Lautsprecher Die Suche nach dem idealen Schallwandler
Gehäuse beeinflussen den Lautsprecherklang. stereoplay beleuchtet Vor- und Nachteile von Materialien und zeigt, welche Methoden das Resonanzverhalten moderner Schallwandler optimieren.
Sanft streicht der Bogen über die Saite, mit jedem Auf und Ab steigt die Lautstärke. Der Finger wandert auf dem Griffbrett nach unten, der Ton wird höher und überträgt sich vom Steg auf die Decke des Instruments und von dort in den Resonanzraum.
Von einer Gitarre kann man eine Menge über den Einfluss von Material und Konstruktion auf die Schallerzeugung lernen. Die erste Lehre führt einen in der HifiBranche oft gehörten Begriff ad absurdum – den der Materialresonanz. Denn egal, ob eine Saite aus Stahl, Nylon oder einem Materialmix besteht, auf dem Instrument deckt ihre Grundschwingung immer einen weiten Bereich ab, der vom Material, der Konstruktion, der bei der Stimmung erzeugten Spannung und der über den Abgriff mit dem Finger eingestellten Länge abhängt.
Auch wenn eine Saite zunächst wenig Gemeinsamkeiten mit einem Lautsprechergehäuse hat, lassen sich sofort zwei Effekte ableiten, die für beide gelten: Je dicker das Material, umso tiefer schwingt es und je kürzer der schwingende Teil ist, umso höher schwingt er unter sonst gleichbleibenden Bedingungen.
Doch es gibt auch Unterschiede. So ist bei Saiten die Ausdehnung in Längsrichtung wesentlich größer als in den anderen Dimensionen. Dadurch ist sie biegeweich. Erst äußere Zugkräfte machen sie zu einem schwingfähigen Gebilde. Gehäusewände dehnen sich in zwei Dimensionen nennenswert aus. Sie sind biegehart und resonieren ohne Vorspannung. Die große Ausdehnung des Plattenmaterials führt auch dazu, dass sich Resonanzen in mehreren Richtungen ausprägen, auch schräg zu den Kanten.
Akustische Barrieren
Dass Resonanzen von Gehäusen störend sind, weil sie bestimmte Frequenzen verstärken, leuchtet ein. Doch wie geht der Entwickler damit um, wie kann er eingreifen? Sinn eines normalen geschlossenen Gehäuses ist es, den von dem Chassis hineingestrahlten Schall innen zu halten. Es soll den Schall isolieren, was als Schalldämmung bezeichnet wird. Bei tiefen Frequenzen unterhalb des Resonanzbereichs gelingt das über die Steifigkeit der Wände. Die setzen sich einem Schalldurchtritt standhaft entgegen, je tiefer die Frequenzen sind, umso standhafter.
Das bietet für Konstrukteure von hochwertigen Drei- und Mehrwege-lautsprechern eine interessante Option. Im Bassbereich lässt sich das Gehäuse durch innen angebrachte Rippen oder Leisten verstei
fen. Das treibt die Resonanzen der einzelnen Gehäuseteile nach oben, man denke an die Saite im Beispiel weiter oben, die auf halber Länge abgegriffen mit doppelter Frequenz schwingt. Bei eng platzierten Rippen liegen die Resonanzen oberhalb des Arbeitsbereiches des Tieftöners, sodass sie nicht mehr angeregt werden. Die Matrix-gehäuse von B&W und die Metall-innenverstrebungen von Magico sind nur zwei Beispiele der vorteilhaften Nutzung dieser Technik.
Schwieriger wird es bei Gehäusen, die nur oder zusätzlich den Mitteltonbereich abdecken müssen. Denn bei den Resonanzen des Gehäuses werden die Wände dann recht durchlässig und im Mitteltonbereich reagiert das Gehör besonders empfindlich. Gerade in diesem Bereich kann durch Resonanzdämpfung viel gewonnen werden. Doch das ist bei Materialschwingungen ungleich schwieriger als bei den Luftschwingungen. Letztere treiben als stehende Wellen innerhalb eines Gehäuses oder im Wohnraum ihr Unwesen und sind etwa mit porösen Absorbermaterialien gut in den Griff zu bekommen.
Geht man in der Frequenz weiter hoch und gelangt über den von Resonanzen kontrollierten Bereich, so übernimmt die Masse der Wände die vollständige Kontrolle über die Schallisolation. Denn je höher die Frequenzen sind, umso stärker setzt sich die Masseträgheit der Wände den anregenden Schwingungen entgegen.