignen sich beide High-end-hörer T1 und T5 aus Heilbronn als Partner von Mobilgeräten.
Wie sich die Zeiten ändern. Als vor einer gefühlten Ewigkeit die erste Generation der High-end-hörer von Beyerdynamic auf den Markt kam, dachte beim Begriff Tesla – außer vielleicht glühende Verehrer von Elon Musk – kaum jemand an ein Elektro-auto. Die Heilbronner Kopfhörerspezialisten verwenden den Namen des genialen Physikers auch im Sinne, der nach ihm benannten Maßeinheit für die magnetische Flußdichte. Beim T1 lag sie über 1 Tesla, was für einen Kopfhörer schon ein strammer Wert ist. Entsprechende Kräfte wüten auch in den Ohrmuscheln des T5, der jetzt ebenfalls in der 3. Generation angekommen ist.
Für stereoplay mussten die beiden schwäbischen Kraftmeier gemeinsam zum Test antreten. Beide kosten jeweils einen Tausender, doch für wohlgefärbte Head-fi-fans trennen die beiden Welten: Der T1 hat ein offenes Gehäuse, beim T5 handelt es sich um einen geschlossenen Hörer. Somit kann mit den beiden jeder nach seiner Façon glücklich werden. Und da haben die meisten Kopfhörerkäufer heute eine unverkennbare Affinität zur Mobilnutzung. Dieser Trend vertrug sich mit dem Konzept der früheren Tesla-generationen wie Langstreckennutzung mit einem Elektroantrieb. Zwar herrschte im Magnetspalt der Tesla-antriebe eine hohe Flussdichte. Die wurde aber weitgehend auf
gezehrt von der hochohmigen Schwingspule. Das hatte folgende Bewandtnis: Um die bewegten Massen möglichst gering zu halten, hatten die Heilbronner extrem leichte Spulen mit entsprechend filigranen Drähten genommen. Das führte zu hohen Impedanzen von 600 Ohm, an denen die schwachbrüstigen Ausgangsstufen von Mobilplayern und insbesondere Smartphones reihenweise kapitulierten. Ihre Leistung reichte mit dem alten T1 nur für geringe Lautstärken und einer Impulsivität, die einen nicht gerade mitriss. Man brauchte schon einen gescheiten Kopfhörerverstärker, um ihnen Dynamik, Pegel und Spielfreude zu entlocken oder sich bei seiner Wahl auf den geschlossenen T5 zu beschränken, der auch in der letzten Generation schon mit 43 Ohm im Labor gemessen wurde.
Damit ist jetzt Schluss. Beyerdynamic deklariert in der neuen Generation auch den T1 als 32-Ohm-hörer, was durch die im Labor ermittelten 37 Ohm bei beiden Hörern unterstrichen wird. Derartige Lasten befähigen auch Smartphones zu ordentlichem Pegel wie man es von typischen Mobilhörern gewohnt ist. Um das von der Hifianlage bekannte Hörempfinden auf den T1 und T5 zu übertragen, stellten die Entwickler die dezentral angeordneten Treiber schräg. Der Sinn der schrägen Musik: Der Schall kommt schräg von vorn, also aus der gleichen Richtung wie bei zwei Lautsprechern im Stereo-dreieck. Dabei wird die AußenohrÜbertragungsfunktion einbezogen, die dem Frequenzgang einen richtungsabhängigen Stempel aufdrückt. Neben Pegel- und Phasen-differenzen ist diese richtungsabhängige Frequenzgangsbeeinflussung durch das Außenohr eine Information, die der Gehörsinn benötigt, um Schallquellen zu orten. Beim Kopfhörer soll das die Außerkopf-lokalisation verbessern und damit deren größtes Manko lindern. Man könnte diesen Effekt theoretisch auch durch eine Dsp-entzerrung vornehmen, doch die Methode mit den nach vorne angeschrägten dynamischen Treibern ist die natürlichere, auf das jeweilige Gehör bezogene Methode – kurzum, perfekt für Puristen.
Schließlich hat Beyerdynamic dem T1 und T5 mit dem Hires-audio-siegel ihre Natürlichkeit sozusagen ins Stammbuch schreiben lassen.
Das neue Design steht beiden Hörern sehr gut, die Verarbeitung ist nach wie vor ausgezeichnet. Allerdings machen die neuen, niederohmigen TeslaTreiber die beiden Brüder nur bedingt mobil. Mit einem Gewicht von 376 Gramm für den geschlossenen T1 respektive 354 Gramm für den offenen T5 handelt es sich um ausgesprochene Schwergewichte. Weil die aus Velours (T1) und Leder (T5) gefertigten ohrumschließenden Polster fest am Kopf anliegen, verstärkt sich der Eindruck, einen Fremdkörper mit sich herumzutragen. Auch die beidseitig geführten, steckbaren Kabel mit hochreinen Occ7nkupferleitern und hochwertiger Textilummantelung bleiben im Sinne der Bewegungsfreiheit hinter den bei Mobilhörern üblichen, dünnen, einseitig zugeführten Anschlusskabeln zurück. Und selbst diese Lightlösung ist mittlerweile immer mehr Mobilnutzern schon zu viel: Bluetooth befindet sich folglich bei Kopfhörern auf dem Vormarsch.
Solche neumodischen Trends fichten einen allerdings kaum an, wenn man sich für den Beyerdynamic T1 oder T5 entscheidet. Für seine typische, ebenso audiophile wie wohlhabende Zielgruppe – 1000 Euro
Nicht nur Tesla-autos machen mobil. Auch die neuen Tesla-hörer sind jetzt beide für die Straße geeignet.
hat der typische User von der Straße eher nicht für so ein feudales Gadget übrig – dürfte Mobilität eher ein willkommener Beifang sein. Für die meisten mutiert die 3. Generation damit zu einer Art ultrakompakter Stereo-anlage, die man mit auf Reisen oder zumindest auf die Terrasse nehmen kann.
Wie dem auch sei, die beiden schweren Geräte harmonierten rein akustisch ganz exzellent mit iphone und Co., können aber an einem Kopfhörer-amp noch eine Schippe drauflegen. Unabhängig davon ertönten beide Modelle ausgesprochen ausgewogen und sonor. Beiden gemeinsam sind nuancierte, klare Stimmen und gefühlvoll dosierte, feinzeichnende Höhen. Die 3G-teslas wirkten unabhängig von dem offenen oder geschlossenen Gehäuse neutral, körperhaft und wuchtig. Was sowohl T1 als auch T5 an Nachdruck und Tiefgang im Bassbereich offenbarten, gehört zum Sattesten und Eindrucksvollsten, das man derzeit im Kopfhörerbereich geboten bekommt. Was die beiden ungleichen Zwillinge zudem an Pegelreserven boten, macht dem hohen Aufwand bei den Treibern alle Ehre. Das gilt gleichermaßen für die bemerkenswerten Dynamiksprünge. Die Musik lebt und bebt mit den T-hörern.
Das waren die Gemeinsamkeiten. Kommen wir zu den kleinen, feinen Unterschieden. So klang der geschlossene T5 nicht ganz so weiträumig, obgleich er für einen Vertreter seiner Art eine großzügige Räumlichkeit und Transparenz aufwies. Im direkten Vergleich mit dem offenen T1 wirkte er allerdings vordergründiger, flacher und drängte einem die Höhen eine Spur schärfer, weniger luftig auf. Je nach Hörgeschmack könnte das manchem Rock oder Pop-fan durchaus recht sein, weil Becken effekthaschender aufblitzen. Die andere Charakteristik beeinflusst auch die Rezeption von Stimmen, die etwa mit dem T5 etwas heller, aber auch bei einigen Aufnahmen je nach Tonlage etwas rauer wirkten. Das erleichtert die Entscheidung: Wenn nicht maximale Schallisolation, Dynamik oder gnadenloser Basspunch, sondern Langzeithörspaß und Offenheit zählen, ist der extrem räumliche, transparente Feingeist T1 die bessere Wahl.