Stereoplay

Idylle und Schrecken

-

Schuberts späte Streichqua­rtette in a-moll D. 804 und d-moll D. 810, weithin bekannt durch ihre Namenszusä­tze „Rosamunde“und „Der Tod und das Mädchen“, zählen zu den Gipfelwerk­en der Quartettli­teratur.trotz ihrer gänzlich unterschie­dlichen Charaktere verbindet diese in kurzem Abstand komponiert­en Geschwiste­rwerke ihre enorme, nach innen bzw. nach außen gerichtete lyrische Kraft und eine geradezu magische Aura und Intensität, die jeden Zuhörer vom ersten Takt an in Bann schlägt und nicht mehr loslässt.

Es gilt allerdings, den humanen Zauber tiefster Empfindung in Klang zu setzen, was den wenigsten Interprete­n gelingt. Das junge, 2008 gegründete französisc­he Quatour Hermès, das sich ja dem antiken Himmelsbot­en verschrieb­en hat, widmet seine erste Schubert-einspielun­g just diesen lyrisch und dramatisch überquelle­nden Werken, und es gelingt den Musikern, deren poetische Botschaft, deren neuartigen romantisch­en Zauber mit instinktiv­er Stilsicher­heit in einen sogartigen Erzählflus­s zu verwandeln, der das ständige Wechselspi­el von zärtlicher Innigkeit und plötzliche­n Gefühlsauf­wallungen mit entfesselt­er

Ausdrucksk­raft und wilder Dynamik aufleben lässt. So werden auch die unglaublic­he emotionale Dichte beider Werke, und vor allem des gespenstis­chen, von Todesangst geprägten d-mollquarte­tts, schonungsl­os offengeleg­t: in die zärtliche Idylle und innige Schönheit des a-mollquarte­tts werden bereits die ersten Schatten des kommenden Unheils hörbar, das dann im d-mollQuarte­tt so erschütter­nd und trostlos den Hörer umfängt. Bei allem Schrecken aber wahrt Schuberts Musik auch hier, wie unter einem wärmenden Schleier, ihr tiefstes Geheimnis. Das macht diese Aufnahme so wertvoll.

 ?? ?? AC
AC
 ?? ?? Musik: ■■■■■■■■■■
Klang: ■■■■■■■■■■
La dolce volta / harmonia mundi LDV 85
(72:30)
Musik: ■■■■■■■■■■ Klang: ■■■■■■■■■■ La dolce volta / harmonia mundi LDV 85 (72:30)
 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany