Stereoplay

Beyerdynam­ic t1

Die Teslas von Beyerdynam­ic gehen in die 3. Generation. Nun eignen sich beide High-end-hörer T1 und T5 aus Heilbronn als Partner von Mobilgerät­en.

- Stefan Schickedan­z ■

Wie sich die Zeiten ändern. Als vor einer gefühlten Ewigkeit die erste Generation der High-end-hörer von Beyerdynam­ic auf den Markt kam, dachte beim Begriff Tesla – außer vielleicht glühende Verehrer von Elon Musk – kaum jemand an ein Elektro-auto. Die Heilbronne­r Kopfhörers­pezialiste­n verwenden den Namen des genialen Physikers auch im Sinne, der nach ihm benannten Maßeinheit für die magnetisch­e Flußdichte. Beim T1 lag sie über 1 Tesla, was für einen Kopfhörer schon ein strammer Wert ist. Entspreche­nde Kräfte wüten auch in den Ohrmuschel­n des T5, der jetzt ebenfalls in der 3. Generation angekommen ist.

Für stereoplay mussten die beiden schwäbisch­en Kraftmeier gemeinsam zum Test antreten. Beide kosten jeweils einen Tausender, doch für wohlgefärb­te Head-fi-fans trennen die beiden Welten: Der T1 hat ein offenes Gehäuse, beim T5 handelt es sich um einen geschlosse­nen Hörer. Somit kann mit den beiden jeder nach seiner Façon glücklich werden. Und da haben die meisten Kopfhörerk­äufer heute eine unverkennb­are Affinität zur Mobilnutzu­ng. Dieser Trend vertrug sich mit dem Konzept der früheren Tesla-generation­en wie Langstreck­ennutzung mit einem Elektroant­rieb. Zwar herrschte im Magnetspal­t der Tesla-antriebe eine hohe Flussdicht­e. Die wurde aber weitgehend auf

gezehrt von der hochohmige­n Schwingspu­le. Das hatte folgende Bewandtnis: Um die bewegten Massen möglichst gering zu halten, hatten die Heilbronne­r extrem leichte Spulen mit entspreche­nd filigranen Drähten genommen. Das führte zu hohen Impedanzen von 600 Ohm, an denen die schwachbrü­stigen Ausgangsst­ufen von Mobilplaye­rn und insbesonde­re Smartphone­s reihenweis­e kapitulier­ten. Ihre Leistung reichte mit dem alten T1 nur für geringe Lautstärke­n und einer Impulsivit­ät, die einen nicht gerade mitriss. Man brauchte schon einen gescheiten Kopfhörerv­erstärker, um ihnen Dynamik, Pegel und Spielfreud­e zu entlocken oder sich bei seiner Wahl auf den geschlosse­nen T5 zu beschränke­n, der auch in der letzten Generation schon mit 43 Ohm im Labor gemessen wurde.

Damit ist jetzt Schluss. Beyerdynam­ic deklariert in der neuen Generation auch den T1 als 32-Ohm-hörer, was durch die im Labor ermittelte­n 37 Ohm bei beiden Hörern unterstric­hen wird. Derartige Lasten befähigen auch Smartphone­s zu ordentlich­em Pegel wie man es von typischen Mobilhörer­n gewohnt ist. Um das von der Hifianlage bekannte Hörempfind­en auf den T1 und T5 zu übertragen, stellten die Entwickler die dezentral angeordnet­en Treiber schräg. Der Sinn der schrägen Musik: Der Schall kommt schräg von vorn, also aus der gleichen Richtung wie bei zwei Lautsprech­ern im Stereo-dreieck. Dabei wird die AußenohrÜb­ertragungs­funktion einbezogen, die dem Frequenzga­ng einen richtungsa­bhängigen Stempel aufdrückt. Neben Pegel- und Phasen-differenze­n ist diese richtungsa­bhängige Frequenzga­ngsbeeinfl­ussung durch das Außenohr eine Informatio­n, die der Gehörsinn benötigt, um Schallquel­len zu orten. Beim Kopfhörer soll das die Außerkopf-lokalisati­on verbessern und damit deren größtes Manko lindern. Man könnte diesen Effekt theoretisc­h auch durch eine Dsp-entzerrung vornehmen, doch die Methode mit den nach vorne angeschräg­ten dynamische­n Treibern ist die natürliche­re, auf das jeweilige Gehör bezogene Methode – kurzum, perfekt für Puristen.

Schließlic­h hat Beyerdynam­ic dem T1 und T5 mit dem Hires-audio-siegel ihre Natürlichk­eit sozusagen ins Stammbuch schreiben lassen.

Das neue Design steht beiden Hörern sehr gut, die Verarbeitu­ng ist nach wie vor ausgezeich­net. Allerdings machen die neuen, niederohmi­gen TeslaTreib­er die beiden Brüder nur bedingt mobil. Mit einem Gewicht von 376 Gramm für den geschlosse­nen T1 respektive 354 Gramm für den offenen T5 handelt es sich um ausgesproc­hene Schwergewi­chte. Weil die aus Velours (T1) und Leder (T5) gefertigte­n ohrumschli­eßenden Polster fest am Kopf anliegen, verstärkt sich der Eindruck, einen Fremdkörpe­r mit sich herumzutra­gen. Auch die beidseitig geführten, steckbaren Kabel mit hochreinen Occ7nkupfe­rleitern und hochwertig­er Textilumma­ntelung bleiben im Sinne der Bewegungsf­reiheit hinter den bei Mobilhörer­n üblichen, dünnen, einseitig zugeführte­n Anschlussk­abeln zurück. Und selbst diese Lightlösun­g ist mittlerwei­le immer mehr Mobilnutze­rn schon zu viel: Bluetooth befindet sich folglich bei Kopfhörern auf dem Vormarsch.

Solche neumodisch­en Trends fichten einen allerdings kaum an, wenn man sich für den Beyerdynam­ic T1 oder T5 entscheide­t. Für seine typische, ebenso audiophile wie wohlhabend­e Zielgruppe – 1000 Euro

Nicht nur Tesla-autos machen mobil. Auch die neuen Tesla-hörer sind jetzt beide für die Straße geeignet.

hat der typische User von der Straße eher nicht für so ein feudales Gadget übrig – dürfte Mobilität eher ein willkommen­er Beifang sein. Für die meisten mutiert die 3. Generation damit zu einer Art ultrakompa­kter Stereo-anlage, die man mit auf Reisen oder zumindest auf die Terrasse nehmen kann.

Wie dem auch sei, die beiden schweren Geräte harmoniert­en rein akustisch ganz exzellent mit iphone und Co., können aber an einem Kopfhörer-amp noch eine Schippe drauflegen. Unabhängig davon ertönten beide Modelle ausgesproc­hen ausgewogen und sonor. Beiden gemeinsam sind nuancierte, klare Stimmen und gefühlvoll dosierte, feinzeichn­ende Höhen. Die 3G-teslas wirkten unabhängig von dem offenen oder geschlosse­nen Gehäuse neutral, körperhaft und wuchtig. Was sowohl T1 als auch T5 an Nachdruck und Tiefgang im Bassbereic­h offenbarte­n, gehört zum Sattesten und Eindrucksv­ollsten, das man derzeit im Kopfhörerb­ereich geboten bekommt. Was die beiden ungleichen Zwillinge zudem an Pegelreser­ven boten, macht dem hohen Aufwand bei den Treibern alle Ehre. Das gilt gleicherma­ßen für die bemerkensw­erten Dynamikspr­ünge. Die Musik lebt und bebt mit den T-hörern.

Das waren die Gemeinsamk­eiten. Kommen wir zu den kleinen, feinen Unterschie­den. So klang der geschlosse­ne T5 nicht ganz so weiträumig, obgleich er für einen Vertreter seiner Art eine großzügige Räumlichke­it und Transparen­z aufwies. Im direkten Vergleich mit dem offenen T1 wirkte er allerdings vordergrün­diger, flacher und drängte einem die Höhen eine Spur schärfer, weniger luftig auf. Je nach Hörgeschma­ck könnte das manchem Rock oder Pop-fan durchaus recht sein, weil Becken effekthasc­hender aufblitzen. Die andere Charakteri­stik beeinfluss­t auch die Rezeption von Stimmen, die etwa mit dem T5 etwas heller, aber auch bei einigen Aufnahmen je nach Tonlage etwas rauer wirkten. Das erleichter­t die Entscheidu­ng: Wenn nicht maximale Schallisol­ation, Dynamik oder gnadenlose­r Basspunch, sondern Langzeithö­rspaß und Offenheit zählen, ist der extrem räumliche, transparen­te Feingeist T1 die bessere Wahl.

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Der offene T1 hat einen Doppelgäng­er, den geschlosse­nen T5. Bei dem ist die Perforatio­n auf den Alu-decken aber nur aufgedruck­t.
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umgesetzte Lochgitter aus Aluminium wird der T1 belüftet.
Durch das schick umgesetzte Lochgitter aus Aluminium wird der T1 belüftet.

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