Die zwei Seiten von The Band
Endlich mal eine Jubiläumsedition mit echtem Mehrwert. „Stage Fright“war das dritte Album von Bob Dylans vorübergehender Backing-formationthe Band und ganz sicher nicht der größte Wurf der Gruppe. Sicher ist es schön, sich solcher Songs wie „Strawberry Wine“oder „The Shape I’m In“zu erinnern und auf diesem Weg den Spirit von 1970 zu rekapitulieren, aber The Band selbst waren schon auf dem Absprung, der eigenen Legende hinterherzulaufen. Zumindest, was ihre Studioproduktionen betrifft.
Das Songwriting ist durchschnittlich, die Arrangements eher einer Dorfcombo würdig, und von Produktion kann man nicht wirklich reden. Kein Wunder, die Produktion hatte The Band selbst in die Hand genommen, was sich als wenig gute Entscheidung herausstellte. Auch dass jeder Musiker sich bemüßigt fühlte, auf dem Album mindestens zwei Instrumente zu spielen, geht auf Kosten der Qualität und der Klangdichte. Aber live war die Gruppe immer noch eine Sensation. Neben verschiedenen Mixen des Originalalbums, Outtakes und einer sehr stimmungsvollen Probe aus einem Hotelzimmer, die viel origineller ist als das Album selbst, enthält das aufwendig ausgestattete Vinyl-box-set noch ein 80-minütiges Konzert aus der Londoner Royal Albert Hall vom selben Jahr.
Und das hat es in sich. Plötzlich entfaltet The Band wieder ihre bekannte Spielfreude, die Satzgesänge funktionieren wieder, die Orgel bohrt sich in den Himmel und die Gitarren versetzen Nadelstiche. Die lahmen Studioenten fangen an zu fliegen und über ihren Standard hinaus zu wachsen. Neben den Songs von „Stage Fright“gibt es auch noch Klassiker der Kanadier wie „The Night They Drove Old Dixie Down“, „The Weight“oder Bob Dylans „I Shall Be Released“. In diesem Konzert, das unverständlicher Weise in zwei Soundformaten gereicht wird, zeigt sich The Band in absoluter Höchstform.