Stereoplay

Schmuckstü­ck aus dem Young-archiv

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Die „Ragged Glory”-tour, die Neil Young und Crazy Horse 1990 bestritten, war eine der großartigs­ten Konzertrei­sen, die der alte Hippie seinen Fans in seiner langen Laufbahn je beschert hat. Durch Bands wie Sonic Youth, Mudhoney oder Dinosaur Jr. war lauter, harter Gitarrenro­ck mit vielen Feedbacks gerade wieder im Aufwind. Young hatte diese Thermodyna­mik genutzt, um mit „Ragged Glory“ein feedbackpr­alles Meisterwer­k abzuliefer­n, dessen Kracher auf der folgenden Tour mit Klassikern wie „Like A Hurricane“, „Cortez The Killer“oder „Roll Another Number“zu kombiniere­n.

Aber es spielte gar keine Rolle, aus welcher Phase von Neilyoungs wechselvol­ler Karriere der jeweilige Track gerade kam. Alles war dermaßen aus einem Guss, dass man sich vom Sog des Geschehens einfach davontrage­n lassen konnte wie von einer Dampflokom­otive. Nie zuvor waren Neilyoung und Crazy Horse derart symbiotisc­h zu einer Band verschmolz­en wie zu diesem Zeitpunkt, und nie wieder danach sollte sich dieser Zusammenha­lt so beeindruck­end manifestie­ren. Das äußert sich schon allein in der Tatsache, dass auf die sonst obligatori­schen Akustik-einlagen komplett verzichtet wurde. Im Gegensatz zu späteren Auftritten, bei denen Young bestimmte Gitarrenmo­tive bis zur Unerträgli­chkeit wiederhole­n sollte, ist hier jeder einzelne Ton hoch motiviert,youngs Stimme hat keine Aussetzer, die Soli sind präzise und griffig.

Und selbst die ungeschlif­fene Soundquali­tät gibt das Erlebnis einesyoung-konzerts adäquat wieder, zumal der Zeitgeist damals sowieso auf Krawall eingestell­t war.wer hätte schon in einem Nirvana-konzert erkannt, welcher Song gerade gespielt wurde. Egal, von welcher Seite man es beleuchtet, „Way Down In The Rust Bucket“ist ein höchst erfreulich­er Leuchtturm in der Masse der Neil-young-archivaufn­ahmen, ein Füllhorn für Assoziatio­nen, wie auch für die Gegenwart.

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